Pro-palästinensische Stimmen im deutschen Kultursektor seien seit den Angriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober, welche die derzeitige Gaza-Offensive der israelischen Verteidigungskräfte IDF auslösten, zum Schweigen gebracht worden. Dies berichtet Euronews und nennt einige Beispiele.
Im November dieses Jahres wurde Oyoun die staatliche Förderung entzogen. Dabei handelt es sich um eine Berliner Kultureinrichtung, die «künstlerisch-kulturelle Projekte durch dekoloniale, queer*feministische und migrantische Blickwinkel erdenkt, entwickelt und umsetzt». Offiziell wurde dazu verlautbart, dass die Förderung, die eigentlich bis 2025 gewährt werden sollte, nicht über das Jahresende hinaus verlängert werde.
Die Entscheidung soll getroffen worden sein, nachdem Oyoun eine Veranstaltung für die «Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost» durchgeführt hatte. Das ist eine jüdisch geführte Organisation, die die Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionsbewegung (BDS) gegen Israel unterstützt hat. Im Jahr 2019 stufte der deutsche Bundestag die BDS-Bewegung als antisemitisch ein.
Es sei auch nicht das erste Kulturinstitut, das unter Druck gerate, nachdem es Unterstützung für Palästina bekundet habe in einem Konflikt, bei dem über 20’000 Palästinenser und über 1200 Israelis getötet sowie über 200 entführt worden seien, so Euronews weiter.
Die News-Seite erinnert an die Frankfurter Buchmesse, bei der im Oktober eine Preisverleihung für die in Palästina geborene und in Berlin lebende Schriftstellerin Adania Shibli abgesagt bzw. offiziell «verschoben» worden sei. Ihr Roman «Eine Nebensache» war kritisiert worden, weil er angeblich antisemitische Klischees enthalte.
Die deutsche Fotografie-Biennale sagte ihre Tournee, die für März 2024 angesetzt war, ab, nachdem sich die Gastgeberstädte Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg über angeblich antisemitische Social-Media-Inhalte des bangladeschischen Fotojournalisten Shahidul Alam beschwert hatten. Alam habe inzwischen erklärt:
«Ich bin ein Antizionist, das heisst, ich bin gegen Kolonialismus, Siedlerkolonialismus, Rassismus, Apartheid und Völkermord. (...) Ich bin kein Antisemit, und es ist sehr bedauerlich, dass Deutschland sich dafür entscheidet, die beiden in einen Topf zu werfen.»
Die in Berlin lebende jüdische Schriftstellerin Deborah Feldman habe sich über die Schwierigkeiten geäussert, mit Deutschen über Israel-Palästina zu diskutieren. Ihr Fazit: «Die Deutschen neigen dazu, jeden Versuch eines konstruktiven Gesprächs mit der beliebten Floskel abzubrechen, das Thema sei ‹viel zu kompliziert›.»
Angesichts des «langjährigen Versuchs Deutschlands, vergangene Gräueltaten gegen jüdische Menschen wiedergutzumachen», sei es keine Überraschung, dass das Land eine entschiedene Pro-Israel-Position einnehme, argumentiert das Portal. Das – international zunehmend als unmenschlich anerkannte – Vorgehen der IDF als unantastbar zu betrachten, sei jedoch nicht dasselbe wie die Bekämpfung von Antisemitismus.
Der Bericht schliesst mit den Worten:
«Ein pauschales Verbot künstlerischer Äusserungen, die sich mit der Behandlung der palästinensischen Bevölkerung befassen, die von der aktuellen Gewalt betroffen ist, ist nicht nur ungesund für den Kultursektor, sondern auch grundlegend undemokratisch.»
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