In unserem Brustkorb befindet sich nicht nur eine muskuläre Pumpe, sondern ein ausgeklügeltes neuronales Netzwerk, das sogenannte intrakardiale Nervensystem (IcNS). Dieses scheint weitaus komplexer zu sein als bisher angenommen. Eine neue Studie zeigt, dass das Herz nicht nur eine Relaisstation für Signale aus dem Gehirn ist, sondern als lokales Kontrollzentrum fungiert, das in der Lage ist, Informationen zu verarbeiten und eigenständig rhythmische Muster zu erzeugen. Auf die in Nature Communications veröffentlichte Arbeit aufmerksam macht Study Finds:
Anhand von Zebrafischen, deren Herz bemerkenswerte Ähnlichkeiten zum menschlichen Herzen aufweist, untersuchten die Forscher des renommierten Karolinska-Instituts in Schweden und des Columbia University Irving Medical Center in den USA den sinoatrialen Plexus (SAP), die Schrittmacherregion des Herzens. Modernste Techniken wie die Einzelzell-RNA-Sequenzierung enthüllten den Autoren zufolge eine «unerwartet vielfältige Population von Neuronen». Die meisten (81%) seien cholinerge Neuronen, die Acetylcholin verwenden, während andere Neurotransmitter wie Glutamat, GABA, Serotonin und Katecholamine nutzen würden. Diese Vielfalt ermögliche eine fein abgestimmte, lokale Herzsteuerung.
Einige Neuronen weisen «schrittmacherähnliche» oder «rhythmogene» Eigenschaften auf. Das lässt darauf schließen, dass sie eine aktive Rolle bei der Aufrechterhaltung des Herzrhythmus spielen. Der leitende Autor Konstantinos Ampatzis erklärte:
«Wir waren überrascht zu sehen, wie komplex das Nervensystem im Herzen ist.»
In innovativen Experimenten wurden vier Neuronentypen mit unterschiedlichen Feuermustern entdeckt, die den Herzrhythmus direkt beeinflussen. Die Manipulation dieser Neuronen veränderte die Herzfrequenz und den Herzrhythmus, was bestätigt, dass das IcNS die Herzfunktion aktiv reguliert. Ampatzis:
«Dieses ‹kleine Gehirn› spielt eine Schlüsselrolle bei der Aufrechterhaltung und Kontrolle des Herzschlags.»
Diese Entdeckung könnte gemäß den Forschern als Grundlage für Behandlungen von Herzrhythmusstörungen dienen, die auf das IcNS abzielen.
«Wir wollen neue therapeutische Ziele identifizieren, indem wir untersuchen, wie Störungen im neuronalen Netzwerk des Herzens zu verschiedenen Herzstörungen beitragen», erläutert Ampatzis.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Organe möglicherweise mehr autonome Kontrolle ausüben als bisher angenommen, wobei das Gehirn die Gesamtkoordination übernimmt. Zukünftige Forschungen werden den Wissenschaftlern zufolge untersuchen, wie das neuronale Netzwerk des Herzens mit dem Gehirn bei Stress, Bewegung und Krankheit interagiert, was zu gezielten und wirksamen Behandlungen führen könnte. Study Finds schließt:
«Wie viele wissenschaftliche Durchbrüche erinnert uns auch diese Entdeckung daran, dass selbst gut untersuchte Organe wie das Herz noch Geheimnisse bergen, die darauf warten, entdeckt zu werden. Während die Forscher weiter daran arbeiten, das ‹kleine Gehirn› des Herzens zu kartieren und zu verstehen, müssen wir möglicherweise unser Verständnis davon, wie dieses lebenswichtige Organ seinen eleganten Rhythmus aufrechterhält, überdenken.»
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