Die nackte Wahrheit kann entmutigend sein. Doch sie ist auch eine Voraussetzung, um gegen die entsprechenden Probleme vorzugehen oder sich davor zu schützen. In einem aktuellen Interview mit NuoViso nimmt der Wirtschaftsjournalist Ernst Wolff denn auch kein Blatt vor den Mund. Fast. Einzig wenn es um den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad geht, ist der deutsche Ökonom vorsichtig. Er wolle nicht in dessen Visier geraten, meint er, als er über den mysteriösen Tod des «britischen Bill Gates» Mike Lynch spricht (wir berichteten).
BlackRock steuert Bundespolitik
Eine kalte Dusche für überzeugte deutsche Wähler ist Wolffs Feststellung, dass BlackRock, der weltgrößte Vermögensverwalter mit Hauptsitz in New York City, die Bundespolitik steuert. Die deutsche Wirtschaftspolitik werde beispielsweise nicht von Wirtschaftsminister Robert Habeck gelenkt, sondern maßgeblich von seiner Staatssekretärin, der Abteilungsleiterin für Wirtschaftspolitik Elga Bartsch. Sie habe 20 Jahre lang für Morgan Stanley in der Londoner City gearbeitet, dessen größter Aktionär BlackRock ist. Danach sei sie auch in einer leitenden Position direkt bei BlackRock tätig gewesen.
Bartsch war Mitautorin eines wichtigen Papiers aus dem Jahre 2019 mit dem Titel «Going Direct», das von drei weiteren Personen verfasst wurde: Jean Boivin, Leiter des BlackRock Investment Institute, Stanley Fischer, Chefberater des BlackRock Investment Institute, ehemaliger Vizepräsident der US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) und Ex-Gouverneur der israelischen Zentralbank sowie Philipp Hildebrand, ehemaliger Präsident der Schweizer Nationalbank, der nach seiner Entlassung zu einem Stellvertreter von BlackRock-CEO Larry Fink wurde.
Das «Going Direct»-Papier legte die Strategie für die Zentralbanken weltweit fest, darunter die Idee des Helikoptergeldes. Es besagt, dass, wenn die Wirtschaft stagniert und nicht mehr durch die üblichen Maßnahmen der Zentralbanken stabilisiert werden kann, direktes Geld an die Bevölkerung verteilt werden müsse. Wolff stellt fest, dass genau dies während der Lockdowns geschah. Er macht klar:
«Herr Habeck ist nur dazu da, um irgendwie von Talkshow zu Talkshow oder von Veranstaltung zu Veranstaltung zu ziehen. Also der ist praktisch nur das Gesicht der ganzen Sache. Die wirkliche Politik, die wird im Hintergrund gemacht.»
Bundeskanzler Olaf Scholz sei auch nicht weit von BlackRock entfernt, betont Wolff. Er werde nämlich von Jörg Kukies beraten, der bereits als Staatssekretär unter Scholz tätig war, als dieser Finanzminister war. Kukies komme aus der Großbank Goldman Sachs, deren größter Hauptaktionär BlackRock ist.
Zudem sei die Beraterin von Außenministerin Annalena Baerbock, Jennifer Morgan, eng mit dem Weltwirtschaftsforum (WEF) verbunden, bei dem seit 2019 Larry Fink im Vorstand sitzt. Fink habe offenbar auch versucht, das WEF zu übernehmen, und zwar mit einer Kampagne gegen dessen Gründer Klaus Schwab. Baerbock selbst gehört übrigens zu den Alumni des vom WEF betriebenen Young Global Leaders Forum.
Dem ist noch hinzuzufügen, dass der Kanzlerkandidat Friedrich Merz Aufsichtsratschef des deutschen BlackRock-Ablegers und in dieser Funktion als Lobbyist tätig war.
VW an die Wand fahren
Wolff geht auch auf die Nachricht ein, dass Volkswagen (VW) die Tarifverträge gekündigt hat und Werkschließungen sowie Entlassungen drohen. VW sei eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Heute besitze das Unternehmen die größte Fabrik der Welt in Wolfsburg mit 6,5 Millionen Quadratmetern. Trotz dieses Erfolgs habe es zwei markante Einbrüche gegeben: den ersten 2014 und den zweiten 2022.
Den Hintergrund dafür sieht Wolff im Einstieg von BlackRock bei VW. BlackRock habe zuerst zunehmend auf eine ESG-Agenda (Environmental, Social and Governance) gesetzt und sich schrittweise von VW distanziert. 2014 sei der VW-Aktienkurs erstmals stark gesunken, und ab 2022 habe sich der Rückgang verstärkt, als BlackRock in chinesische Autohersteller wie Gili und BYD investierte. BlackRock habe seit 2016 darauf hingearbeitet, eigenständig in China tätig zu werden, was 2021 genehmigt worden sei. Nach dem Einstieg in China habe BlackRock VW weitgehend fallengelassen.
Es sei auch BlackRock gewesen, der – zusammen mit Vanguard und State Street – VW 2016 im Zusammenhang mit dem Dieselabgasskandal auf zwei Milliarden Euro Schadensersatz verklagt hatte. BlackRock handle offensichtlich nach eigenen Interessen: Solange VW nützlich war, unterstützte BlackRock das Unternehmen, ließ es jedoch fallen, als es nicht mehr passte:
«Inzwischen tobt ja auch eine Art Wirtschaftskrieg zwischen den USA und Europa. Und Deutschland ist eben die größte Volkswirtschaft in Europa – und da wird eben scharf geschossen. Da wird dann auch mal so ein großer Autokonzern gegen die Wand gefahren. Und das ist das, was wir im Moment sehen. VW wird mit voller Wucht gegen die Wand gefahren im Moment.»
Digital-finanzielle Weltherrschaft
BlackRock bestimmt dem Ökonomen zufolge aber nicht nur die deutsche Politik:
«Ich denke BlackRock ist im Moment die eine Finanzfirma auf der Welt, die alles im Hintergrund lenkt und steuert. (…) Eine stärkere und mächtigere Organisation als BlackRock hat es in der Finanzwelt niemals zuvor gegeben.»
Auf die Frage, wer im Hintergrund BlackRock steuert, antwortet Wolff, das sei die Künstliche Intelligenz (KI). Er erwähnt dabei die Finanzanlage-Plattform Aladdin (Asset, Liability and Debt and Derivative Investment Network), über die BlackRock verfügt. An Aladdin seien alle großen Unternehmen der Welt und alle großen Zentralbanken angeschlossen. Angebunden an die künstliche Intelligenz, liefere die Plattform die Informationen, auf denen unser weltweites Finanzsystem zurzeit läuft:
«Wir haben im Moment das am meisten manipulierte Finanzsystem, das es jemals auf der Welt gegeben hat, und die manipulieren auch noch weiter.»
Mit Bezug auf die lockere Geldpolitik der letzten Jahrzehnte und die immer schneller steigenden Börsenwerte meint Wolff, irgendwann werde ein Ende kommen, weil die Währung so weit entwertet wird. Wobei aber alle vermutet hätten, dass das System nicht so lange durchhält wie bis jetzt: «Aber die haben zu so viel Manipulationsmechanismen gegriffen.» Deswegen sei es gut möglich, dass das System noch ein paar Monate, möglicherweise sogar noch ein paar Jahre, weitergeht, bevor es zusammenbreche. Es könne aber auch sein, dass es nächste oder übernächste Woche zu Ende ist.
Grosse Sorge bereitet Wolff die KI:
«Wir erleben im Moment mehr oder weniger die große Übernahme der Welt durch die künstliche Intelligenz.»
Die KI habe aber ein Riesenproblem: Sie brauche «mehr Energie als irgendeine Wirtschaftsform jemals zuvor». Deswegen werde im Moment an einer Alternative dazu gearbeitet, und diese sei die sogenannte organoide Intelligenz (OI): biologisch gezüchtetes Gehirngewebe. Diese Technologie könne die enormen Energiekosten der KI senken, da sie nur einen ganzen kleinen Bruchteil von deren Energie benötigt. Der Buchautor stellt fest:
«Das irre an dieser ganzen Sache ist, dass den normalen Menschen von diesen ganzen Entwicklungen so gut wie überhaupt nichts gesagt wird. Aber das sind wirklich wichtige Entwicklungen im Hintergrund.»
Wolff zitiert Jeffrey Hinton, ehemaliger Chefentwickler von Google, der sich seit 50 Jahren mit künstlicher Intelligenz beschäftigt und sage, dass die KI kurz davor sei, die Weltherrschaft zu übernehmen:
«Also wenn so ein Insider so etwas sagt, dann ist das für mich Alarmstufe Rot», kommentiert der Ökonom.
BRICS-Staaten im gleichen Boot
In den BRICS-Staaten sieht Wolff keine Gegenkraft. Die seien alle im gleichen Boot:
«Wir leben in einer Zeit, in der die Narrative wirklich alle von den Geheimdiensten entworfen werden. Und auch die Gegennarrative werden von den Geheimdiensten entworfen. Also die BRICS werden auf keinen Fall irgendwelche Verbesserung bringen.»
Wolff erläutert: China sei als größter BRICS-Staat bei der Einführung von digitalem Zentralbankgeld (CBDC) weltweit ganz vorne. Der zweitgrößte Staat, Indien, in dem das Bargeld im Jahre 2016 den schwersten Schlag überhaupt erlebt habe, sei auch gerade dabei, das digitale Zentralbankgeld einzuführen. Und Russland als drittgrößter Partner werde im nächsten Jahr den digitalen Rubel einführen, allerdings unter anderen ideologischen Prämissen:
«Uns hier wird gesagt, wir brauchen digitales Zentralbankgeld deswegen, weil das Schwarzgeld beseitigt werden muss und weil wir Sicherheit brauchen und so weiter. In Russland zum Beispiel wird den Leuten gesagt: Wir müssen uns gegen die Sanktionen der USA wehren, deswegen brauchen wir digitales Zentralbankgeld. Also da sind nur die ideologischen Voraussetzungen andere, aber die Agenda ist genau die gleiche.»
Widerstand durch kollektives Handeln
Die einzige Möglichkeit, die wir hätten, sei, dass wir uns als Menge zusammenschließen und dagegen vorgehen, indem wir informieren. Als Einzelner sich dagegen zu wehren, nützte nichts. Das digitale Zentralbankgeld werde ganz sicher kommen. Aber der Großversuch in Nigeria sei gescheitert, wie auch sämtliche Versuche vorher auf den Bahamas, in Jamaica und anderswo. Wolff prognostiziert eine Art von Parallelgesellschaften, in denen die Menschen zum Beispiel auf Münzen zurückgreifen.
«Das Wichtigste, das der Einzelne erkennen muss, ist, dass das Wort Digitalisierung irreführend ist. Es geht nicht um Digitalisierung, sondern es geht um die Errichtung einer digitalen Diktatur. All das, was uns als Digitalisierung verkauft wird, wird von insgesamt sieben großen Konzernen beherrscht, und diese Konzerne haben kein Interesse an uns Menschen, sondern nur an sich selbst.»
Wenn man das erkannt habe, könne man zum Beispiel den Kindern in dieser Beziehung ein kritisches Bewusstsein mit auf den Weg geben, damit sie nicht alles akzeptieren, was Sie auf ihrem Handy oder auf ihrem iPad sehen, sondern eine kritische Distanz dazu entwickeln. Man müsse dafür sorgen dass diese Kinder nicht von dieser digitalen Sphäre völlig vereinnahmt werden. Wichtig sei auch, die alten Strukturen, die heute als unmodern gelten – die Familie, den Umkreis – wieder zu beleben, und auch mit den älteren in der Familie wieder mehr Kontakt aufzunehmen und «nicht ständig mit dem Handy irgendwo durch die Gegend zu laufen»:
«Dann muss man sich vorbereiten auf die Phase, die vor uns liegt. Die Phase, die vor uns liegt, wird schwierig. Diese Errichtung der Digitaldiktatur wird wirklich ziemlich heftige Formen annehmen und sie wird auch mit ziemlichen Einbrüchen einhergehen.»
Trotz allem ist Wolff zuversichtlich. Aus der Geschichte könne man die Lehre ziehen, dass die Macht zerfällt, wenn sich zu viel davon in zu wenigen Händen konzentriert. Er sinniert:
«Ich komme mir manchmal so ein bisschen vor wie einer, der in so einem kleinen Schweizer Dorf lebt und sieht, dass sich oben eine große Lawine bildet, und alle anderen tanzen noch, und ich laufe herum und sage den Leuten: Passt mal auf, da oben bildet sich eine Lawine. Aber ich merke im Moment, dass immer mehr Leute den Blick auch nach oben richten und sagen: Oh ja, da scheint etwas zu passieren. Und daraus schöpfe ich meine Hoffnung: dass die Leute dann doch noch rechtzeitig erkennen, dass alles, was im Moment passiert, nicht gut ist, und dass wir das Ruder wirklich herumreißen müssen.»
Aufgrund der Inflation, insbesondere im Bereich der Nahrungsmittel, rät Wolff, sich für drei Monate zumindest mit lange haltbaren Lebensmitteln auszurüsten und sich ein paar Edelmetalle anzuschaffen, vor allem Silber. Dieses funktioniere im Alltag auf jeden Fall.