Seit dem 7. Oktober 2023 untersagt die israelische Regierung ausländischen Journalisten, unabhängig in den Gazastreifen zu reisen. Lokale Journalisten sind derweil offenbar zum Ziel der israelischen Armee geworden. Laut «Reporter ohne Grenzen» und dem Komitee zum Schutz von Journalisten wurden seit Oktober 2023 rund zweihundert Journalisten und Medienmitarbeiter im Gazastreifen getötet (wir berichteten). Die Berichte lokaler Journalisten bezeichnet Israels Führung als «Hamas-Propaganda».
Letzten Freitag haben die Vereinten Nationen erstmals für eine Region im Gazastreifen den Zustand einer Hungersnot erklärt. Sie betreffe die Region um die Stadt Gaza im Norden der Enklave. Etwa eine halbe Million Menschen bekomme demnach nicht genug zu essen.
Letzte Woche arrangierte Israel nun die Einreise von zehn US-amerikanischen und israelischen Social-Media-Influencern nach Gaza, um die «Wahrheit» über die angeblichen «Lügen der Hamas» über den Hunger der Palästinenser im belagerten Gazastreifen zu enthüllen. Wie Haaretz berichtet, wurde die Tour vom israelischen Ministerium für Diaspora organisiert, dessen Aufgabe die Bekämpfung von Antisemitismus ist. Das Ministerium habe die Aktion als Demonstration des «Mechanismus der humanitären Hilfslieferungen in Gaza» bezeichnet, um «die von ausländischen Medien verbreiteten Lügen der Hamas zu widerlegen».
Die Erklärung bezog sich auf die US-israelische Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die gegründet wurde, um die UN zu umgehen und Israel die Verantwortung für die Hilfslieferungen zu übertragen. Bis Mitte August wurden laut der UN, seit der Gründung der Stiftung Ende Mai, 1760 Palästinenser auf der Suche nach Nahrung getötet, 994 davon in der Nähe der GHF-Standorte und 766 entlang der Routen der Lebensmittelkonvois. Laut Haaretz erklärte das Ministerium für Diaspora:
«Die Tour fand im Rahmen des Kampfes gegen die Hamas-Kampagne zur Diskreditierung [Israels] – die ‹Hungerkampagne› – statt, die darauf abzielt, Israels Image auf internationaler Ebene zu schädigen.»
Die Organisatoren betonten demnach zudem «die Rolle der UN und anderer internationaler Organisationen, die sich weigern, die vielen Tonnen bereitstehender Lebensmittel zu verteilen».
Zu denjenigen, denen Zugang zu den GHF-Standorten gewährt wurde, gehört Brooke Goldstein, eine pro-israelische US-Anwältin, Autorin und Fernsehpersönlichkeit. Auf X teilte sie mit:
«Was ich gesehen habe, hat bewiesen, dass die Medienberichte über die Situation absolut falsch sind. Die Mission der GHF ist es, die Menschen in Gaza so zu ernähren, dass die Hamas ihnen die Lebensmittel nicht stehlen kann, und sie funktioniert. Ich habe miterlebt, wie über 13.000 Menschen versorgt wurden, darunter 3300 Frauen und Kinder.»
Xavier DuRousseau, ein weiterer Influencer, befindet sich in einem Video vor LKWs mit Hilfslieferungen, angeblich innerhalb des Gazastreifens. In Militärkleidung erklärt er:
«Wenn ich Israel wäre, würde ich Gaza nicht einmal passende Socken liefern. Aber hier ist all die Hilfe, von der ihr alle behauptet, sie existiere nicht. (...) Ich bin hier in Gaza und sehe nur Nahrung, Wasser und Möglichkeiten. Aber anstatt dass die Hamas Ramen-Nudeln verteilt, essen sie alles auf, und deshalb sind ihre Anführer auf Ozempic. Die Vereinten Nationen bringen die Lebensmittel hierher, um so zu tun, als würden sie tatsächlich etwas Produktives tun, aber sie beenden die Arbeit nie, genau wie deine Ex. Jetzt sitzen die Lebensmittel hier und fangen Fliegen, aber ihr alle wollt Israel die Schuld geben.
Und dann ist da noch Ägypten, das die Mauer aus Donald Trumps Träumen gebaut hat, um die Palästinenser hier zu halten, aber ihr sagt alle nichts zu ihnen. Warum ruft ihr keine der islamischen Nationen dazu auf, Lebensmittel an die Palästinenser zu verteilen? Wohlgemerkt, dort gibt es Erdöl (zeigt auf LKWs). Energie, Gaza hat die Energie, Gaza hat die Terroristen, die die ganze Energie verschwenden, ha ha ha.»
Auf X schrieb DuRousseau:
«Israel ist NICHT der Grund, warum viele Palästinenser hungern. Da ihr Suppenküchen-Antisemiten so tun wollt, als würdet ihr euch für den Kampf der Menschen in Gaza interessieren, geht doch hin und helft beim Verteilen des Essens!»
In einem anderen X-Beitrag behauptet der Influencer:
«Israel verhindert NICHT, dass Lebensmittel nach Gaza gelangen.»
Anfang des Monats berichtete Haaretz, dass das israelische Außenministerium Zehntausende von Dollar investiert habe, um Social-Media-Influencer aus den USA nach Israel zu bringen. Die Finanzierung erfolge über Israel365, eine siedlungsfreundliche Organisation, die versuche, die Unterstützung der Evangelikalen für Israel zu stärken. Sie den Auftrag ohne Ausschreibung erhalten, aufgrund ihrer «einzigartigen Position, eine pro-israelische Haltung zu vertreten, die vollständig mit der MAGA- und America First-Agenda übereinstimmt».
The Cradle zufolge liefert die GHF zwar einige Lebensmittel an die Palästinenser, aber das reiche bei weitem nicht aus, um die Krise in Gaza zu lindern. Das liege insbesondere an der Schließung aller Grenzübergänge durch Israel und der Belagerung des Gazastreifens. Die Behörden in Gaza hätten bekannt gegeben, dass nur 14 Prozent der benötigten Hilfsgüter von Israel geliefert werden.
Ein Augenzeuge bestätigte am Donnerstag gegenüber CBS News, dass israelische Truppen und US-Subunternehmer, die mit der Sicherung von Hilfsverteilungszentren in Gaza beauftragt wurden, regelmäßig das Feuer auf verzweifelte Palästinenser eröffnen, die Hilfe suchen, und sich sogar damit brüsten.
Gemäß The Cradle sind von Israel unterstützte bewaffnete Gruppen, darunter diejenige von Yasser Abu Shabab in Rafah, direkt in die Plünderung von Hilfskonvois verwickelt. Das Innenministerium in Gaza sei wiederholt mit diesen bewaffneten Gruppen aneinandergeraten, um die Plünderung von Hilfsgütern zu verhindern.