Herr Bubendorf, weshalb lehnen Sie das Covid-19-Gesetz ab?
Das Gesetz ist nichts anderes als eine Erpressung des Souveräns. Die Politiker sagen uns: «Wir entschädigen euch für den Schaden, den wir verursacht haben.» Mit der Entschädigung entrechten sie uns aber gleichzeitig auch. Und diese Entrechtung hat es in sich.
Wie meinen Sie das?
Die Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften wird nun ins Gesetz gegossen (Artikel 3a). Dazu kommt das Contact-Tracing: Über Monate sagte man uns mantramässig, dass das Contact-Tracing freiwillig bleibe. Im Gesetz ist die Rede von einem umfassenden und wirksamen Contact-Tracing, auf das die Regierung zurückgreifen kann.
Von Freiwilligkeit kann keine Rede sein?
Natürlich nicht. Das passt alles nicht zusammen. Ein weiterer gefährlicher Aspekt: Das Gesetz sieht unter anderem auch Ausnahmen bei der Zulassungspflicht für Arzneimittel vor, auch Zulassungsverfahren können angepasst werden. Somit können Impfstoffe und Medikamente von Pharmaunternehmen ohne Prüfung zugelassen werden, die später nicht für ihre Schäden haften müssen. Das darf nicht sein.
In der Botschaft zum Gesetz schrieb der Bundesrat noch, dass bloss Medikamente davon betroffen seien.
Ja, aber im Gesetz steht «Arzneimittel» und dazu gehören Impfstoffe. Und was letztlich zählt, ist das Gesetz und nicht die Botschaft.
Die Befürworter argumentieren, dass das Gesetz sowieso Ende 2021 ausläuft. Weshalb also der ganze Aufwand?
Diese Argumentation ist in meinen Augen schizophren. Einmal sagt man: «Ohne dieses Gesetz bricht die Schweiz auseinander», und im nächsten Satz heisst es dann: «Das Gesetz ist ja ohnehin nur noch wenige Monate gültig.»
Das Gesetz bleibt also noch länger in Kraft?
Es gibt mehrere Artikel, die bis 2031 in Kraft bleiben. Das sind zwar mehrheitlich unverdächtige Artikel, welche beispielsweise die Kurzarbeitsentschädigung und Konkurse regeln. Das Gesetz bleibt aber als Grundgerüst weiter in Kraft. Und das ist gefährlich. Das ermöglicht dem Parlament in jeder Session wieder weitere Verschärfungen vorzunehmen. Und damit müssen wir leider rechnen. Das haben wir in der letzten Session des Parlaments deutlich gesehen.
Unterstützt werden mit dem Gesetz auch die Medien ...
Und wie. Sie sollen künftig noch zusätzliche 120 Millionen Franken bekommen. Das bedeutet: Der Staat subventioniert die grössten Verlagshäuser mit 480 Millionen Franken jährlich. Das geht gar nicht.
Der Spardruck trifft gegenwärtig auch die Medienwelt. Weshalb ist es problematisch, wenn die Medien finanziell unterstützt werden?
Den grossen Medienhäusern geht es blendend, das sind hochprofitable Unternehmen. Die vier grössten Verlagshäuser (TX Group, Ringier, CH Media und NZZ-Gruppe) verzeichneten im Jahr 2020 einen Gewinn von 275 Millionen Franken.
Machen diese Zahlungen eine unabhängige und kritische Berichterstattung unmöglich?
Genauso ist es. Natürlich will sich jeder Verleger ein Stück des Kuchens ergattern – 480 Millionen Franken, das ist viel Geld. Regierungskritische Medien werden da wohl keinen Erfolg haben. Denn: Wer beisst dann schon die Hand, die einen füttert.
Wie beurteilen Sie die Rolle der grossen Medien in der «Pandemie»?
Am Anfang der Coronakrise stand die gesamte Medienlandschaft geschlossen hinter der Regierung. Das war aber nicht erstaunlich. Denn man hat ja auch ganz bewusst das Szenario des Kriegs gefördert. Die Rhetorik war klar: «Wir stellen uns hinter den General.» Nach ein paar Monaten hat sich das zwar etwas geändert. Es folgten auch erste kritische Berichte. Aber: Bei der Kritik handelte es sich immer nur um Detailkritik an den Massnahmen.
Immerhin ...
Mit der Berichterstattung stützten die Medien letztlich die Regierung. Der Ton lautete ja stets: Der Bundesrat macht zu wenig, er zieht die Zügel zu wenig an, er hat zu wenig Impfstoffe besorgt und so weiter. Das ist nichts weiter als Scheinkritik, die letztlich das Pandemie-Narrativ stützte.
Eine Fundamentalkritik las ich bisher noch in keiner Zeitung.
Wie lautet diese?
Es gibt keine asymptomatischen Ansteckungen. Und deshalb sind auch alle nicht-pharmazeutischen Interventionen wie Lockdowns, Masken und so weiter nutzlos. Das ist die Fundamentalkritik, die es bräuchte. Und hierbei handelt es sich nicht um Behauptungen. Inzwischen gibt es zahlreiche wissenschaftliche Studien, die aufzeigen, dass die Massnahmen sinnlos sind.
Kommen wir wieder zurück zum Covid-19-Gesetz als Ganzes: Handelt es sich also um ein Ermächtigungs- und Willkürgesetz?
Ja, das unterschreibe ich. Der Bundesrat hat mit dem Gesetz das Recht, Kriterien und Richtwerte für Einschränkungen und Erleichterungen des Lebens festzusetzen – so steht es in Artikel 1a. Wie er diese sogenannten Kriterien definiert, bestimmt allein die Regierung. Damit sind der Willkür Tür und Tor geöffnet.
Befürworter des Gesetzes argumentieren: ein Nein zum Covid-19-Gesetz bedeutet, dass Firmen nicht entschädigt werden könnten?
Das ist brandschwarz gelogen. Genau deswegen hat der Schwyzer Nationalrat Pirmin Schwander (SVP) eine Motion eingereicht, die von 20 Parlamentariern unterstützt wird.
Mit welchem Ziel?
Die Motion verlangt, dass die Entschädigungen in einem separaten Gesetz geregelt werden. Hinzu kommt: Es gibt noch weitere Möglichkeiten, die Zahlungen zu regeln. Zum Beispiel über eine parlamentarische Initiative oder über Bundesbeschlüsse. Bundesbeschlüsse wären ohnehin das richtige Mittel, um solche Finanzbeschlüsse zu regeln.
Das Ganze muss aber schnell gehen. Die Leute brauchen das Geld. Das Covid-19-Gesetz läuft ja Ende September ohnehin aus?
Eine brauchbare Lösung könnte bis zum Ende der Sommersession problemlos auf die Beine gestellt werden. So würde auch die dreimonatige Referendumsfrist eingehalten werden. Und das Gesetz könnte dann noch immer rechtzeitig in Kraft treten, um das Covid-19-Gesetz nahtlos abzulösen.
Und was wäre, wenn das neue Gesetz aufgrund eines Referendums scheitern sollte?
Dann hätte der Bundesrat noch immer die Möglichkeit, die Entschädigung auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung zu stützen. Das bestätigte auch die Geschäftsprüfungskommission der eidgenössischen Räte.
Weshalb wurden die Zahlungen dann nicht in ein separates Gesetz geschrieben. Machte der Bundesrat dies aus Selbstschutz?
Wie schon erwähnt, ist das Covid-19-Gesetz in meinen Augen nichts weiter als eine Erpressung des Souveräns.
Und ja, ich bin überzeugt, dass das Gesetz eine beabsichtigte Erpressung ist.
Wie beurteilen Sie die Rolle des Parlaments? Haben die Räte versagt?
Das Parlament steht für mich an zweiter Stelle des Übels, gleich nach den Medien. Die Räte haben sich in beschämender Art und Weise im Frühling 2020 zurückgezogen und die Session abgebrochen. Damit haben sich die Parlamentarier in dem Moment aus der Verantwortung genommen, wo man sie mehr denn je gebraucht hätte.
Kann man der Regierung also gar keine grossen Vorwürfe machen, schliesslich hat man ihr ja die immense Macht freiwillig in die Hände gegeben?
Die Regierung muss man trotzdem energisch kritisieren. Denn: Bis heute interessiert sich der Bundesrat nicht dafür, ob die Massnahmen etwas gebracht haben oder nicht. Auch blendet er noch immer wissenschaftliche Studien – inklusive Metastudien – aus, die zeigen, dass die nicht-pharmazeutischen Massnahmen nichts gebracht haben. Zudem lehnt die Regierung eine Überprüfung der Massnahmen konsequent ab. Dies, obwohl der Bundesrat gesetzlich dazu verpflichtet wäre.
Die Frage ist, war das Ganze verhältnismässig?
Stichwort Verhältnismässigkeit. Das ist in meinen Augen der am meisten missverstandene Begriff. Die Leute haben kein Verständnis dafür, was Verhältnismässigkeit bedeutet.
Was bedeutet sie?
Um die Frage der Verhältnismässigkeit beantworten zu können, müssen drei Fragen geklärt werden. Erstens: War der Lockdown geeignet, um das Virus einzudämmen? Zweitens: War er erforderlich? Und drittens: War er auch zumutbar?
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ging diesen Fragen doch nach?
Genau. Dadurch hat sich der Bundesrat dieser Pflicht entledigt. Denn das SECO ist ja der Regierung unterstellt und nicht unabhängig. Da verwundert es auch niemanden, dass das SECO in ihrem Bericht der Regierung ein positives Zeugnis ausstellt.
Die Schweiz ist das einzige Land, das nun über die Massnahmen abstimmt: Ist das nicht grossartig?
Wenn wir nur über Pandemie-Massnahmen abstimmen könnten, wäre das ein richtig heisser Tanz. Ich könnte mir vorstellen, dass das Gesetz dann wuchtig abgeschmettert würde. Doch leider können wir nicht über die Massnahmen abstimmen. Denn das Gesetz ist – wie gesagt – ein Flickwerk und beinhaltet Aspekte, die wir alle als unterstützenswert erachten, wie beispielsweise die Entschädigungszahlungen. Aber ja: Das Referendum hat trotzdem Strahlkraft und wird weltweit Beachtung finden.
Und somit haben wir Stimmbürger hierzulande auch eine grosse Verantwortung.
Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass das Covid-19-Gesetz abgelehnt wird?
Laut den Umfragen wird es sehr schwierig. Hoffnung birgt aber: Bisher zeigte sich, dass die Leute dem Gesetz wegen falscher Vorannahmen zustimmen würden. Viele Menschen glauben, dass die Firmen und Kleinbetriebe ohne das Gesetz keine Unterstützung erhielten. Deshalb stehen sie momentan noch hinter dem Gesetz, auch wenn sie gegen eine Impfapartheid und die entsprechenden Diskriminierungen sind. Deshalb müssen wir so viele Menschen wie möglich diesbezüglich aufklären. Wenn uns das gelingt und wir alle stärker selber in die Verantwortung kommen, dann haben wir eine Chance.
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Zur Person:
Foto: z.V.g
Michael Bubendorf ist Familienvater, Unternehmer, Gründungsmitglied und Pressesprecher der «Freunde der Verfassung». Am 28. Mai wird er voraussichtlich in der Sendung «Arena» des Schweizer Fernsehens (SRF) zum Covid-19-Gesetz gegen Bundesrat Alain Berset antreten.
Covid-19-Gesetz
National- und Ständerat haben das Covid-19-Gesetz Ende September 2020 beschlossen und als dringliche Vorlage sofort in Kraft gesetzt. Im Dezember 2020 und Februar 2021 haben sie weitere Änderungen beschlossen und wieder dringlich in Kraft gesetzt, vor allem bei den Härtefallhilfen.
Wichtig zu wissen ist: Längst nicht alle umstrittenen Corona-Massnahmen (wie zum Beispiel die Schliessung von Läden, Restaurants, Maskenpflicht und so weiter) sind auf das Covid-19-Gesetz abgestützt. Sie beruhen auf dem Epidemiengesetz.
Das Referendum der «Freunde der Verfassung» wurde gegen die ursprüngliche Version des Gesetzes vom September beschlossen. Umstritten ist, welche Version des Gesetzes bei einem Nein zum Covid-19-Gesetz ausser Kraft tritt. Gemäss der Auslegung des Bundesrats tritt dann das gesamte heutige Gesetz ausser Kraft, mitsamt den nachträglich vorgenommenen Veränderungen.
Unter Fachleuten ist diese Frage indes umstritten. Manche finden, später eingefügte Elemente, die auch ohne die ursprüngliche Fassung funktionieren würden, sollten bestehen bleiben. Juristen des Bundes sehen das anders: Hebe der Souverän nachträglich das ursprüngliche Gesetz auf, entfalle damit die Basis für die später beschlossenen Änderungen.
Sollte die Bevölkerung Ja stimmen, ist die Sache ebenfalls noch nicht erledigt. Denn es sind verschiedene Stimmrechtsbeschwerden in Arbeit. Dies, weil die Regierung zentrale Informationen zum Gesetz den Bürgern in ihren Erläuterungen verschweigt (Corona-Transition berichtete).