«Y», ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, hat unter anderem die berüchtigte Agentur verklagt. Haaretz zufolge behauptet er, dass er vom Inlandsgeheimdienst Shin Bet unter erniedrigenden und harten Bedingungen verhört wurde, was seine Gesundheit schwer beeinträchtigt habe. Es sei wahrscheinlich das erste Mal, dass ein ehemaliger Mossad-Agent die Organisation wegen angeblicher Folter verklagt und eine Entschädigung fordert, in diesem Fall in Höhe von 300.000 Schekel (ca. 73.000 Euro).
Der Fall war laut Haaretz etwa anderthalb Jahrzehnte lang durch einen Maulkorberlass geschützt, der vom Mossad, der Shin Bet, der Polizei und der Staatsanwaltschaft Haifa verhängt wurde, angeblich zum Schutz der Staatssicherheit. Nachdem der Journalist Yossi Melman im Namen von Haaretz eine Aufhebung dieser Sperre erwirkt hatte, wurde nun bekannt, dass die Anklagen gegen Y im Jahr 2015 fallengelassen wurden.
Y behauptet, dass die Verhöre, bei denen er mit gefesselten Händen und Füßen sowie einem Sack über dem Kopf misshandelt wurde, seine Gesundheit erheblich verschlechtert hätten. Die Shin Bet-Ermittler seien zudem aggressiv gegen ihn vorgegangen und hätten ihn unter Druck gesetzt, gedemütigt und hungern lassen.
Die Staatsanwaltschaft, der Mossad, der Shin Bet und die Polizei weisen gemäß der Zeitung alle Vorwürfe zurück. Sie argumentieren, dass Y geheime Dokumente aus dem Mossad entwendet habe. Zudem verweisen sie auf die Verjährung der Vorwürfe. Y zufolge verzögerten die Behörden das Verfahren absichtlich.
Y hatte über 25 Jahre lang verschiedene operative und leitende Positionen bei Sicherheitsbehörden wie der Shin Bet und dem Mossad inne, erklärt Haaretz. Nach seiner Pensionierung Ende der 1990er Jahre habe er ein Büro für Privatdetektiv- und Wirtschaftsermittlungen in Haifa eröffnet und als Sicherheitsberater im Ausland gearbeitet. 2009 sei in sein Büro eingebrochen worden, wobei ein Safe mit 15.000 Dollar und alten Videobändern gestohlen wurde, die angeblich private Ermittlungen dokumentierten.
Etwa acht Monate nach dem Einbruch habe ein ehemaliger Polizist, der an den Shin Bet-Verhören beteiligt war, Y informiert, dass er über den Diebstahl Bescheid wisse. Y habe unbeeindruckt reagiert und angenommen, dass die Polizei den Fall geschlossen hatte.
2010 durchsuchten der Shin Bet und die Polizei laut Haaretz Ys Haus. Er sei anschließend zur Vernehmung in eine Shin Bet-Einrichtung gebracht worden, wo man ihm mitgeteilt habe, dass er verdächtigt werde, im Besitz von geheimen Mossad-Dokumenten zu sein und Spionage gegen Israel zu betreiben.
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