Die Bilder aus Paris, von der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele, sind keinem aufmerksamen Beobachter entgangen; für diesmal auch nicht den unaufmerksamen. Dafür waren sie viel zu aufdringlich; zu aufdringlich für die Zuschauer und zu entlarvend für die Macher.
Stellen wir das Ergebnis an den Anfang, dass nämlich «in den letzten Tagen schlimme Zeiten eintreten werden»:
«Denn die Menschen werden sich selbst lieben, geldgierig sein, prahlerisch, überheblich, Lästerer, den Eltern ungehorsam, undankbar, unheilig, lieblos, unversöhnlich, verleumderisch, unbeherrscht, gewalttätig, dem Guten feind, Verräter, leichtsinnig, aufgeblasen; sie lieben das Vergnügen mehr als Gott (…).» 2. Timotheus 3,2-4.
Der darauffolgende Rat des Paulus ist eindeutig: «Von solchen wende dich ab!» Ihrem Treiben aber wollen, müssen wir uns für eine kleine Weile zuwenden.
Nehmen wir nur eines der augenscheinlichsten Beispiele jenes Tages: das lasziv nachgestellte Letzte Abendmahl von Leonardo da Vinci. Den Machern wie Darstellern die obigen Eigenschaften zuzuordnen fällt nicht schwer. Die Sache einzuordnen braucht ein kleinen Anlauf.
Bei jenem Spektakel trat die Verherrlichung seiner selbst an die Hingabe seiner selbst. Jesus und den Seinen war es um die Gemeinschaft im Leiden und vor dem großen Leiden gegangen, ums Stiften eines neuen Miteinander, das über das tiefste Dunkel hinausweist. Die Prostituierten des Zeitgeistes hingegen sind bereits geeint − in aggressiver Zügellosigkeit. Sie bekunden jene Triebe und Geister, denen sie Raum gegeben haben.
Nichts anderes bedeutet das Wort «prostituieren»: nach vorne stellen, öffentlich ausstellen; im übertragenen Sinne dann etablieren. Damit verlängern diese Menschen nahtlos die Reihe der heutigen Verkünder einer «neuen Ordnung», ja sie machen sich zu ihren schrillsten, ihren augenfälligsten Protagonisten, um nicht zu sagen: Priestern.
Ein Teil der Eröffnungszeremonie habe den Titel getragen «liberty and the quest for liberty» − die Freiheit der berühmten Sau, die «alles rauslässt». Eugen Rosenstock-Huessy ist recht zu geben, wenn er schreibt: «Das Christentum muß ständig mit Quacksalbern konkurrieren, die leichte betrügerische Abkürzungen des Wegs zum Heil anbieten.” (in: Des Christen Zukunft oder Wir überholen die Moderne, Seite 147)
Insofern greifen die Mahnungen der französischen Bischöfe etwas kurz. Natürlich ging es bei jener Zermonie um eine «Verspottung und Verhöhnung des Christentums», wodurch «alle Christen auf allen Kontinenten (…) verletzt wurden». Aber es wurde mehr «nach vorne gestellt», versucht zu «etablieren»: nämlich antichristlicher Satanismus. Man schaue nur auf den Strahlenkranz hinter der feisten Figur in der Mitte des Bildes, welche sie zu einer Licht-Trägerin stilisiert − einem «Luci-Fer».
Nehmen wir als zweites Beispiel den Reiter, der dann die Olympische Fahne überreichte. Er und sein Pferd stammen aus der Offenbarung des Johannes und tauchen dort als die vierten der sogenannten apokalyptischen Reiter auf. Er war
«von aschfahler Farbe. Sein Reiter hieß Tod, und ihm folgte das ganze Totenreich. Sie erhielten die Macht über ein Viertel der Erde, um die Menschen durch Kriege, Hungersnöte, Seuchen und wilde Tiere dahinzuraffen»; Offenbarung 6, Vers 8.
Spiele der Versöhnung sollten die Olympischen Spiele sein. Zu einer Proklamation des Todes sind sie verkommen. Ich kann nur mahnend ergänzen: Der Teufel freut sich über jede Einladung. Die direkten Zuhälter dieses Hurenreigens spielen mit ihrem hiesigen wie dortigen Frieden und haben jenen Geist des Todes über ihrer Stadt und ihrer Veranstaltung ausgerufen.
Selbstverliebt, prahlerisch und überheblich, lästernd, unheilig und verleumderisch stellen sie zur Schau, dass sie dem Guten feind, dass sie aufgeblasen sind und das Vergnügen mehr als Gott lieben. Das ist weit mehr als eine Weltreligion zu verhöhnen oder Gefühle von Gläubigen zu verletzen. Es ist aktive Teilhabe am Bösen und dessen Proklamation.
Wie heißt es doch in Jesaja 59?
«Ihr denkt nur an Unrecht, und wo ihr auch geht, hinterlasst ihr eine Spur der Verwüstung. Den Weg zum Frieden kennt ihr nicht, und Aufrichtigkeit ist euch fremd! Lieber schlagt ihr krumme Wege ein. Keiner, der so lebt, weiß, was Friede ist.»
Was folgt daraus? Im besseren Fall eine Einsicht, wie sie Jesaja bereits vorformuliert hat; ein ehrliches Eingeständnis von tiefer Schuld:
«Wir haben dir, o Gott, den Rücken gekehrt. Unsere Schuld ist groß, und unsere Sünden klagen uns an. Wir sehen ein, dass wir dir untreu waren, unsere Vergehen stehen uns vor Augen. HERR, wir wollten nichts mehr mit dir zu tun haben; wir haben dich verleugnet und uns von dir, unserem Gott, abgewandt.
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Mit harten Worten haben wir unsere Mitmenschen unterdrückt und uns von dir losgesagt. Unsere Lügen haben wir uns gut überlegt, um sie dann im passenden Moment auszusprechen. So wurde das Recht mit Füßen getreten und die Gerechtigkeit verdrängt. Die Wahrheit hat im Alltag nichts mehr zu suchen, Ehrlichkeit ist unerwünscht.» Jesaja 59,12-14.
Im schlechteren Falle gilt das Wort, das Jesus während seines Letzten Mahles an seinen Verräter Judas gerichtet hat:
«Denn der Menschensohn geht zwar dahin, wie es beschlossen ist; doch weh dem Menschen, durch den er verraten wird!» Lukas 22,22
Denn so verhält es sich auch mit den Prophezeiungen aus der Offenbarung des Johannes: Sie werden immer von Menschen verwirklicht, die für ihre Taten verantwortlich bleiben. Keinerlei «Vorherbestimmung» drängt sie dazu. Doch über ihrem zum Bösen missbrauchten freien Willen steht eine Ober-Sicht des Lebendigen Gottes. Die gestattet es, dass sich dieses Böse zur Kenntlichkeit auskocht − um am Ende vernichtet zu werden und Platz zu machen für die Eine gute Neue Ordnung; Offenbarung 20.
Sie wird eingeleitet nicht durch einen aschgrauen Reiter des Todes, sondern jenen auf dem weißen Pferd.
«Und der darauf saß, hieß: Treu und Wahrhaftig, und er richtet und kämpft mit Gerechtigkeit»; Offb 19,11.
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Wort zum Sonntag vom 21. Juli 2024: Der Rat des Bertolt Brecht
Lothar Mack war als Gemeindepfarrer und bei verschiedenen Hilfswerken und Redaktionen tätig. Sein kritischer Blick auf Kirche und Zeitgeschehen hat ihn in die Selbständigkeit geführt. Er sammelt und ermutigt Gleichgesinnte über Artikel und Begegnungen und ruft in Gottesdiensten und an Kundgebungen zu eigenständigem gläubigem Denken auf. Sein Telegram-Kanal lautet StimmeundWort.
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