Am Dienstag ist der ehemalige uruguayische Präsident José «Pepe» Mujica im Alter von 89 Jahren an Speiseröhrenkrebs gestorben, an dem er seit etwas mehr als einem Jahr litt. Als Mitglied der Guerillagruppe Tupamaro war er 14 Jahre lang unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert. Nachdem er seine Freiheit wiedererlangt hatte, schloss er sich der Organisation Frente Amplio an, mit der er 2010 Präsident wurde. Das Amt hatte er bis 2015 inne.
Mujica gilt als Bezugspunkt für die lateinamerikanische Linke, die in ihm ein Beispiel für gute Regierungsführung, politische Konsequenz und Realismus sieht. Über seine Überlegungen wurde in der Presse häufig berichtet, da sie als Lektionen für das Leben in Echtzeit angesehen wurden.
Mujica wurde als der ärmste Präsident der Welt betrachtet. Wie kein anderer Politiker entschied er sich dafür, nicht wie die Reichen und Privilegierten, sondern wie die Armen seines Landes zu leben. Er kürzte sein Gehalt um 90 Prozent und wohnte weiterhin in einem bescheidenen Haus auf dem Lande in Uruguay. Die Times Higher Education nannte ihn 2015, in Anspielung auf Platons Konzept des «Philosophenkönigs», den «philosophischen Präsidenten».
l’AntiDiplomatico hat zehn der emblematischsten Aussagen von Mujica zusammengetragen, die wir mit freundlicher Genehmigung des italienischen Portals hier wiedergeben:
1. «Das Leben ist ein schönes Abenteuer und ein Wunder. Wir sind zu sehr auf den Reichtum und nicht auf das Glück konzentriert. Wir konzentrieren uns nur darauf, Dinge zu tun, und wenn man das merkt, ist das Leben umsonst gewesen. Ich habe es sehr gut gelebt. Mein Leben ist ein bisschen wie ein Roman. Die Präsidentschaft ist nur eine Kleinigkeit, ein zusätzliches Kapitel. Außerdem hatte ich gar nicht die Absicht, Präsident zu werden. So ist es gelaufen», sagte er in einem Interview mit der chilenischen Wochenzeitung El Siglo im vergangenen Januar, als er bereits wusste, dass seine Krankheit unheilbar war.
2. «Ich habe 14 Jahre im Gefängnis verbracht [...]. In der Nacht, in der sie mir eine Matratze gaben, fühlte ich mich wohl, und ich lernte, dass man nicht mit vielen Dingen glücklich sein kann, wenn man nicht mit ein paar Dingen glücklich sein kann. Die Einsamkeit des Gefängnisses hat mich viele Dinge schätzen lassen», erklärte Mujica bei einer anderen Gelegenheit und bezog sich dabei auf seine 14 Jahre im Gefängnis. Diese harte Erfahrung hat, wie er mehrfach sagte, seine Sicht auf die Welt verändert.
3. «In meinem Garten habe ich jahrzehntelang keinen Hass gezüchtet. Der Hass macht uns am Ende dumm, weil er uns die Objektivität gegenüber den Dingen verlieren lässt. Der Hass ist so blind wie die Liebe, aber die Liebe ist schöpferisch, während der Hass uns zerstört.» Er ergänzte, dass er trotz der Jahre der schrecklichen Gefangenschaft keinen Groll hege.
4. «Ja, ich bin müde, aber das wird erst an dem Tag enden, an dem man mich in den Sarg legt, oder wenn ich ein seniler alter Mann bin», so der ehemalige Präsident bei seinem offiziellen Ausscheiden aus der Politik. In diesem Sinne blieb er aktiv und empfing bis ans Ende seiner Tage Menschen auf seinem Hof.
5. «Ich gehöre zu einer Generation, die die Welt verändern wollte, ich wurde zermalmt, besiegt, pulverisiert, aber ich träume weiter davon, dass es sich lohnt, dafür zu kämpfen, dass die Menschen ein wenig besser und gleichberechtigter leben können», sagt er über seine politischen Ansichten, die sich von der radikalen Linken hin zu Positionen bewegten, die der Sozialdemokratie näher standen.
6. Mujica verteidigte das Eingreifen des Staates in Fragen wie dem freiwilligen Schwangerschaftsabbruch. «Durch die Legalisierung und Intervention kann man sicherstellen, dass viele Frauen ihre Entscheidung rückgängig machen, insbesondere diejenigen, die aus den ärmsten Verhältnissen kommen oder allein sind», schätzte er in diesem Zusammenhang ein.
7. «Was erregt die Aufmerksamkeit der Welt? Dass ich mit wenig Geld in einem einfachen Haus lebe, dass ich ein altes Auto fahre. Sind das Neuigkeiten? Dann ist diese Welt verrückt, denn sie wundert sich über das, was normal ist», machte der Linken-Chef in Anspielung auf seinen sparsamen Lebensstil klar, der im Gegensatz zum üblichen Lebensstil vieler Politiker steht.
8. «Die Armen sind nicht diejenigen, die wenig haben. Es sind diejenigen, die viel haben wollen. Ich lebe nicht in Armut, ich lebe mit Sparsamkeit, mit Verzicht. Ich brauche wenig zum Leben.». So erklärte Mujica seinen Standpunkt zu dem minimalistischen Leben, das er gewählt hatte.
9. «Meiner Ansicht nach wird es in Zukunft Teilregierungen geben; das Bildungswesen wird seine eigene Regierung haben, die Industrie ihre eigene, und es wird eine zentrale Regierung geben. Aber diese wird den anderen nicht vorschreiben, was sie tun sollen, sondern was sie nicht tun dürfen, weil jede Regierung dazu neigt, über das Ziel hinauszuschießen. Da man die Unermesslichkeit der Welten, die sie bedeuten, nicht kennt, muss es Spezialisten geben – man kann nicht alles wissen», erklärte er im Hinblick auf die Zukunft demokratischer Systeme.
10. Einer der berühmtesten Aussagen von Mujica lautet: «Das Leben ist nicht nur Arbeit. Man muss der Verrücktheit in jedem von uns ein schönes Kapitel überlassen, denn wenn man etwas aus Pflichtgefühl tut, ist man nicht frei. Man ist frei, wenn man seine Zeit Dingen widmet, die einen motivieren.»
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