Krieg wird nicht nur mit Waffen, sondern auch über die Kontrolle der öffentlichen Meinung geführt. Das weiß auch die israelische Regierung. So setzt sie gezielt auf Propaganda, um sein Image insbesondere in Europa zu verbessern. Dazu gehört eine groß angelegte Kampagne auf YouTube.
Wie L’Indipendente berichtet, bezahlte die Government Advertising Agency, die staatliche Werbeagentur Israels, seit dem 13. Juni dutzende Millionen Anzeigen auf YouTube. Zudem habe das israelische Außenministerium Ende 2024 ein Budget von 150 Millionen Dollar für sogenannte «öffentliche Diplomatie» erhalten, 20 Mal mehr als in früheren Jahren. Ziel dieser Maßnahmen ist es, das angekratzte internationale Ansehen Israels zu reparieren, denn zunehmend distanzieren sich nicht nur die Bevölkerung, sondern auch Regierungen vom israelischen Kurs.
In den YouTube-Werbespots wird Israel als humanitärer Akteur dargestellt, als Helfer der Palästinenser und Verteidiger westlicher Zivilisation. Damit betreibt Israel laut dem Portal eine «kognitive Kriegsführung», eine gezielte Beeinflussung der Wahrnehmung und Deutung von Ereignissen.
Die Länder, auf die sich die Propagandakampagne Israels hauptsächlich konzentrierte, sind laut L’Indipendente Großbritannien, Frankreich, Italien, Deutschland und Griechenland. Der jüdische Staat habe es hingegen versäumt, die öffentliche Meinung in den Ländern zu berücksichtigen, deren Regierungen seine Handlungen offiziell verurteilt haben, wie Spanien und Irland.
Im letzten Monat seien die vom israelischen Außenministerium auf YouTube hochgeladenen Videos allein auf der von Google kontrollierten Multimedia-Plattform 45 Millionen Mal angesehen worden. Die Spots würden sich hauptsächlich mit der Frage der humanitären Hilfe Israels für Gaza und der angeblichen iranischen Bedrohung befassen.
In einem der Videos präsentiert sich Israel beispielsweise als Wohltäter der palästinensischen Bevölkerung und behauptet, dass es in Gaza «eine der umfangreichsten humanitären Operationen der Welt» durchführt und dass dies alles «im Einklang mit dem humanitären Völkerrecht» geschehe. Das Video endet mit einer Stimme aus dem Off, die sagt: «Wahre Hilfe ist sichtbar. Ein Lächeln lügt nicht. Die Hamas lügt.»
Wie Strategic Culture Foundation mitteilte, bezeichnete Francesca Albanese, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die besetzten palästinensischen Gebiete, den Werbespot als «skandalös» und stellte YouTube direkt zur Rede: «Wie kann so etwas erlaubt sein?» Das Video wurde aus Italienisch, Französisch, Deutsch und Griechisch übersetzt und allein auf YouTube drei Millionen Mal angesehen.
Was den Iran betrifft, rechtfertigt Israel seinen Angriff mit dem Argument, es habe sich um einen notwendigen Präventivschlag gehandelt, um zu verhindern, dass «das gefährlichste Regime der Welt» in den Besitz «der gefährlichsten Waffe der Welt» gelangt. Ein Video hebt dabei hervor, dass Israel nur militärische Ziele und hochrangige Mitglieder des iranischen Militärs angegriffen habe, während der Iran gezielt auf Zivilisten geschossen habe. L’Indipendente weist jedoch darauf hin, dass laut Reuters bei den israelischen Angriffen auf Teheran 935 iranische Zivilisten getötet wurden, während der Times of Israel zufolge auf israelischer Seite 28 zivile Todesopfer durch iranische Raketen gezählt wurden.
Israels Propagandakampagne über Gaza wird gemäß L’Indipendente durch Fakten widerlegt: Obwohl Israel behauptet, täglich Millionen Mahlzeiten in Gaza zu verteilen, würde sich die Hungersnot in der Region dramatisch verschärfen. Das Portal erwähnt dabei die Weltgesundheitsorganisation (WHO), laut der die Palästinenser an einer «von Menschen verursachten Massenhungersnot» sterben. Über 100 NGOs warnen ebenfalls vor einer unmittelbar bevorstehenden Katastrophe.
Gleichzeitig hat eine interne Untersuchung der US-Behörde USAID keine Hinweise auf Lebensmittel-Diebstahl durch die Hamas gefunden. Reuters berichtete exklusiv, dass keine US-finanzierten Lieferungen Hamas zugutekamen.
L’Indipendente stellt zudem fest, dass die WHO und Ärzte vor Ort von vermehrten Todesfällen durch Unterernährung berichteten, während die UNO schätze, dass mehr als 1000 Palästinenser bei der Suche nach Lebensmitteln durch israelische Truppen getötet wurden, die meisten nahe Verteilzentren.
Das italienische Portal ist somit der Ansicht, dass die von Israel geförderten Werbespots eine regelrechte Umkehrung der Realität darstellen, «indem sie die Standardtechniken des sogenannten kognitiven Krieges anwenden, der eine verstärkte Version des Informationskrieges ist». Nach der Definition der NATO werde «im kognitiven Krieg der menschliche Geist zum Schlachtfeld. Das Ziel besteht darin, nicht nur zu verändern, was die Menschen denken, sondern auch, wie sie denken und handeln».
Diese Definition scheine den Zielen Israels zu entsprechen, die Überzeugungen der öffentlichen Meinung über sein Handeln zu beeinflussen, da es derzeit mehr denn je in seiner Geschichte notwendig sei, sein Image aufzupolieren. Dabei werde der jüdische Staat durch seine privilegierten Beziehungen zu den Giganten des Silicon Valley, darunter Google, enorm unterstützt. Die Times of Israel merkt dabei an, dass «die internationale Unterstützung für Israel drastisch zurückgegangen ist». L’Indipendente schließt:
«Auch wenn es derzeit nicht so aussieht, als hätte die von Israel gestartete Medienkampagne die gewünschten Ergebnisse gebracht, bestätigt die Aktion des jüdischen Staates doch die Bedeutung der Kontrolle der öffentlichen Meinung und der Manipulation sowie den schweren Imageschaden, den Israel auf internationaler Ebene erleidet. Mit anderen Worten: Auch Demokratien, ob echte oder vermeintliche, sind Meister in der Kunst der Propaganda.»