Nach dem militärischen Einmarsch Aserbaidschans in Bergkarabach im Herbst 2023 flüchtete die gesamte armenische Bevölkerung der Region. Laut mehreren internationalen Beobachtern, darunter auch dem Internationalen Gerichtshof, handelte es sich um eine Form ethnischer Säuberung. Das Schweizer Parlament reagierte darauf mit einem klaren Auftrag: Der Bundesrat, die Schweizer Landesregierung, sollte ein internationales Friedensforum organisieren, um einen Dialog zwischen Aserbaidschan und Vertretern der vertriebenen Bevölkerung zu ermöglichen.
Trotz dieses parlamentarischen Mandats erklärte der Bundesrat im Juni 2025, auf die Organisation eines Forums verzichten zu wollen – mit Verweis auf die fehlende Teilnahmebereitschaft der aserbaidschanischen Regierung. Diese Haltung stößt nun auf deutliche Kritik. In einem Videokommentar von letzter Woche analysiert EDU-Nationalrat Erich Vontobel die Hintergründe und nennt das Vorgehen des Bundesrats eine Kapitulation vor einem autoritären Regime.
«Die Schweiz gibt damit ein Vetorecht an eine Diktatur ab und untergräbt ihren eigenen Anspruch als humanitärer Vermittler», so Vontobel.
Die Schweiz, als Depositarstaat der Genfer Konventionen mit traditionell vermittelnder Rolle in internationalen Konflikten, hätte aus Sicht der Kritiker eine besondere Verantwortung, aktiv für Gerechtigkeit und humanitäre Standards einzutreten. Dass die Bundesverwaltung sich nun hinter völkerrechtlichen Formalitäten verstecke und den Dialog mit der vertriebenen Bevölkerung ablehne, sei nicht nachvollziehbar. Noch bis 2023 unterhielt die Schweiz beispielsweise Kontakte zu anderen nicht-anerkannten Akteuren wie der Hamas.
Die Initianten der «Schweizer Friedensinitiative für Berg-Karabach», ein parteiübergreifendes Komitee mit über einem Dutzend Nationalrätinnen und Nationalräten, wollen das Thema nun erneut ins Parlament bringen. Ihr Ziel: Den Beschluss zur Organisation eines Friedensforums notfalls mit politischem Nachdruck durchzusetzen.
Während Aserbaidschan Fakten auf dem Boden schafft, bleibt die Schweizer Reaktion defensiv. Der Bundesrat lehnt ein Friedensforum ab, obwohl es vom Parlament ausdrücklich verlangt wurde. Die Diskussion über die Verantwortung neutraler Staaten im Umgang mit humanitären Krisen ist damit aktueller denn je.
Nachfolgende Links verweisen auf eine Artikelserie von Transition News zu diesem Thema: siehe hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier, hier und hier.