Es ist ein Vorgang, der viele Eltern und Beobachter ratlos zurücklässt: In der Kita «Fischbank» im ostdeutschen Rostock hatten sich die Kinder mit Begeisterung ein «Indianerfest» für ihre Sommerfeier gewünscht. Der Kinderrat – also die demokratisch gewählte Kindervertretung – entschied sich bewusst für dieses Thema. Doch dieser Wunsch wurde nicht erfüllt. Stattdessen erhielt die Elternschaft, wie diese Woche bekannt wurde, eine entschuldigende E-Mail von der Kita-Leitung: Man habe «nicht ausreichend reflektiert», dass der Begriff «Indianer» die kulturelle Vielfalt indigener Völker Nordamerikas nicht angemessen abbilde.
Ausschlaggebend für die Absage war aber nicht etwa eine breite Diskussion in der Elternschaft, sondern die Beschwerde eines einzelnen Vaters. Die Konsequenz: Statt das Interesse der Kinder aufzugreifen und kindgerecht über kulturelle Hintergründe zu informieren, wurde das Thema gestrichen. Das neue Motto: «Pferde und Ponys».
Kritik ließ nicht lange auf sich warten. CDU-Fraktionschef Daniel Peters sprach von einer «politischen Überkorrektheit», die den Menschen zusehends auf die Nerven gehe. Kinder sollten weiterhin «Cowboy und Indianer» spielen dürfen – ein Teil ihrer Fantasie, kein politisches Statement. Auch AfD-Politiker Nikolaus Kramer zeigte sich empört über den Umgang mit dem Willen der Kinder. Es sei «ein Unding», dass eine Minderheitsmeinung das pädagogische Handeln bestimme.
Auf der anderen Seite verteidigte die Linkspartei das Vorgehen der Kita. Für den Rostocker Politiker Christian Albrecht ist der Fall ein Beispiel dafür, wie «der rechte Rand den Kulturkampf in die Kitas trägt». Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) ließ über ihren Sprecher erklären, die Träger hätten das Recht, entsprechende Entscheidungen zu treffen.
Doch genau hier beginnt das eigentliche Problem: Wenn Kitas beginnen, kindliche Themenwünsche durch die Linse politischer Debatten zu filtern, verlieren sie nicht nur an pädagogischer Glaubwürdigkeit. Sie senden auch ein fatal falsches Signal –, dass kindliche Mitbestimmung nur so lange zählt, wie sie ins ideologische Raster passt. Eine Entwicklung, die nicht nur das Vertrauen zwischen Eltern und Einrichtungen beschädigt, sondern auch die Fähigkeit der Kinder untergräbt, durch Erfahrung, Dialog und Neugier zu lernen.
Der «Indianer» wird damit zum Symbol: nicht für kulturelle Aneignung – sondern für eine zunehmend starre Erziehungslandschaft, die im Zweifel lieber verbietet als erklärt.