Der US-Präsident Donald Trump hat vor wenigen Tagen vorgeschlagen, die Palästinenser aus dem Gazastreifen zum Beispiel nach Ägypten oder Jordanien umzusiedeln. Der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu und rechte Politiker in dem Land begrüßten den Plan. Er entspricht ihren Absichten, die Palästinenser aus Gaza und dem Westjordanland zu vertreiben. Karoline Leavitt, Pressesprecherin des Weißen Hauses, erläuterte am Mittwoch allerdings, dass es sich um eine vorübergehende Verlegung handeln würde. US-Außenminister Marco Rubio zufolge geht es um den Wiederaufbau.
Wie Middle East Monitor berichtet, offenbaren nun aus dem britischen Nationalarchiv ausgegrabene Akten, dass Israel bereits vor über fünf Jahrzehnten einen geheimen Plan entwickelt hat, um Tausende von palästinensischen Flüchtlingen aus dem Gazastreifen in den Nord-Sinai im Nordosten Ägyptens zu deportieren. Sowohl die USA als auch das Vereinigte Königreich wussten demnach von diesem Plan, beschlossen jedoch, nicht einzugreifen.
Nach der Besetzung des Gazastreifens durch Israel im Krieg von 1967 wurde die dicht besiedelte Enklave aufgrund des bewaffneten Widerstands gegen die Besatzung zu einem Sicherheitsproblem. Aus den Dokumenten geht hervor, dass Großbritannien den Gazastreifen als wirtschaftlich unrentabel und als Brutstätte für Guerillaaktivitäten betrachtete. Zwischen 1968 und 1971 kam es demnach auf beiden Seiten zu erheblichen Opfern, was Israel dazu veranlasste, eine Zwangsumsiedlung als Lösung zu erwägen.
Die britische Botschaft in Tel Aviv verfolgte gemäß den Akten aufmerksam die israelischen Bemühungen, Palästinenser nach El-Arish umzusiedeln, nur 54 km von der Grenze zum Gazastreifen entfernt. Berichte vom Januar 1971 bestätigten die israelischen Maßnahmen zur Zwangsumsiedlung von Flüchtlingen. Demnach wussten die US-Beamten davon, waren aber nicht bereit, gegen Israel vorzugehen.
Später im selben Jahr teilte der israelische Minister Shimon Peres britischen Diplomaten mit, dass ein geheimer Ministerausschuss ein langfristiges Konzept für das Flüchtlingsproblem im Gazastreifen prüfe. Er wies auf Pläne zur Umsiedlung von etwa 100.000 Menschen hin, von denen ein Teil in das Westjordanland und ein anderer in das ägyptische El-Arish umgesiedelt werden sollte. Zur Rechtfertigung der Geheimhaltung der neuen Politik sagte Peres, dass deren Bekanntgabe «Israels Feinden nur Munition liefern würde». Peres wurde später Verteidigungs-, Außen- und Premierminister sowie Staatspräsident Israels.
Britische Beamte merkten laut den Dokumenten an, dass Israel den Plan mit leeren Wohnungen in El-Arish, die zuvor ägyptischen Offizieren gehört hatten, zu rechtfertigen suchte. Diese Zwangsumsiedlungen standen jedoch aus Sicht der Briten im Widerspruch zu Israels öffentlich erklärten Grundsätzen der minimalen Einmischung in den besetzten Gebieten.
Ernest John Ward Barnes, der damalige britische Botschafter in Tel Aviv, warnte in einem umfassenden Bericht, dass das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) Israels Massendeportationen erwartete, eine Zwangsumsiedlung von Flüchtlingen aber entschieden ablehnte. Andere britische Beamte befürchteten, dass Israel die Gegenreaktion unterschätze, die solche Aktionen in der arabischen Welt und bei den Vereinten Nationen auslösen könnten.
Aus den Dokumenten geht laut Middle East Monitor nicht hervor, ob die USA oder das Vereinigte Königreich die israelischen Deportationspläne jemals mit Ägypten erörtert haben.