Seit zwei Jahren diskutiert die EU eine obligatorische Chatkontrolle. Die Kommission will Internetdienste verpflichten, die Inhalte ihrer Nutzer auf Straftaten zu durchsuchen und diese gegebenenfalls an Behörden zu schicken. Das Parlament fordert dagegen, nur unverschlüsselte Inhalte von Verdächtigen zu scannen. So fasst Netzpolitik.org den Stand der Dinge zusammen.
Ein internes Verhandlungsprotokoll, das dem Europaabgeordneten der Piratenpartei Patrick Breyer zugespielt wurde, könnte jetzt neue Bewegung in die festgefahrenen Gespräche bringen. Ein Vorschlag der belgischen Innenministerin sehe vor, die Chatkontrolle auf «visuelle Inhalte» zu beschränken, also Bilder und Videos.
Nutzer von Apps mit Kommunikationsfunktion müssten demnach per AGB oder Popup-Nachricht zustimmen, dass alle verschickten Bilder und Videos automatisiert und verdachtslos gescannt werden, so Breyer. Diese sogenannte «Uploadmoderation» umfasse im Zweifelsfall die Meldung an die EU und die Polizei.
Verweigere ein Nutzer die Zustimmung, könne er den Dienst weiter nutzen, aber keine Bilder und Videos hochladen. Bisher wollten viele EU-Akteure für die Kontrolle sogenanntes «Client-Side-Scanning» nutzen. Dieses Durchsuchen direkt auf dem Gerät des Nutzers (z.B. dem Handy) kritisieren Wissenschaftler laut Netzpolitik.org als unsicher und gefährlich.
Als «Mogelpackung» bezeichnet Breyer den neusten Vorstoß, der bereits im Juni zu einem Beschluss im EU-Rat führen könnte. Er konstatiert:
«Es bleibt dabei: Millionen privater Chats und Privatfotos unbescholtener Bürger sollen mit unzuverlässiger Technik durchsucht und ausgeleitet werden, ohne dass die Betroffenen auch nur entfernt mit Kindesmissbrauch zu tun haben – das zerstört unser digitales Briefgeheimnis.
Jetzt ist die Zeit für Privatsphäre und sichere Verschlüsselung auf die Barrikaden zu gehen!»
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