Pakistan kämpft damit, den öffentlichen Zorn über die enorm steigenden Stromrechnungen einzudämmen, wie das Wirtschaftsportal Nikkei Asia berichtet. Gleichzeitig schränkten die Verpflichtungen des Landes gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die Möglichkeiten der Regierung stark ein.
Am Wochenende gab es einen landesweiten Streik aus Protest gegen hohe Stromtarife und Steuern. Zehntausende von Menschen seien auf die Strasse gegangen, um zu demonstrieren. Der Aufruhr habe bereits Mitte August begonnen, als die Verbraucher ihre Stromrechnungen für Juli erhielten.
Der Strom mache normalerweise 15 bis 20 Prozent des Einkommens eines durchschnittlichen pakistanischen Haushalts aus. Jetzt seien jedoch die Tarife um 100 bis 200 Prozent gestiegen, was der Auslöser für die Proteste gewesen sei.
Nikkei Asia spricht von mehreren Berichten über Selbstmorde, nachdem die Menschen mit Gebühren konfrontiert worden waren, die sie sich nicht leisten konnten. Das Leben vieler Familien sei völlig durcheinandergebracht worden.
Bisher seien die Demonstrationen friedlich verlaufen. Doch ein in Islamabad ansässiger politischer Analyst habe davor gewarnt, dass die Gewalt zunehmen könnte. Die Stromrechnungen hätten den Menschen «das Genick gebrochen».
Angesichts der «überkochenden Wut» habe die Übergangsregierung die Sicherheitsvorkehrungen in den Versorgungsbetrieben verstärkt, so das Portal. Mehrere hochrangige Sitzungen zur Erörterung der Krise unter Premierminister Kakar hätten keine konkreten Hilfsmassnahmen erbracht. Der Finanzminister habe erklärt, die Regierung sei ohne finanziellen Spielraum.
Ein Vorstandsmitglied der pakistanischen Zentralbank wird mit dem Hinweis auf einen negativen Multiplikatoreffekt des Strompreises auf die Wirtschaft zitiert:
«Er wird die Produktionskosten erhöhen, die Exporte weniger wettbewerbsfähig machen, Industrien stilllegen, die Arbeitslosigkeit erhöhen und eine Hyperinflation verursachen».
Hinter den steigenden Rechnungen steckten tiefgreifende strukturelle Probleme, darunter auch die hohe Verschuldung des Energiesektors.
Pakistan ist an die mit dem IWF getroffene 3-Milliarden-Dollar-Bereitschaftsvereinbarung gebunden. Damit solle ein drohender Zahlungsausfall vermieden werden, erläutert Nikkei Asia. Die Vereinbarung verpflichte Islamabad, bestimmte Steuern auf Strom zu erheben und Subventionen abzubauen. Die Regierung könne ohne die Zustimmung des IWF keine Abhilfe schaffen.
Experten sehen laut dem Portal daher keine einfachen Lösungen. Man spreche eher von vorübergehender Linderung, zum Beispiel durch Aufschieben der Rechnungen für die Haushalte.
Für die baldige Abhaltung von Wahlen könnten die überhöhten Stromrechnungen unterdessen ein zusätzliches Hindernis darstellen. Die derzeitige Situation steigere die Popularität des ehemaligen Premierministers Imran Khan, der wegen Korruptionsvorwürfen im Gefängnis sitzt. Das herrschende Establishment könne es vorziehen, Kakars Regierung bis zu einem günstigeren Zeitpunkt an der Macht zu halten.
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