Deutschlands prekäre wirtschaftliche Lage macht auch im Ausland Schlagzeilen. So veröffentlichte ZeroHedge einen Beitrag des deutschen Wirtschaftswissenschaftlers Thomas Kolbe, in dem es um Deutschlands Welle von Insolvenzen geht. Kolbe zufolge ist die wirtschaftliche Situation im dritten Jahr einer anhaltenden Rezession «alarmierender als während der Finanzkrise 2009». Die «Todesspirale» deutscher Unternehmen habe dramatische Ausmaße erreicht.
Kolbe verweist auf Angaben des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), laut denen es im zweiten Quartal 2025 die höchste Zahl an Insolvenzen von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften seit 20 Jahren gab. Trotz eines leichten Rückgangs im Juni bleibe der Trend bestehen:
«Die wirtschaftliche Substanz Deutschlands schwindet – und mit ihr verabschiedet sich die Nation still und leise von ihrem Wohlstand.»
Allein im Juni zählten die IWH-Ökonomen 1420 Unternehmensinsolvenzen – ein Rückgang von 4 Prozent gegenüber Mai, doch ein Anstieg von 23 Prozent gegenüber Juni 2024. Die Zahlen liegen auch um mehr als 50 Prozent über dem Durchschnitt vor dem Lockdown. In wirtschaftlich starken Bundesländern wie Bayern und Hessen stiegen die Insolvenzen überproportional um 80 beziehungsweise 79 Prozent. Insgesamt wurden im zweiten Quartal 2025 4524 Unternehmensinsolvenzen verzeichnet – 7 Prozent mehr als im ersten Quartal.
Kolbe zufolge führen Ökonomen dies nicht nur auf die anhaltende Rezession zurück, sondern auch auf eine längst überfällige Marktkorrektur nach Jahren extrem niedriger Zinsen durch die Europäische Zentralbank. Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung am IWH, drückt es so aus:
«Viele Jahre lang haben extrem niedrige Zinsen Insolvenzen verhindert, und während der Pandemie haben staatliche Hilfen bereits geschwächte Unternehmen am Leben erhalten.»
Kolbe bemängelt, dass dieser strukturelle Bruch auf ein «Vakuum in der Wirtschaftspolitik» trifft. Die IWH-Analyse verschweige tiefere strukturelle Probleme und politische Fehlentscheidungen, die jedoch entscheidend für Deutschlands wirtschaftliche Isolation seien. Hohe Energiekosten, Überregulierung und Steuerbelastungen – gemessen an internationalen Standards – würden Unternehmen entweder in die Insolvenz oder ins Ausland treiben. Die Arbeitnehmer spürten nun zunehmend die Auswirkungen.
Der Wirtschaftswissenschaftler erwähnt eine Analyse der Beratungsfirma Ernst & Young, über die Business Insider berichtete. Demnach werden bis 2025 voraussichtlich über 100.000 Arbeitsplätze abgebaut, insbesondere im Industriesektor, gemäß Kolbe «das Hauptopfer der Energie- und Regulierungskrise». Seit der Zeit vor «Covid» habe die deutsche Industrie rund 10 Prozent ihres Produktionsvolumens verloren. Kolbe weiter:
«Für sich genommen ähnelt der Sektor eher einer Depression als einer Rezession. Unter den derzeitigen Bedingungen ist eine Rückkehr zu einem nachhaltigen Wachstumspfad unwahrscheinlich.»
Auch der stark betroffene Bausektor leide. Nachdem er 2020 und 2021 noch eine stabilisierende Kraft gewesen sei, sei die Bautätigkeit seit 2022 eingebrochen. Die reale Bauleistung sei 2024 um 4 Prozent gesunken, und für 2025 werde ein weiterer Rückgang um 2,5 bis 3 Prozent erwartet. Insgesamt werde das reale Bauvolumen 2025 um 10 bis 12 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen.
Was das geplante, mit Schulden finanzierte Konjunkturprogramm in Höhe von 847 Milliarden Euro über vier Jahre betrifft, das hauptsächlich für militärische Aufrüstungen und Infrastrukturmaßnahmen vorgesehen ist, ist Kolbe der Ansicht, dass der Großteil dieser Mittel wahrscheinlich dazu verwendet werden wird, die Löcher im «ausblutenden Sozialversicherungssystem Deutschlands» zu stopfen. Der Wirtschaftswissenschaftler erläutert:
«Allein für 2025 wird ein Defizit der Sozialversicherung von mindestens 140 Milliarden Euro erwartet. Die Bundesregierung muss diese Lücke schließen, um eine Spirale von Folgekosten zu vermeiden. Wenn dies geschieht, werden die ehrgeizigen Investitionspläne der Merz-Regierung scheitern.
Deutschland ist zu einem sozioökonomischen Problemfall geworden – und seine Politiker klammern sich an das veraltete keynesianische Drehbuch. Staatliche Ausgaben, finanziert durch Schulden und gestützt durch die Zinspolitik der EZB, sollen die Wirtschaft ankurbeln. Aber das wird nicht passieren. Nur der Markt kann knappes Kapital effizient für produktive Zwecke einsetzen, die Wohlstand schaffen. Berlin hat diese Realität noch nicht begriffen.»
Das jüngste Handelsabkommen zwischen den USA und der EU wird gemäß Kolbe die Lage zusätzlich verschärfen. Es werde Deutschland im ersten Jahr rund 6,5 Milliarden Euro an Zöllen kosten. Weitaus schädlicher werde jedoch die zunehmende Abwanderung von Unternehmen sein, die ihre Aktivitäten in die USA verlagern, um Zölle zu vermeiden, «es sei denn, Deutschland ändert sein Zollsystem». Kolbe weiter:
«Die Schuldenorgie der Merz-Regierung könnte die Insolvenzwelle kurzzeitig verzögern, indem sie die Märkte mit künstlichem Kapital überschwemmt. Aber das verschiebt nur die unvermeidliche Abrechnung – eine Säuberung subventionierter Zombie-Unternehmen, die von billigen Krediten oder EU-Green-Deal-Zuschüssen profitiert haben.»
Der Wirtschaftswissenschaftler kritisiert den Interventionismus der Regierung Merz und die «orthodoxe grüne Transformation». Es werde daher keine Rückkehr zu einer marktwirtschaftlichen Politik geben. Kolbe schließt:
«Deutschland hat immer noch das politische Gewicht, um die Transformationsagenda Brüssels zu torpedieren und eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Vernunft zu erzwingen. Bislang haben jedoch die rasante Deindustrialisierung und die anhaltende Rezession des Landes keine kritische Neubewertung seines politischen Kurses ausgelöst.»