Lassen Sie mich etwas nostalgisch werden wegen einer Band, die bestimmt viele von uns durch unsere Jugend und auch später begleitet hat: Pink Floyd. Und ganz besonders wegen dem Band-Mitbegründer Roger Waters.
Der westliche mediale Mainstream, insbesondere die BBC, hat jüngst behauptet, dass Roger Waters einen Ballon als Schwein über seinem Konzert in Berlin fliegen liess.
Das Schwein soll zudem noch einen Davidstern getragen haben. All das entpuppte sich als Lüge. Zwar wurde dies dem Auditorium offenbar nie zugemutet. Aber die BBC darf das ohne Konsequenzen behaupten, ohne Entschuldigung, ohne ein Angebot der Richtigstellung oder des Widerrufs zu machen.
Ich bin davon schockiert, aber ganz ehrlich gesagt auch nicht wirklich überrascht. Es sind die Anstrengungen des Systems, einen hervorragenden, legendären Musiker und seine Restkarriere – Roger Waters ist über 70 Jahre alt – böswillig zu zerstören.
Sein Verbrechen ist sein kritischer Geist gegenüber der Corona-Politik, gegenüber Israel, gegenüber dem Ukraine-Krieg oder auch gegenüber der Inhaftierung von Julian Assange. Für die Freilassung des WikiLeaks-Gründers setzt sich Waters tatkräftig ein.
Die Qualitätsmedien, angeführt in diesem Fall von der BBC, werden nicht müde, uns zu erzählen, dass Roger Waters ein Faschist sei – Tag aus, Tag ein. Sein Vater starb im Kampf gegen den Faschismus im Zweiten Weltkrieg in Italien.
Roger Waters selbst hat einige der eindrücklichsten Antifaschismus-Songs in englischer Sprache geschrieben und performed. Und gerade auch deshalb ist er legitimiert, seinen Mund aufzumachen.
Die Folge davon: Eine Ikone des Freigeistes wird systematisch sozial skelettiert. Bei uns im Westen. In Sao Paolo in Brasilien mussten sie spontan ein zweites Konzert organisieren, weil so viele Menschen Roger Waters sehen wollten.
Im anfangs erwähnten Konzert in Berlin hat Roger Waters einen Ausschnitt seines Schaffens mit Pink Floyd performed, den die Band über Jahrzehnte gespielt hat: «The Wall» – oder genauer gesagt: «Another Brick in the Wall». Nicht mehr und nicht weniger als eine antifaschistische Parodie. Wo ist es besser, diese zu performen als in Berlin? (…)
Sein Konzert in Frankfurt versuchte man zu verhindern – vergebens. Das Konzert war ein weiteres Mal ausverkauft. Es sind alles hilflose Zeichen einer verzweifelten Elite, die einem Verhinderungs-, Zensur- und Cancel-Kultur-Kult frönt, der auf immer mehr Widerstand stösst.
All dies geschieht während der Katzenchor im Westen jedes Mal vielstimmig und frenetisch den Refrain «Journalismus ist kein Verbrechen!» singt. Zumindest dann, wenn ausserhalb des Westens ein Journalist verhaftet wird. In dieser hyänenartigen Echokammer wird jedoch einer vergessen, der immer noch im Belmarsh-Gefängnis langsam vor sich hin verrottet: Julian Assange. (…)
Auch andere kritische Medienschaffende im Westen haben einen schweren Stand. Darunter der britische Journalist Kit Klarenberg. Er schreibt für die Plattform The Grayzone unter anderem über die unangenehme Rolle der CIA und Saudi-Arabiens im Zusammenhang mit 9/11.
Metropolitan Police Officers hatten Klarenberg kürzlich verhört, nachdem er im London-Luton-Flughafen gelandet war. (…) Sie befragten ihn hinsichtlich seiner Einstellung zum britischen Premier Rishi Sunak.
Ich frage Sie: Muss ein Journalist überhaupt eine Meinung zu Sunak haben? Muss man – wie bei Klarenberg geschehen – alles, was auf dem Laptop, Smartphone und Tablet eines Journalisten ist, runterkopieren? Nur um dessen Meinung über den nicht gewählten Premier zu erfahren? Solche Menschen singen gleichzeitig im Katzenchor «Journalismus ist kein Verbrechen!» (…)
Die BBC und auch andere Stationen werden nicht müde, uns zu erklären, dass der Kosovo ein eigenständiger Staat ist. Nur: Das ist er nicht. Er war es auch nie, wie auch Roger Köppel in Weltwoche Daily richtig bemerkt hat.
Nicht einmal alle EU-Staaten akzeptieren den Kosovo als eigenständigen Staat. Spanien tut sich zum Beispiel sehr schwer mit der Akzeptanz der Existenz des Kosovos. (…) Eine grosse Mehrheit der Länder auf dieser Welt erkennt den Kosovo als Staat nicht an, auch die Vereinten Nationen übrigens nicht.
Was also haben dort NATO-Truppen zu suchen? Könnte es sich – ich frage ja nur, denn wer fragt, ist ein Narr für fünf Minuten, wer nicht fragt, ein Narr fürs Leben – denn um eine illegale Besetzung eines Teils von Serbien handeln? Kosovo liegt in Serbien.
Ich hatte viel mit Serben zu tun, die nicht immer ganz einfach sind als Patienten. Stolz, aber auch dankbar und respektvoll. Ich mag mich an keinen erinnern, der nicht sein Leben dafür gegeben hätte, um das zu verteidigen, was als Restsouveränität des einst stolzen Jugoslawiens übriggeblieben ist, dem einstigen Vielvölkerstaat (…).
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Dies ist der leicht gekürzte Newsletter von Marco Caimi. Caimi ist Arzt, Kabarettist und Publizist: www.caimi-report.ch
Öffentliche Auftritte unter www.megaschwiizer.ch
Seit Ende Mai veröffentlicht Caimi auf seinem YouTube-Kanal einen Mittwochskommentar.
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