Am 15. Mai wurde Robert Fico in Handlová (deutsch: Krickerhau, ungarisch: Nyitrabánya) schwer verletzt, als der 71-jährige Juraj Cintula mehrfach auf ihn schoss. Während Fico sich noch immer im Krankenhaus erholt und sein Zustand als stabil, aber ernst beschrieben wird, – der Premierminister ist ansprechbar – haben neue Erkenntnisse das Geschehen in ein anderes Licht gerückt (wir haben hier und hier darüber berichtet).
Ursprünglich wurde angenommen, dass Cintula allein handelte, aber neue Informationen werfen Zweifel daran auf. Zwei Stunden nach dem Attentat wurden alle Facebook- und Kommunikationsverläufe von Cintulas Computer gelöscht, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits in Haft war.
Meta, die Muttergesellschaft von Facebook gab anschließend bekannt, sie habe den Account des Täters selbst deaktiviert. Das erklärt allerdings nicht, wie alle anderen Kommunikationsverläufe gelöscht wurden. Weder seine Frau noch er selbst hatten Zugang zu den IT-Geräten, was auf mögliche Mittäter hinweist. Innenminister Matúš Šutaj-Eštok betonte, dass dies auf eine mögliche organisierte Gruppe hindeute, die hinter dem Attentat stehen könne.
Cintula, der bereits bei vorherigen Protesten gegen die Regierung Fico teilgenommen hatte, gab an, aus politischem Frust gehandelt zu haben. Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates, spekulierte auf X über mögliche westliche Einflüsse hinter dem Attentat und mögliche Aktivitäten der US-Geheimdienste, die eventuell die Arbeit der slowakischen Polizei behindern würden. Es gibt auch Spekulationen über eine Verbindung der Frau des Attentäters zum ukrainischen Geheimdienst.
Die Handhabung des Falls durch die slowakischen Behörden steht unter starker Kritik. Die Wohnung von Cintula wurde erst zwei Tage nach dem Attentat durchsucht, denn die Polizei erhielt den Durchsuchungsbefehl erst zwei Tage später. Nach den Gründen gefragt, verwies der Innenminister die Medien auf den zuständigen Untersuchungsrichter.
Damit ist nicht ausgeschlossen, dass in den fraglichen zwei Tagen Dinge aus der Wohnung des Täters entfernt wurden. Zudem wurde ein Video von Cintulas politischen Ansichten, das von einem Mitglied des Amtes zum Schutz öffentlicher Personen und diplomatischer Missionen aufgenommen wurde, illegal veröffentlicht und verbreitet. Auch ein Bild der Identitätskarte des Täters sickerte an die Öffentlichkeit.
Das Verhalten der Sicherheitskräfte vor Ort wirft ebenfalls Fragen auf. Es war kein Krankenwagen vor Ort, und da es auch kein Krankenhaus in der Nähe gab, musste Fico mit einem Hubschrauber in eine andere Stadt gebracht werden.
Fico wurde auf eine Art und Weise in sein Dienstfahrzeug gezerrt, die den Zustand des Opfers bei einer so schweren Verletzung verschlechtern kann. Am Tatort waren keine Fluchtwege ausgewiesen.
Die Sicherheitskräfte ließen Fico den Vortritt, als der Premierminister sich der Absperrung näherte, was ebenfalls gegen die gängigen Regeln verstößt. Die Sicherheitskräfte hätten zuerst dort sein müssen. Auf der anderen Seite der Absperrung, in der Menge, gab es laut slowakischen Nachrichtenberichten keine Sicherheitsleute, die die Menschen von hinten beobachteten oder sich in die Menge mischten.
Experten zufolge dauerte es mindestens drei oder vier Sekunden, bis die fünf Schüsse abgegeben wurden. Während dieser Zeit griff niemand ein. Erst nach dem Attentat wurde Cintula von der Polizei und den Sicherheitsleuten zu Boden gezogen und festgehalten.
Zeitgleich zu den Ereignissen hat die slowakische Regierung ein bereits länger geplantes, aber umstrittenes Gesetz zur Umstrukturierung des öffentlichen Rundfunks RTVS ins Parlament gebracht. Das Gesetz, das die Leitung von RTVS neu besetzen und den Aufsichtsrat neu zusammensetzen soll, stößt auf scharfe Kritik der Opposition und europäischer Institutionen, die eine Einschränkung der Medienfreiheit befürchten.
Präsidentin Zuzana Čaputová und ihr designierter Nachfolger Peter Pellegrini appellierten an die Parteien, zur Beruhigung der Lage beizutragen. Dennoch setzen einige Regierungsparteien ihre Angriffe auf Medien, Opposition und NGOs fort. Dies spiegelt sich auch in der gesellschaftlichen Spaltung wider, wie eine Umfrage der SCIO-Agentur zeigt: Sowohl Koalitions- als auch Oppositionsanhänger geben sich gegenseitig und den Medien die Schuld an der Polarisierung.
Kommentar von Transition News
Das Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico machte kurz Schlagzeilen. Seit dem zweiten oder dritten Tag: Verkniffenes Schweigen in den Leitmedien. Dabei gäbe es durchaus Berichtenswertes. Dinge, die Anlass zur Beunruhigung sind. Man muss sich diese neuen Entwicklungen in slowakischen, ungarischen und asiatischen Medien zusammensuchen.
Was am Verhalten der Leitmedien auffällt, ist nicht nur die Tatsache, dass sie nun schweigen, sondern, dass sie in der kurzen Zeit, in der sie berichtet haben, Fico bewusst als russophil bezeichneten. Dieser an sich neutrale Begriff ist zum Schimpfwort für alle geworden, die nicht gleich alles begrüßen, was von den USA und der NATO kommt.
Die Frage, die sich die slowakische Polizei zweifellos stellt, ist die Frage, die sich bei jedem Kriminalfall stellt: cui bono? In wessen Interesse lag der Mordversuch an Fico?
Zweifellos war der slowakische Premier ein «unangenehmer» Politiker, sowohl für Brüssel als auch für Washington. Vor allem weil er die Militärhilfe seines Landes für die Ukraine stoppte und sich gegen die Fortsetzung des Krieges aussprach. Stattdessen forderte er einen Waffenstillstand und Friedensgespräche.
Seine Position ist also pragmatisch, weder besonders russophil, noch russophob. Er trägt zum Beispiel die Sanktionen mit. Allerdings ist er als Gegner der Corona-Politik und der mRNA-«Impfungen» bekannt geworden. Er nahm während der Corona-Zeit an Demonstrationen gegen die liberale Vorgängerregierung teil und wurde dabei auch inhaftiert.
Es ist also erklärbar, dass man ihm in Brüssel, Washington und in den westeuropäischen Leitmedien neben dem ungarischen Ministerpräsidenten die Rolle des «bösen Buben» zuwies und ihm nicht den roten Teppich ausrollte. Und nun wird ein Attentat auf ihn verübt, was nicht ins Bild passt, das die Medien verbreiten. Und die am Anfang vorherrschende und politische bequeme Einzeltäterthese hat sich auch zerschlagen.
Sicher gibt es Aspekte seiner Politik, die diskutabel sind. Für die Aufhebung der Spezialstaatsanwaltschaft und der Senkung von Strafmaßen für Korruptionsdelikte wird er zum Beispiel zu Recht kritisiert. Diese Behörde war nach den Erfahrungen der bleiernen Mečiar-Jahre eine Errungenschaft.
Und auch das Fico-Lager hat in politischen Auseinandersetzungen fleißig ausgeteilt und an der Polarisierung des Landes und an der Spaltung der Gesellschaft in der Slowakei mitgewirkt.
Das bedeutet natürlich nicht automatisch, dass die Hand Washingtons, die CIA, oder der ukrainische Geheimdienst hinter der Ermordung stecken. Aber es gibt zahlreiche Anzeichen dafür, dass eine Verschwörung nicht ausgeschlossen werden kann.