Die Debatte um die Meinungsfreiheit in Deutschland hat durch ein Urteil des Amtsgerichts Bamberg einen neuen Höhepunkt erreicht. Der Chefredakteur des Medienportals Deutschland-Kurier, David Bendels, wurde in erster Instanz zu sieben Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Der Hintergrund: Bendels hatte eine satirische Montage gepostet, auf der die Nochbundesministerin für Inneres, Nancy Faeser, in schwarzer Kleidung mit einem Schild abgebildet ist, auf dem «Ich hasse die Meinungsfreiheit» steht.
Das Bild beruht auf einem realen Foto, auf dem Nancy Faeser anlässlich des Holocaust-Gedenktages mit einem Schild «We Remember» zu sehen war.
Die kritisch gemeinte Fotomontage stieß auf heftige Reaktionen und führte zu einer Strafanzeige, die dann zu einem rechtlichen Verfahren führte.
Das Gericht stützte sich auf den § 188 StGB, auch als «Majestätsbeleidigungs-Paragraph» bekannt, der die Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede von Personen des politischen Lebens unter Strafe stellt. In diesem Fall wurde David Bendels vorgeworfen, der Ministerin eine Aussage in den Mund gelegt zu haben, die sie so nie getätigt habe – nämlich sie «die Meinungsfreiheit hasst». Doch dieser Vorwurf ist aus Sicht vieler Kritiker fragwürdig.
Der Zürcher Rechtsanwalt Philipp Kruse verbreitete auf seinem Telegram-Kanal eine entsprechende Kritik von Professor Martin Schwab, der sich intensiv mit dem Fall beschäftigt hat. Dieser bezeichnet das Urteil als schwerwiegenden Fehler. Schwab betont, dass niemand, der die Illustration gesehen habe, ernsthaft glauben könne, dass es sich um ein wörtliches Zitat von Faeser handele. Vielmehr sei es eine satirische Übertreibung, die auf die wiederholten Angriffe der Ministerin auf die Meinungs- und Pressefreiheit anspiele.
Schwab verweist auf konkrete Maßnahmen, die unter der Führung von Faeser in die Wege geleitet wurden und als Eingriffe in die Meinungsfreiheit verstanden werden könnten. Dazu zählt das Verbot des Magazins Compact, die Ausweitung des «Phänomenbereichs« der «verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates« sowie geplante Änderungen im öffentlichen Dienst, die es ermöglichen würden, «Extremisten« ohne gerichtliches Urteil aus dem Dienst zu entfernen. Auch das sogenannte «Anschwärz-Gesetz« und die Einrichtung des «Beratungskompass Verschwörungsdenken« sorgten für Besorgnis und Kritik in der Öffentlichkeit.
Schwab argumentiert, dass die satirische Darstellung nicht nur zulässig sei, sondern durch die genannten politischen Maßnahmen auch sachlich gestützt werde. Die Entscheidung des Amtsgerichts Bamberg, diese Darstellung als Verleumdung zu werten, hält er für einen gravierenden Fehltritt.
Die Meinungsfreiheit, so Schwab, sei ein fundamentales Prinzip der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Sie ermögliche es, scharfe Kritik an der Regierung und ihren Vertretern zu üben, was für das Funktionieren einer Demokratie unerlässlich sei. Ein solches Urteil könnte, so der Jurist, weitreichende Folgen haben, indem es Journalisten und Bürgern die Möglichkeit nehme, ihre Meinung frei und offen zu äußern.
David Bendels hat angekündigt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Viele Beobachter hoffen nun, dass die höheren Instanzen das Urteil korrigieren und ein klares Zeichen für den Schutz der Meinungsfreiheit in Deutschland setzen.
Die Auseinandersetzung um das Urteil zeigt, wie fragil die Balance zwischen der Freiheit der Presse und den Interessen der Politik in Deutschland derzeit ist. Sollte das Urteil Bestand haben, könnte dies einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen, der die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung ernsthaft einschränkt.
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