Laut einer neuen Umfrage globaler zivilgesellschaftlicher Netzwerke könnte die Welt im Jahr 2021 weitere 525’000 Tuberkulose-Todesfälle verzeichnen, die auf Störungen der öffentlichen Gesundheitssysteme infolge der Coronakrise zurückzuführen sind.
Aus der Umfrage geht hervor, «dass Massnahmen und Richtlinien, die zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 auferlegt werden, Menschen mit Tuberkulose in Armut und soziale Isolation bringen und die Ungerechtigkeiten und menschenrechtsbezogenen Hürden bei der Bereitstellung von Tuberkulose-Versorgungsdiensten verstärken», schreibt der europäische Informationsdienst AlphaGalileo.
Die Ergebnisse, an denen mehr als 1’000 Menschen in 89 Ländern beteiligt waren, stellten «einen Rückschlag für 10 Jahre Fortschritt im Kampf gegen die alte Geissel dar», so die Umfrage, die am 15. September veröffentlicht wurde.
COVID-19, so heisst es in der Umfrage, ziehe Menschen mit Tb in die Armut, da die ernährungswissenschaftliche und sozioökonomische Unterstützung durch verschiedene Länder erheblich unzureichend sei. So gaben beispielsweise 70 Prozent der Befragten aus Kenia an, dass sie während der Pandemie keine ausreichende ernährungswissenschaftliche und sozioökonomische Unterstützung erhielten.
In der Umfrage berichteten 61 Prozent der Vertreter aus Ländern, die für den Globalen Fonds in Frage kommen, von einer «Zunahme von Fehlinformationen und Stigmatisierung in Bezug auf Tuberkulosekranke».
Mittel für die Tuberkulose seien als Reaktion auf COVID-19 umgeleitet worden.
Laut Madhukar Pai, Direktor des McGill International TB Centre, Montreal, Kanada, hat COVID-19 einen enormen Einfluss auf die Zahl der Menschen, die medizinische Versorgung für Tuberkulose suchen und erhalten. «Ich bin auch sehr besorgt über die Umleitung von Finanzmitteln weg von der Tuberkulose und darüber, dass Arzneimittel- und Diagnostikunternehmen ihre Lieferkette nicht aufrechterhalten», sagte Pai laut AlphaGalileo gegenüber SciDev.Net.
Laut Umfrage berichtete mehr als die Hälfte der Tuberkulose-Patienten in Kenia und Indien über die Angst, sich in einer Gesundheitseinrichtung mit COVID-19 zu infizieren, und mehr als die Hälfte der Tuberkulose-Patienten in Kenia gab an, Schamgefühle wegen der ähnlichen Symptome beider Atemwegserkrankungen zu empfinden.
Einschätzung der Redaktion: Die Zahl von 525’000 Tb-Toten jährlich als Folge der Coronakrise und den damit verbunden Massnahmen wird medial kaum kommuniziert.