Glück und Frieden sei beschieden
Deutschland, unserm Vaterland.
Alle Welt sehnt sich nach Frieden.
Reicht den Völkern eure Hand!
Wenn wir brüderlich uns einen,
schlagen wir des Volkes Feind.
Lasst das Licht des Friedens scheinen,
dass nie eine Mutter mehr ihren Sohn beweint.
Aus der Nationalhymne der Deutschen Demokratischen Republik 1949. Text: Johannes R. Becher
Liebe Leserinnen und Leser
Nicht nur in der Schweiz gibt es eine Bewegung für die Neutralität, die im Fall der Alpenrepublik deren Neutralität des Landes bewahren und stärken will. Auch in Deutschland sind zunehmend Stimmen zu vernehmen, die für die Zukunft des Landes nicht nur «Raus aus der NATO!» fordern, sondern einen neutralen Status als Möglichkeit sehen, um statt «Kriegstüchtigkeit» die «Friedensfähigkeit» Deutschlands zu stärken.
Deutschland als neutrales Land – diese Idee hatte nach dem Zweiten Weltkrieg viele Anhänger, aber auch viele Gegner. Es wäre eine Möglichkeit gewesen, die Einheit des Landes zu bewahren anstatt die vom Westen gewollte und begonnene Spaltung zu vertiefen. Ausgerechnet aus der Sowjetunion waren nach dem Sieg über den deutschen Faschismus entsprechende Signale gekommen.
Schon auf der Siegesparade in Moskau am 24. Juni 1945 hatte Jossif Stalin sich klar für die deutsche Einheit ausgesprochen und Mitte 1947 einen Friedensvertrag mit einem vereinten Deutschland vorgeschlagen. Und dann kam aus Moskau am 10. März 1952 die sogenannte Stalin-Note, die sich für einen Friedensvertrag mit einem bewaffneten, aber bündnislosen vereinigten «demokratischen und friedliebenden» Deutschland aussprach.
Doch die westliche Antwort auf den Vorschlag aus Moskau, über dessen Motive bis heute diskutiert wird, kam schnell: Ein einheitliches, aber neutrales Deutschland war nicht gewollt. Es hätte die nach dem Zweiten Weltkrieg errungene Position der USA im Herzen Europas geschwächt und «die Aufrechterhaltung der amerikanischen Präsenz in Europa auf längere Sicht fraglich» werden lassen, wie es der Historiker Gerhard Wettig in seinem Buch über die Stalin-Note beschrieb.
Alles Weitere ist Geschichte – aber dass die Idee eines neutralen Deutschlands heute wieder und immer öfter öffentlich benannt und diskutiert wird, hat wie vor mehr als 70 Jahren mit der fortgesetzten US-Präsenz in diesem Land und den Folgen zu tun. Sevim Dagdelen, langjährige Bundestagsabgeordnete und Außenpolitikerin der Partei Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) am Montag in Berlin gesagt, eine mit der UN-Charta vereinbaren Politik auch in Deutschland nur über Neutralität und demokratische Souveränität zu erreichen sei.
Nur so sei es möglich, «friedlich, demokratisch und auch souverän» zu sein, sagte sie auf einer BSW-Veranstaltung. Sie plädierte für eine «demokratische Erneuerungsbewegung, die sich für ein bezahlbares, friedliches, aber auch neutrales Deutschland» einsetzt. Dieser Newsletter macht Sie auf meinen Bericht dazu aufmerksam, der in Verbindung steht mit dem Beitrag über die Aussagen des ehemaligen UNO-Diplomaten Michael von der Schulenburg auf derselben Veranstaltung.
In Deutschland gibt es seit einiger Zeit die Kampagne «Für ein neutrales Deutschland», initiiert von der AG Frieden der Partei DieBasis Köln und unterstützt von zahlreichen Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. In ihrem Aufruf heißt es:
«Wir erklären: Deutschland soll neutral werden – nach dem Grundgedanken von Schweiz und Österreich.
• Dann wird sich Deutschland nicht mehr in Kriege im Ausland einmischen.
• Dann wird Deutschland keinen Bündnissen mehr angehören, über die es in Kriege hineingezogen werden kann.
• Dann wird es auf deutschem Boden keine ausländischen, der Kriegführung dienenden Militäreinrichtungen mehr geben.
• Dann werden in Deutschland keine Atomwaffen und keine Mittel- und Langstreckenraketen stationiert sein.
• Dann wird Deutschland kein Kriegsmaterial mehr ins Ausland liefern.
• Dann wird die Bundeswehr nur der Landesverteidigung dienen.
• Dann wird von deutschem Boden Frieden ausgehen und sich Deutschland als aktiver Friedensvermittler verstehen.
Nur so gewinnen wir auf Dauer Sicherheit.»
Wir werden das weiter beobachten, so wie Daniel Funk immer wieder über die Scheizer Neutralitätsinitiative berichtet. Unterdessen verteidigen die USA weiter ihre Hegemonie und Dominanz in Europa und anderswo auf der Welt und die bundesdeutsche Regierung folgt ihr vasallentreu wie seit mehr als 75 Jahren. Auch darüber berichten wir.
Ich wünsche Ihnen erneut trotz alledem ein friedvolles und auch ein gutes Wochenende sowie Lesefreude und Wissensgewinn mit den Beiträgen auf Transition News.
Herzliche Grüße
Tilo Gräser
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