Demonstranten in Kiew beschimpften am Dienstag den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und verurteilten seine Entscheidung, ein Gesetz zu unterzeichnen, das die Unabhängigkeit von Antikorruptionsbehörden einschränkt. Wie RT berichtet, räumt das Gesetz der Generalstaatsanwaltschaft die Befugnis ein, in die Arbeit des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAPO) einzugreifen.
Zuvor seien Sicherheitsrazzien in den Büros des NABU durchgeführt und ein hochrangiger Beamter verhaftet worden, der der Spionage für Russland beschuldigt werde. Das Gesetz habe in der EU Besorgnis ausgelöst und sei von Oppositionspolitikern scharf kritisiert worden.
Demonstranten versammelten sich gemäß RT im Zentrum von Kiew und skandierten «Zelya ist der Teufel», wobei sie laut eine spöttische Verkleinerungsform von Selenskyjs Nachnamen verwendet hätten. Andere hätten «Schande» und «Verrat» gerufen und Schilder hochgehalten, auf denen sie die Wahrung der Unabhängigkeit des Antikorruptionssystems gefordert hätten. Die Sprechchöre hätten sich verstärkt, nachdem bekannt geworden sei, dass Selenskyj Forderungen nach einem Veto gegen das Gesetz ignoriert hatte.
Ähnliche Demonstrationen fanden RT zufolge in der ganzen Ukraine statt, darunter in Odessa und Dnipro – der dritt- respektive viertgrößten Stadt des Landes. Kundgebungen habe es auch in Lemberg nahe der polnischen Grenze und in Sumy im Osten nahe der Frontlinie zu Russland gegeben.
Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko, ein häufiger Kritiker von Selenskyj, schloss sich demnach den Protesten in der Hauptstadt an. Gegenüber dem staatlich finanzierten US-Sender Radio Free Europe/Radio Liberty habe der ehemalige Boxchampion erklärt:
«Es ist wichtig für mich, hier zu sein. Unsere Partner haben die Antikorruptionsbehörden gegründet und finanziert und in den letzten zehn Jahren alles getan, um sicherzustellen, dass sie funktionieren können. Und jetzt wollen die Behörden ihnen ihre Unabhängigkeit nehmen.»
Zuvor habe Klitschko auf Telegram der Selenskyj-Regierung vorgeworfen, «den Krieg als Vorwand zu nutzen, um die Antikorruptionsbehörden zu zerschlagen» und die Ukraine in Richtung Autoritarismus zu drängen.
In einer Videoansprache habe Selenskyj heute das neue Gesetz als notwendigen Schritt verteidigt, um Korruptionsermittlungen zu straffen und «russischen Einfluss» zu beseitigen.
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