CNN lässt alle Berichte über Israel und Palästina von seinem Büro in Jerusalem überprüfen, berichtet The Intercept. Dies geschehe im Schatten der israelischen Militärzensur. Das Jerusalem-Büro unterliege den Vorschriften der israelischen Militärzensur, die bestimmte Themen für Nachrichtenorganisationen als tabu erklärt hat und Artikel zensiert, die als «ungeeignet» oder «unsicher» angesehen werden.
Wie The Intercept letzten Monat berichtete, hat die Militärzensur kürzlich acht Themen eingeschränkt, darunter Sitzungen des Sicherheitskabinetts, Informationen über Geiseln und Berichte über Waffen, die von Kämpfern im Gazastreifen erbeutet wurden.
Um einen Presseausweis in Israel zu erhalten, müssten ausländische Reporter ein Dokument unterschreiben, mit dem sie sich verpflichten, sich dem Diktat der Zensur zu beugen. Die Praxis von CNN, die Berichterstattung über das Jerusalemer Büro zu leiten, bedeute allerdings nicht, dass die Militärzensur jeden Bericht direkt überprüft.
Dem Portal zufolge ist es bei CNN seit vielen Jahren üblich, die Berichterstattung durch das Jerusalem-Büro leiten zu lassen. Andere Nachrichtenagenturen hätten heikle Geschichten hingegen ausserhalb Israels bearbeitet, um dem Druck der Zensur zu entgehen.
Laut einem anonymen CNN-Mitarbeiter hatte diese interne Überprüfungspolitikeinen spürbaren Einfluss auf die Berichterstattung über den Gaza-Krieg.
Gemäss The Intercept hat CNN auch spezifische Sprachrichtlinien für die Berichterstattung über Gewalt im Gazastreifen erlassen. Der Sender habe zudem einen ehemaligen Soldaten der israelischen Streitkräfte (IDF) in sein Team aufgenommen.
Kritiker argumentieren, diese Praktiken könnten dazu führen, dass die israelische Regierung zu starken Einfluss auf die Berichterstattung nimmt. Jim Naureckas, Redakteur der Watchdog-Gruppe Fairness and Accuracy in Reporting, sagte gegenüber The Intercept:
«Wenn man ein Protokoll hat, das alle Geschichten durch einen Kontrollpunkt leitet, ist man an Kontrolle interessiert, und die Frage ist, wer die Geschichte kontrolliert. Das Team von CNN in Jerusalem sind die Leute, die der israelischen Regierung am nächsten stehen. In einer Situation, in der eine Regierung glaubhaft beschuldigt wurde, Journalisten für gewalttätige Angriffe auszusondern, um Informationen zu unterdrücken, ist es wirklich beunruhigend, dieser Regierung eine grössere Rolle bei der Entscheidung zu geben, was Nachrichten sind und was nicht.»