Schon häufiger gab es während der Coronakrise widersprüchliche Zahlangaben. So variierten beispielsweise die Inzidenzwerte stark – je nach Quelle. Jetzt sorgen Zahlen zu den beatmeten Covid-19 Patienten für Irritation. Die Bayerische Staatsregierung hatte in der vergangenen Woche mehrfach von fast doppelt so vielen beatmeten Patienten berichtet, als es tatsächlich gab, schreibt die Onlineausgabe des Bayerischen Rundfunks (BR).
Ende Oktober sprach Gesundheitsministerin Melanie Huml anlässlich einer Pressekonferenz von 114 Patienten, die beatmet werden müssen. Ministerpräsident Markus Söder und sein Stellvertreter Hubert Aiwanger verkündeten zwei Tage später den teilweisen Lockdown für ganz Bayern. Aiwanger habe die Massnahmen unter anderem mit der steigenden Patientenzahl in den Krankenhäusern begründet. Er sagte, dass 151 Corona-Patienten künstlich beatmet würden.
Doch der Blick in die Statistik der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), die die Daten für das Robert-Koch-Institut erhebt, zeigt: An dem entsprechenden Dienstag wurden laut DIVI nur 55 Patienten beatmet und am Donnerstag waren es 71, also etwa halb so viele, wie von den Politikern angegeben. Auch die Unterbehörde des bayerischen Gesundheitsministeriums – das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit – verweist auf Anfrage des BR nach den beatmeten Corona-Patienten auf die DIVI-Statistik.
Recherchen des BR legen den Schluss nahe, dass die Staatsregierung die Daten falsch interpretierte. Auf Nachfrage erklärte Gesundheitsministerin Melanie Huml gegenüber dem Sender, sie stütze ihre Aussage auf das System IVENA, das derzeit ebenfalls Daten zu den mit Covid-19-Patienten belegten Betten erhebt.
Allerdings bieten ICU-Betten lediglich die Möglichkeit der invasiven Beatmung, sagen aber nichts darüber aus, ob tatsächlich beatmet wird. Denn IVENA fragt dies bei den Krankenhäusern nicht ab – anders als DIVI. Stichproben in verschiedenen Kliniken in Bayern hätten die Vermutung bestätigt. Die bayerische Regierung schätzt die Entwicklung trotzdem als sehr ernst ein, obgleich viel weniger Patienten beatmet werden.