Dieses Video wurde vor vier Jahren zum ersten Mal bei apolut veröffentlicht. Transition News durfte es mit freundlicher Genehmigung des Autors übernehmen.
***
Der Blick in die Geschichte verrät: Wettermanipulation gibt es bereits seit mehr als 100 Jahren; Quelle: Youtube-Kanal von Herrmann Ploppa
Wettermanipulation? Geoengineering? Gibt es schon lange. In der heutigen Folge von HIStory wollen wir uns mit der Geschichte der Wettermanipulation beschäftigen. Sie haben richtig gehört: Schon seit vielen Jahrzehnten wird unser Wetter auf Veranlassung von Politikern, Militärs, Landwirten und cleveren Geschäftsleuten auf technischem und chemischem Wege massiv beeinflusst.
China: Wetterstreitmacht mit mehr als 4000 Raketenabschussrampen
Schauen wir zuerst nach China. Die Sommerolympiade 2008 in Peking begann am 8. August 2008 um 8 Uhr abends. Die magische Zahl 8 verheißt den Chinesen Wohlstand und Zuversicht. Die vierstündige Eröffnungsfeier ließ an Wohlstand und Zuversicht nichts zu wünschen übrig. 92.000 Zuschauer sahen 14.000 Akteuren zu. Astronauten und niedliche kleine Mädchen flogen elegant durch die Arena. China ist wieder wer.
Heerscharen zeigten, was kluge Chinesen alles erfunden haben: das Papier, die Raketen und nicht zu vergessen das Feuerwerk. Es ist eine besondere Freude für jeden Chinesen, wenn es in der Luft ordentlich böllert und blitzt. Die Pyrotechniker in Peking haben unvergessliche Feuerwerksformationen gezaubert. Man stelle sich nur einmal vor, es hätte in Strömen geregnet und statt feurigem Strahlenzauber hätte nur der Schwefel vor sich hingekokelt, sodass hunderte von Millionen Dollar Produktionskosten im himmlischen Wasserschwall verdampft wären.
Doch keine Sorge, die Planer des chinesischen Megasportereignisses überließen nichts dem Zufall. Auch das launische Wetter hatte sich den chinesischen Technokraten zu fügen. Um dem Schietwetter die rote Karte zu zeigen, haben die Chinesen schon vor längerer Zeit eigene regionale Wetterbehörden eingerichtet.
Man begnügt sich nicht mit möglichst akkuraten Wettervorhersagen. Allein im Bezirk Peking sollen laut Wikipedia 35.000 Beamte damit beauftragt sein, Regen auf Wunsch an einem bestimmten Ort zu einer genau bestimmten Zeit fallen zu lassen. Die Chinesen können zwar aus strahlendblauem Himmel keine tobenden grauen Regenwolken zaubern, aber sie können eine dunkle Regenfront, die auf Peking zusteuert, bereits vor der ehrwürdigen Hauptstadt zum abregnen bringen.
Auf diese Weise kam kein Regen beim Freiluftspektakel im Olympiastadion an. Die Bewohner der Vororte von Peking waren sicher nicht erbost, als der Regen auf ihre Dächer platterte, denn sie konnten ja im Fernsehen die regenfreie Pracht und Herrlichkeit ihrer Nation bei dieser prunkvollen Sommerolympiade bestaunen. Die Chinesen sind stolz auf ihre Fähigkeit, Regen zu zaubern.
Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichte exakte Zahlen. Die Wetterstreitmacht verfügt über genau 6781 Artilleriegeschütze und 4110 Raketenabschussrampen. Vom Boden aus schießen die Wetterkrieger die chemische Substanz Silberjodid in die Wolken. Die Atmosphäre ist voller kleiner Teilchen. Um diese Teilchen herum kondensiert Wasser. Und wenn dieses Wasser vereist, sind die Klümpchen schwerer als Luft und fallen zu Boden. Das ist, etwas vereinfacht gesagt, nichts anderes als Regen. Und Silberjodid fördert Kondensation um die Partikel herum.
Man kann aber auch mit Flugzeugen in die Wolken aufsteigen und aus feinen Düsen Silberjodid in die Wolken sprühen. Laut Xinhua sind von 1995 bis 2003 exakt 4231 mal Flugzeuge in die Wolken eingetaucht, um Silberjodid zu versprühen. Das ergab in dem von Dürren nicht gerade verschonten Reich der Mitte ein Plus von 210 Milliarden Kubikmetern Regenwasser.
Manchmal jedoch unterlaufen auch den chinesischen Wetterzauberern peinliche Missgeschicke. Ein Jahr nach der großen Olympiaschau in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November 2009 schossen die Wetterbeamten gigantische Mengen von Chemikalien in die Wolken. Es galt, eine Dürre im Umkreis von Peking zu beenden. Doch statt in sattem Regen versank die Hauptstadt für Stunden im Schnee. Die Leute froren in ihren Häusern. 200 Starts vom Flughafen waren verspätet oder wurden annulliert. PKWs blieben im Schnee stecken.
Aber auch in der Sowjetunionm war es gängige Praxis, Regen mit Chemikalien aus den Wolken zu wringen. Während die Chinesen ungeniert mit ihren Wettermanipulationen angeben und die Amerikaner mit Regenzauber viel Geld verdienen, das Ganze aber nicht an die große Glocke hängen, haben Sowjetkommunisten ihre chemischen Wolkenimpfungen vollkommen geheim gehalten. Fanden Truppenparaden in Moskau statt, so entließen die präparierten Wolken ihr Wasser zuverlässig vor den Toren der Hauptstadt.
2006 lud die russische Regierung tapfere Piloten, die 1986 in Tschernobyl Rettungseinsätze rund um den explodierten Atommeiler geflogen hatten, zu einer Feier in Moskau ein. Ausgezeichnet wurden jene Piloten, die in Tschernobyl Silberjodid in die Wolken gesprüht hatten. Die Wolken über der verstrahlten Kraftwerksruine hätten radioaktiv verseuchtes Wasser mit dem Wind bis nach Moskau und in andere russische Großstädte transportieren können. Die mit Silberjodid geimpften Wolken regneten ihre tödliche Fracht nun mehr in der Umgebung des geplatzten Atomkraftwerks ab.
Millionen Menschenleben, die in größerer Entfernung lebten, sind dadurch gerettet worden – auf Kosten der Menschen in Weißrussland, besonders rund um die Stadt Gomel. Zeugen berichten von schwarzen Streifen, die aus den russischen Flugzeugen kamen. Die Bewohner in Weißrussland bekamen eine radioaktive Dosis verpasst, die das 30-Fache der normalen Werte enthielt. Niemand war gewarnt worden.
USA: Wiege der Wettermanipulation
Doch die Wiege der Wettermanipulation steht unstreitig in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die ersten Regenmacher zeigten ihre Künste neben Gauklern und Quarsalbern auf Messen und Jahrmärkten. Einer von ihnen war Charles Mallory Hatfield, im Hauptberuf Vertreter für Nähmaschinen. Seit 1902 trat Hatfield in verschiedenen Städten der USA auf, unter anderem in Los Angeles, wo nach seinem Einsatz ein lange ersehnter Regen losbrach.
Hatfield pflegte bei seinen Auftritten ein großes weißes Zelt aufzubauen, in dem er seine chemischen Mischungen ansetzte, während sein Bruder Paul wie Zerberus vor dem Zelt stand und aufpasste, dass niemand Charlie zugucken konnte. Dann begab sich Hatfield auf eine Art von Hochsitz und goss seine Mixturen in eine Wanne. Die Brühe sollte nun in der Atmosphäre verdunsten. Hatfield ging durchaus wissenschaftlich vor. Er studierte die Wetterkarten, hatte sich ein Wissen über Wetterverläufe angeeignet und trat immer dann auf, wenn eine Dürre schon sehr lange angehalten hatte und ein Wetterumschwung bevorstand.
1916 wurde Hatfield von den Stadtvätern im kalifornischen San Diego für 10.000 US-Dollar angeheuert. Ein Süßwasserstaudamm war nur noch zu einem Drittel voll, und Hetfield sollte den Regen herbeizaubern, damit das Becken wieder gefüllt wird. Tatsächlich kam auch Regen nach Hatfields Intervention, aber wie heißt es doch: «die Geister, die ich rief ...» Der Regen hörte gar nicht mehr auf und die allgemeine Erleichterung schlug recht schnell in Unruhe und schließlich in blankes Entsetzen um.
Der Damm brach, San Diego ertrank in den Fluten. Schließlich waren Dutzende von Toten zu beklagen. Als Hatfield trotzdem ungerührt seine Gage bei den Stadtvätern einstreichen wollte, sagten sie zu ihm: «Gut, wir können dir die 10.000 Dollar geben, aber damit treten wir dann auch alle Schadensersatzklagen an Dich ab.» Hatfield verzichtete lieber und verlagerte seine Aktivitäten nach Kanada und Italien.
Doch bald beschäftigten sich auch anerkannte Wissenschaftler mit den Potenzialen der Wettermanipulation. Mit Henry Garrett Houghton trat jetzt ein anerkannter Meteorologe des noch anerkannteren Massachusetts Institute of Technology, kurz MIT, ins Rampenlicht. Systematisch inventarisierte Houghton die Optionen, Nebel aufzulösen. Physikalisch kann man mit Ventilatoren Dampfsperren, hochintensiven Klangwellen oder Stromfeldern vorgehen. Thermisch könnte man einfach Öl abfackeln oder Infrarotstrahlen einsetzen. Die Chemie wiederum hält Calciumchlorid, Silikongel, Schwefelsäure, starke Alkalien oder Calciumoxid bereit. Die meisten dieser Optionen sind aber in der Praxis unbrauchbar, da zu teuer und zu giftig.
Houghton entschiedt sich bei seinen Experimenten für Calciumchlorid. Auf dem Grundstück des exzentrischen Millionenerben Edward Howland Robinson Green, direkt an der Atlantikküste, errichtete er einen Nebelbesen – ein Gerüst mit lauter feinen Düsen zum Aussprühen der
Chemikalie. Als dann eine fette Nebelbank vom Atlantik die Klippe hochkroch, empfing Houghton sie mit seinem Besen.
Erstaunt registrierte ein Reporter des Time Magazine, wie der Besen einen Tunnel der Klarsicht durch die Nebelbank schnitt. Originalton: «Wie dereinst bei Moses und den Israeliten.» Operation gelungen. Jedoch wegen der enormen Risiken und Nebenwirkung des Calciumchlorids war das Verfahren nicht zur Serienreife gelangt. In einem anderen Sinne war diese Operation ein Erfolg, nämlich als Bündelung nationaler Kräfte für ein ehrgeiziges Geoengineering-Projekt.
Der Historiker des Geoengineerings, James Rodger Fleming, sagt:
«Die Liste der Institutionen, die wegen ihrer finanziellen Unterstützung im Abschlussbericht aufgeführt werden, liest sich wie ein Who is Who des Militärisch-industriellen Komplexes im Jahre 1934. Diese Kombination der Unterstützung von Regierung, Privatwirtschaft und privaten Stiftungen war Teil eines dauerhaften Musters der Patronage.»
Silberjodid setzt sich als «Allheilmittel» der Wolkenmanipulation durch
Neben dem Militär beteiligten sich zum Beispiel die American Philosophical Society, das Handelsministerium der USA oder auch die Konzerne Dow Chemical und Edison Electric. Im Zweiten Weltkrieg entschiedt sich die britische Regierung für die Brachialmethode, im Nebel verhüllte Militärflugplätze durch gigantische Ölfackeln aufzuwärmen und auf diese Weise die eigene Luftflotte einsatzbereit zu halten.
Im Vietnamkrieg hat die Luftwaffe der USA ebenfalls den Nebel mit Ölfackeln vertrieben. Diese Methode war aber immer nur auf Sondersituationen begrenzt, und zwar wegen der enormen Materialkosten.
Wie aber kann man Wolken zum Regnen bringen oder dazu sich aufzulösen – je nach Bedarf? Bereits 1891 hatte Louis Gathmann in Chicago ein Patent angemeldet. Demnach sollte flüssige Kohlensäure durch Geschosse oder Ballone in die Wolken gesprüht werden. Der Niederländer August Veraart hatte dann 1931 festes Trockeneis von minus 78 Grad Celsius von einem Flugzeug aus in die Wolken ausgebracht. Impfte er nach Sonnenaufgang wachsende Haufenwolken, dann hörte das weitere Wachstum auf und man konnte sich auf einen Tag voll Sonnenschein freuen. Impfte er die Wolken am Mittag, fing es an zu regnen.
Veraarts Versuche wurden allerdings von den Wissenschaftlerkollegen ignoriert. Wieder einmal sammelte ein Amerikaner die Lorbeeren ein. Die Stadt Schenectady im Bundesstaat New York nennt man auch «Electric City», denn hier residiert General Electric, ein Riesenkonzern für Elektrogeräte. Und General Electric unterhält ein eigenes Versuchslabor, in dem hochrangige Wissenschaftler tätig sind, zum Beispiel Irving Langmuir.
Langmuir hat die Glühbirne perfektioniert, indem er sie mit Gas füllen ließ. Den Nobelpreis für Chemie erhielt er 1932 für Forschung zur Oberflächenspannung von Ölfilmen. Langmuir beschäftigte sich seit den 1940er Jahren zunehmend mit Meteorologie und Wetterbeeinflussung. Der Mann, der ihm seine Labortechnik einrichtete, hieß Vincent Schäfer, ein wissbegieriger Autodidakt, der schon als Heranwachsender seine Familie als Lehrling bei General Electric miternähren musste und deswegen nie einen Schulabschluss vorweisen konnte.
Langmuir ließ seinem Famulus freie Hand beim Experimentieren. Als Zauberlehrling Schäfer im Juli 1946 Trockeneis in die Tiefkühltruhe packte, entstand eine Wolke, die Millionen von Eiskristallen hervorbrachte. Im November desselben Jahres sprühte der begeisterte Bergsteiger Schäfer aus einem Flugzeug Trockeneis in den Wolkenhimmel über den Bergen von Massachusetts – und siehe da, es fing an zu schneien.
Da hinter Schäfer im Gegensatz zu Veraart eine starke Gemeinschaft stand, nämlich der Weltkonzern General Electric, entspann sich ein gewaltiger Presserummel. Waschkörbe von Briefen trafen bei General Electric ein. Leute aus dem Hinterland fragten: «Wir wollen Heiligabend um den Weihnachtsbaum echten Schnee haben und kein Popcorn – können Sie uns da helfen?» Skipistenbesitzer wollten Schnee nach der neuen Methode selber aus den Wolken melken. Und so weiter.
Zu Langmuirs munterer Labortruppe war 1925 Bernard Vonnegut gestoßen, der Bruder des Schriftstellers Kurt Vonnegut. Bernard Vonnegut hatte im Zweiten Weltkrieg am angesehenen Massachusetts Institute of Technology Studien zur Gaskriegsführung und zur Verhinderung von Flugzeugvereisung durchgeführt. Vonnegut machte nun auch Experimente in Schäfers Tiefkühltruhe. Die Suche galt Substanzen, die in ihrer Kristallstruktur den Eiskristallen am ähnlichsten waren. Bleijodid, Antimon und Silberjodid kamen in die engere Wahl. Silberjodid machte das Rennen – und von da an sollte sich bis zum heutigen Tag Silberjodid als das Allheilmittel in der Wolkenmanipulation durchsetzen.
Bernard Vonnegut war gar nicht so besonders glücklich, der geistige Vater der erfolgreichsten Wolkenmanipulationstechnik zu sein. Im Vergleich mit Trockeneis hält sich Silberjodid lange in der Atmosphäre, und seine Reaktion mit anderen Substanzen ist überhaupt noch nicht erforscht. So greift Vonnegut die kommerziellen Nutzer von Silberjodid scharf an. Originalton:
«Sie spielen mit dem Feuer, wenn Sie diesen Stoff überall ausbringen. Und ich denke, es ist eine Schande, dass sie keinerlei Sinn für öffentliche Verantwortung zeigen, insbesondere wenn sie leugnen, dass er eine Wirkung mit großer Reichweite hat. Die Atmosphäre über Hunderte und Tausende von Kilometern zu verpesten, wobei es Gott weiß was für eine Wirkung hinterlässt, ist eine gefährliche Sache»
Tatsächlich begann unmittelbar nach Bekanntwerden der epochalen Entdeckung des Silberjodids als Regenzauberelixir durch Vonnegut eine Welle von Firmengründungen im Bereich Wolkenmanipulation. Vor allem im Westen und in der Mitte der USA nahmen Farmer die Dienste der neuen Regenmacher in Anspruch, und wieder kam es zu Schadensersatzklagen, wie schon
1916 in San Diego, weil Dämme brachen oder der Regen zu heftig war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg: Die Entdeckung des Wetters als Waffe
Der zweite Weltkrieg war vorbei, die Achsenmächte niedergerungen – und schon sondierte das US-Militär neue Kriegstechniken. Nicht nur Atombomben waren von Interesse, auch das Wetter wurde als Waffe entdeckt. Das «Project Cirrus» war eine Versuchsreihe auf der Grundlage der Wolkenmanipulationen mit Trockeneis und Silberjodid. Zwischen 1947 und 1952 manipulierte die US-Luftwaffe Wolken in den Bundesstaaten New York und New Mexico, in Puerto Rico sowie über dem Atlantischen Ozean.
Angeblich ging es darum, gefährliche Hurrikane von menschlichen Siedlungen abzulenken. Um den Hurricane King im Jahr 1947 abzuschwächen, schossen Flugzeuge 80 Pfund Trockeneis in die Wolken. Es darf bezweifelt werden, dass das Militär tatsächlich nur den Schutz der Bevölkerung im Sinn hatte. Eine Studie aus jenen Jahren nimmt kein Blatt vor den Mund. Zweck von «Project Cirrus» sei es, feindliche Truppen in Schnee und Regen festfahren zu lassen, Flugpisten so kostengünstig wie möglich vom Nebel zu befreien sowie angefachte Stürme mit bakteriellem oder radioaktivem Material zu infizieren.
1951 trafen sich die Chefs der US-Streitkräfte beim legendären Weltkriegsgeneral Omar Bradley zum «Ad hoc Committee on Artificial Cloud Nucleation», also dem Ausschuss für künstliche Wolkenkondensationskernbildung. Den Vorsitz führte der Norweger Sverre Petterssen. Mit verschiedensten Techniken wurden daraufhin die Wolken über Westdeutschland oder Grönland traktiert.
Jene frühen 1950er Jahre erlebten eine Reihe von extremen Experimenten mit Atombomben, Wasserstoffbomben und unethischen Menschenversuchen. Ungeniert wurde die Umwelt zum Versuchsfeld für Dr. Seltsam und seine Freunde. Die meteorologischen Auswirkungen von Atombombenversuchen wurden untersucht. Man versuchte Kondensstreifen zu unterdrücken und schoss kleine taktische Raketen zur Wolkenimpfung in die Luft.
Der US-Kongress in Washington richtete 1953 ein Advisory Committee on Weather Control ein, also einen beratenden Ausschuss zur Wettersteuerung. Der Ausschussvorsitzend Howard T. Orville berichtete 1954 in der Zeitschrift Collier’s unter dem Titel «Das Wetter in Ordnung bringen» über die Gedankenspiele der ehrwürdigen Abgeordneten. Hierbei deutete Orville an, dass man zukünftig unliebsame Staaten mit manipuliertem Wetter zur Raison bringen könne.
1954 erlebte «Project Cirrus» mit dem Nachfolgeprojekt «Storm Fury» eine Steigerung. Die Hurrikane Carol, Edner and Hazel sollten abgeschwächt werden. Dem Hurrican Daisy rückten die Wetterkrieger mit starken Dosen Silberjodid zu Leibe, um die wilde Dame von Floridas Küste abzulenken. 1963 protestierte sogar der kubanische Führer Fidel Castro, die USA hätten den
Hurricane Flora nach Kuba abgeschoben – und Mexiko beschwerte sich, die nördlichen Nachbarn hätten ihm eine Dürre beschert. Während im Falle von Kuba und Mexiko die Urheberschaft nicht eindeutig geklärt werden konnte, ist der Zusammenhang zwischen Wettermanipulation der US-streitkräfte und dem Wettergeschehen im Vietnamkrieg amtlich bestätigt.
Schon die Franzosen hatten vor ihrem Debarkel von Điện Biên Phủ 1954 versucht, die Vietnamesen mit manipuliertem Regen zu lähmen. Zwischen 1966 und 1972 hatten die US-Streitkräfte dem Vietcong enormen Extraregen beschert. Die vietnamesischen Widerstandskämpfer transportierten ihre Kriegsgüter auf Fahrrädern im Schutz des Dschungels auf dem sogenannten Ho-Chi-Minh-Pfad durch die Nachbarländer Laos und Kambodscha.
Weil sich die Amerikaner mit Laos und Kambodscha nicht im Kriegszustand befanden, blieb nur die Möglichkeit, so viel Regen in die Gegend zu schicken, dass die Partisanen im Schlamm versinken. Wieder einmal impfte man die Wolken mit Silberjodid. Bei diesem Unternehmen mit dem Namen «Project Popeye» gelang es, die Monsunsaison um 30 Tage zu verlängern. Zudem hatte der US-Geheimdienst CIA über protestierenden Mönchen in Südvietnam Regen ausgebracht, um deren Demonstrationen buchstäblich ins Wasser fallen zu lassen.
Es half indes nicht viel. Die USA verloren den Vietnamkrieg trotzdem. Zwar nicht militärisch, aber der Einsatz so vieler Wehrpflichtiger Soldaten im tropischen Morast war auf die Dauer nicht durchzuhalten. Durch die berühmten «Pentagon Papers», einer Sammlung von internen verteidigungspolitischen Dokumenten, die dank des Journalisten Seymour Hersh an die Öffentlichkeit gebracht wurden, konnte man sich ein Bild machen von den Dimensionen, die die Wettermanipulation mittlerweile angenommen hatte. Die US-Bürger waren schockiert und empört, der Druck der öffentlichen Meinung führte schließlich zu einer internationalen Konvention gegen Manipulation der Umwelt zu kriegerischen Zwecken.
Auf der Ebene der Vereinten Nationen trat 1978 die als Environmental Modification Convention, kurz ENMOD, bezeichnete Konvention in Kraft – voller Name «Prohibiting Environmental Modification as a Weapon of War». Alle bedeutenden Nationen sind dieser Vereinbarung beigetreten.
Zunächst einmal ist festzuhalten: Die ENMOD verbietet lediglich Wettermanipulationen zu kriegerischen Zwecken. Doch, so findet der Wetterhistoriker James Rodger Fleming, wird durch die schwammige Ausdrucksweise die Anwendung von Wolkenimpfung in der Kriegsführung, die Umleitung von Hurrikanen sowie anderer Techniken auf niederer Reichweite legitimiert. Sogenannte «friedliche» Wetter- und Klimamanipulationen sind bis dato nicht untersagt.
Im Grunde war ENMOD lediglich der Ansporn für die kriegerischen Großmächte, ihre Wettermanipulation ab sofort subtiler, verfeinerter und ungleich diskreter durchzuführen als vor 1978. Seit jenem Datum sind wir auf Indizien angewiesen. Wir können ab jenem Zeitpunkt nur anhand von Thesenpapieren der militärischen und zivilen Vordenker der Wetter- und Klimamanipulationsszene – oder zeitgenössisch: des Geoengineerings – herausfiltern, was heutzutage möglich ist und was aktuell schon unternommen wird.
Wir lernen aus der Vergangenheit, wie wir die Zukunft besser machen.
***
Dieser Beitrag wurde vor vier Jahren zum ersten Mal bei Apolut veröffentlicht.
Kommentare