Der Fall Maureen Slough wirft erneut ein grelles Licht auf die umstrittene Praxis der Sterbehilfe im Ausland – und insbesondere auf das Vorgehen von Pegasos in der Schweiz. Die 58-jährige Mutter aus dem irischen Cavan reiste Anfang Juli heimlich nach Basel. Dort nahm sie sich am 8. Juli mithilfe der Pegasos Swiss Association das Leben – angeblich in einem Raum, begleitet von Elvis-Gospelmusik.
Doch wie ihre Familie vom Tod erfuhr, sorgt nun international für Fassungslosigkeit: Nicht durch ein offizielles Schreiben, nicht durch ein persönliches Gespräch, sondern per WhatsApp-Nachricht, in der beiläufig auch die postalische Zustellung ihrer Asche angekündigt wurde. Das meldete am Dienstag der Irish Independent.
Für Tochter Megan Royal ist das Vorgehen ein Schock. «Man bekommt Briefe mit Rechnungen oder Werbung – aber keine Menschen in der Post», empört sich auch Familienfreundin Stephanie Daly. Die Familie erhebt schwere Vorwürfe gegen die Klinik, die bereits in der Vergangenheit für umstrittene Fälle bekannt wurde – etwa wegen unzureichender Kommunikation mit Angehörigen und vermeintlich lascher Prüfung des Gesundheitszustandes ihrer Todeskandidaten.
Laut dem Bericht des Irish Independent hatte Slough ihrer Familie erzählt, sie reise mit einer Freundin nach Litauen. Tatsächlich flog sie allein in die Schweiz, bezahlte rund 13.000 Pfund an Pegasos – und starb zwei Tage später. Ihre Familie erfuhr erst nachträglich davon, als es längst zu spät war.
Die Umstände des Todes werfen zahlreiche Fragen auf: Maureen Slough hatte eine bekannte Vorgeschichte psychischer Probleme und hatte nach dem Verlust ihrer beiden Schwestern einen Selbstmordversuch hinter sich. Sie befand sich laut Aussagen ihrer Tochter in einem langanhaltenden seelischen Ausnahmezustand.
Dennoch akzeptierte Pegasos ihre Anmeldung – nach eigenen Angaben unter Berücksichtigung medizinischer Unterlagen und einer unabhängigen psychiatrischen Begutachtung. Die Klinik betont, sie habe bestätigt, dass Slough «im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte» war.
Besonders brisant ist ein weiterer Aspekt: Pegasos gibt an, eine schriftliche Bestätigung von Tochter Megan erhalten zu haben, wonach sie über den Wunsch der Mutter informiert gewesen sei und diesen – wenn auch widerwillig – akzeptiere. Diese Erklärung soll sie auch per E-Mail bestätigt haben.
Megan Royal bestreitet jedoch, jemals ein solches Schreiben verfasst oder ein E-Mail-Konto dafür genutzt zu haben. Die Familie geht davon aus, dass die Mutter selbst ein gefälschtes Schreiben erstellt und eine von ihr eingerichtete E-Mail-Adresse verwendet habe – ein schwerer Vorwurf, der die Glaubwürdigkeit der Klinik weiter erschüttert.
Ihr Bruder, der britische Anwalt Philip Slough, kritisiert in einem Schreiben an das britische Außenministerium, dass Pegasos sich bei der Authentifizierung einer derart sensiblen Zustimmungserklärung lediglich auf eine vom Patienten selbst genannte E-Mail-Adresse verlassen habe. «Das ist kein tragfähiges Verfahren, sondern ein Einfallstor für Missbrauch», so sein Fazit.
Der Fall ist kein Einzelfall: Bereits 2023 stand Pegasos in der Kritik, nachdem ein gesunder britischer Lehrer ohne Wissen seiner Familie dort starb. Damals versprach die Organisation, künftig Angehörige frühzeitig einzubinden. Der aktuelle Fall widerspricht diesem Versprechen eklatant.
Trotz öffentlicher Kritik verweist Pegasos auf die Einhaltung aller Schweizer Gesetze. In einer Stellungnahme gegenüber der Daily Mail betont die Klinik: «Alle Organisationen in der Schweiz sind gesetzlich verpflichtet, eine sorgfältige Vorabprüfung durchzuführen. Pegasos respektiert das geltende Recht ohne Ausnahme.»
Sterbehilfe bleibt eines der sensibelsten und moralisch umstrittensten Themen unserer Zeit. Der Fall Maureen Slough zeigt, wie schwierig es ist, zwischen Selbstbestimmung und Schutzverantwortung zu unterscheiden – vor allem dann, wenn psychische Erkrankungen im Spiel sind.
Was bleibt, ist das Gefühl einer Familie, die nicht nur einen geliebten Menschen verloren hat, sondern auch das Vertrauen in ein System, das in ihrem Fall offenbar versagt hat. Der letzte Wille einer Frau wurde erfüllt – aber zu welchem Preis?