Sie werden aufgrund ihrer Langlebigkeit in der Umwelt als «ewige Chemikalien» bezeichnet: Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Ihre Toxizität ist seit Jahrzehnten bekannt. Sie werden mit Krebs, Hormonstörungen und anderen schweren Krankheiten in Verbindung gebracht. Gemäß einer Studie von Ende 2024 wurden PFAS in 99 Prozent der weltweiten Wasserproben aus Flaschen gefunden (wir berichteten).
Eine Untersuchung des Forever Lobbying Project hat nun gezeigt, wie in der EU Maßnahmen, um die Verwendung von PFAS zu begrenzen, durch den Druck der chemischen Industrie behindert werden. Die Industrielobbyisten wenden demnach Desinformationstaktiken an, die denen ähneln, die bereits in Bereichen fossile Brennstoffe, Zigaretten/Tabak und Pestizide zu beobachten waren und sind. Aus der Untersuchung, an der 18 Experten und 46 Journalisten beteiligt waren, die mehr als 14.000 Dokumente durchforsteten, geht hervor, dass diese Strategie wichtige europäische Entscheidungsträger beeinflusst und die Verabschiedung strengerer Vorschriften verlangsamt hat.
PFAS, die in den 1940er Jahren wegen ihrer Stabilität und Widerstandsfähigkeit entwickelt wurden, werden in vielen Bereichen eingesetzt, doch ihre Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit sind verheerend: Die Untersuchung ergab, dass sich die Sanierungskosten allein in Europa auf über 100 Milliarden Euro pro Jahr belaufen, während die Gesundheitskosten rund 84 Milliarden Euro betragen.
Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Norwegen und Schweden haben im Jahr 2023 der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vorgeschlagen, ein Verbot nicht nur für bestimmte PFAS, sondern für alle Verbindungen aus dieser chemischen Kategorie zu erlassen. Als Reaktion darauf haben laut dem Forever Lobbying Project Hunderte von Branchenvertretern, die die Interessen von rund 15 Sektoren vertreten, bei Politikern in ganz Europa Lobbyarbeit betrieben, um diesen Vorschlag zu untergraben und möglicherweise zu Fall zu bringen.
In der Schweiz hatten die Lobbyisten der Chemieindustrie offenbar schon Erfolg. So stoppte das erstinstanzliche Zivilgericht in Genf im Jahr 2023 die Ausstrahlung einer Sendung des Tessiner öffentlich-rechtlichen Fernsehens RSI über die Kontamination von Schweizer Seen und Flüssen durch PFAS. Das Gericht hatte «auf Antrag der Anwälte eines wichtigen Genfer Unternehmens mit einer Niederlassung im Tessin» eine vorsorgliche Verfügung erlassen (wir berichteten).
L’Indipendente zufolge ist das Problem in Italien sogar noch ernster zu nehmen. In der Lombardei sei eine Verunreinigung des Trinkwassers festgestellt worden, und in Alessandria im Piemont seien signifikante PFAS im Blut von untersuchten Personen gefunden worden. Darüber hinaus habe die Region Venetien aus Kostengründen epidemiologische Untersuchungen zu PFAS ausgesetzt und damit eine Kontroverse ausgelöst.