Soziale Netzwerke folgen nicht nur dem Gesetz der Masse, sondern dem der Struktur. Das belegt eine aktuelle Studie von Forschenden der Stanford University und der Brown University, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Science Advances. Diese zeigt, dass soziale Einflussnahme weniger davon abhängt, wie viele Menschen man kennt – sondern vielmehr davon, wie gut man die Verbindungen innerhalb des Netzwerks versteht. Das berichtete The Guardian am Wochenende.
Isabella Aslarus, Erstautorin der Studie, die gemeinsam mit ihrem Team die sozialen Interaktionen von 187 Erstsemester-Studierenden im Verlauf ihres ersten Studienjahres analysierte, erklärte:
«Freundschaften helfen, aber sozialer Einfluss basiert nicht nur darauf, wen man kennt, sondern auch darauf, was man über die Verbindungen anderer weiß»,
Die Forscher baten die Teilnehmer anzugeben, mit wem sie an jeweils sechs Zeitpunkten befreundet waren. Zusätzlich sollten sie einschätzen, ob bestimmte andere Personen miteinander befreundet waren. Daraus entstand ein dynamisches Bild der sozialen Beziehungen – inklusive ihrer Veränderungen über die Zeit.
Interessanterweise blieb die Gesamtanzahl an Freundschaften relativ konstant. Was sich jedoch deutlich wandelte, war, wer innerhalb des Netzwerks als einflussreich galt. «Beliebtheit verändert sich kaum im Laufe des Jahres. Aber die Personen, die zu Beginn als besonders einflussreich galten, waren es gegen Ende oft nicht meh», stellte Mitautorin Dr. Oriel Feldman Hall von der Brown University fest.
Was diese Verschiebung bewirkt? Laut Aslarus ist es der strategische Überblick über die sozialen Strukturen: «Um Einfluss zu gewinnen, muss man wissen, wer mit wem befreundet ist und wie sich Gruppen und Cliquen formieren.» Wer diese Verknüpfungen früh durchschaut, kann gezielt Freundschaften aufbauen, Gruppen verbinden und so zu einer zentralen Figur im sozialen Gefüge werden.
Bemerkenswert ist dabei, dass sich detailliertes Wissen über einzelne Freundschaften oft erst im Nachhinein entwickelt – nach dem sozialen Aufstieg. Der entscheidende Faktor für diesen Aufstieg sei laut den Forschenden jedoch das frühe Verständnis der Netzwerkstruktur, nicht das bloße Sammeln von Kontakten.
Die Studie zeigt: Wer langfristig Einfluss haben will, braucht nicht nur soziale Kompetenz – sondern strategische Beobachtungsgabe. In einer Welt, in der oft Quantität über Qualität gestellt wird, liefert sie damit eine wichtige Korrektur: Es kommt weniger darauf an, wie viele Leute man kennt – sondern darauf, ob man versteht, wie sie zueinander stehen.