Was das Verbot von Giftstoffen angeht, so haben die Regierenden dieser Welt mitunter eine extrem lange Leitung. Bleihaltiges Benzin etwa wurde Anfang der 1920er Jahre erfunden – und es sollte in Deutschland etwa noch bis 1988 und damit knapp 70 Jahre dauern, bis es verboten wurde. In den USA kam das Verbot gar erst 1996.
Dabei hätte man nur einen Blick in die Geschichtsbücher werfen müssen, um zu erkennen, dass die extrem hohe Toxizität von Blei insbesondere auf die Nerven schon seit Jahrtausenden bekannt war und es daher auch in Autobenzin nichts zu suchen hat.
Auch explizit vor der Toxizität von Bleibenzin wurde frühzeitig gewarnt, und zwar bereits kurz nach dessen Erfindung. Einer dieser Fachleute war der in Hamburg geborene David Lin Edsall, der in den 1920er und 1930er Jahren Dekan der Harvard Medical School und der School of Public Health war.
Er äusserte sich auf einer Konferenz, die vom U.S. Public Health Service abgehalten wurde, um festzustellen, ob die Herstellung, der Vertrieb oder die Verwendung von Benzin, das das Antiklopfmittel Tetraethylblei enthält, ein Problem für die öffentliche Gesundheit darstellt oder nicht, wie folgt:
«Seit mehr als 100 Jahren gibt es Beobachtungen über die Auswirkungen einer nennenswerten Menge von Bleistaub in jedem Beruf. Es ist also keine Frage, ob eine Gefahr besteht oder nicht.»
Eine noch längere Leitung als bei Bleibenzin hat die Politik in Bezug auf den quecksilberhaltigen Zahnfüllstoff Amalgam gehabt. So gibt Hinweise darauf, dass Zahnamalgam in China bereits im 7. Jahrhundert als Füllungsmaterial verwendet wurde. In neuerer Zeit begann seine massenhafte Anwendung 1820.
Und erst jetzt hat sich die EU, wie etwa die Bild berichtet, «nach langem Kampf zu einem Verbot der quecksilberhaltigen Zahnfüllungen ab 2025 durchgerungen». Zwischen 1820 und 2025 liegen stolze 205 Jahre. Wobei der genaue Stichtag noch nicht feststehe, so die Bild, da Übergangsfristen vereinbart worden seien.
Dabei besteht Amalgam zu rund 50 Prozent aus Quecksilber, das auch als giftigstes nicht-radioaktivem Material im Universum bezeichnet wird und sogar giftiger ist als Blei und Arsen. Selbst die WHO konstatiert:
«Die Exposition gegenüber Quecksilber – selbst in geringen Mengen – kann ernsthafte Gesundheitsprobleme verursachen und stellt eine Gefahr für die Entwicklung des Kindes im Mutterleib und in den ersten Lebensjahren dar. Quecksilber kann toxische Auswirkungen auf das Nerven-, Verdauungs- und Immunsystem sowie auf Lunge, Nieren, Haut und Augen haben.
Quecksilber wird von der WHO zu den zehn wichtigsten Chemikalien oder Chemikaliengruppen gezählt, die für die öffentliche Gesundheit besonders bedenklich sind.»
Richard Fischer, ehemaliger Präsident der International Academy of Oral Medicine & Toxicology (IAOMT), sagte bereits vor 20 Jahren vor dem US-Repräsentantenhaus:
«Quecksilber wurde aus allen sonstigen medizinischen Anwendungen verbannt, warum also sollten wir annehmen, dass es ungefährlich ist, sobald es in den menschlichen Mund implantiert wird?»
Bemerkenswert ist derweil, dass seit 2018 die Verwendung von Amalgam zur Behandlung von Karies bei Kindern unter 15 Jahren und schwangeren oder stillenden Frauen in der EU verboten ist.
Auch wurde die Freisetzung von Quecksilber aus Amalgam vor allem in Form von Dämpfen, die wohlgemerkt unsichtbar, geschmack- und geruchlos sind, sowie dessen Speicherung in den Organen in zahlreichen Forschungsarbeiten aufgezeigt. Diese Studien wurden in wissenschaftlich anerkannten Fachjournalen veröffentlicht wurden. Als Beispiele seien hier genannt:
- So schaute man in einer Studie, veröffentlicht 1989 im FASEB Journal, wohin das Quecksilber bei Schafen wandert, denen man Amalgamfüllungen eingesetzt hatte. Dazu wurde das Quecksilber radioaktiv markiert, sodass die Verteilung mit einer Spezialkamera (Gammakamera) beobachtet werden konnte. Und schon vier Wochen nach dem Legen der Amalgamfüllungen fanden sich hohe Mengen an Quecksilber in Lunge, Darm und Kiefer und später in Nieren, Leber, Gehirn, Hypophyse, Schilddrüse, Nebennieren, Bauchspeicheldrüsen und Eierstöcken – wobei die Blut- und Urinspiegel keine erhöhten Quecksilbermengen aufwiesen. Fazit: Blut- und Urinuntersuchungen geben keinen Anhaltspunkt für die Quecksilberbelastung, da das Schwermetall ins Gewebe verschwindet und sich dort festsetzt.
- Das Wiederholen dieser Versuchsanordnung bei Affen führte zum selben Ergebnis.
- Derselbe Versuch wurde an trächtigen Schafen durchgeführt. Ergebnis: Mütterliches wie fetales Gewebe lagerte bereits nach wenigen Tagen Quecksilber ein. Der Quecksilbergehalt der Feten nahm während der Schwangerschaft und ebenso durchs spätere Säugen kontinuierlich zu.
- Die Untersuchung von menschlichen Leichnamen ergab, dass die Organe wie Nieren und vor allem auch Gehirne der Amalgamträger um bis zum Zehnfachen stärker mit Quecksilber belastet waren als die derjenigen, die kaum bis keine Amalgamfüllungen hatten.
Einen Beitrag, der eindeutig die Unschädlichkeit von Amalgam beweisen könnte, sucht man in der wissenschaftlichen Literatur derweil nach wie vor vergeblich.
Dennoch darf im Bericht der Bild über das anstehende Amalgam-Verbot Professor Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer, zum Besten geben, Amalgam sei «einfach gut» und die Befürchtungen hinsichtlich Amalgam seien «Unsinn».
Jubeln dürfen die Bürgerinnen und Bürger dennoch nicht unbeschränkt. Denn die Materialien, die Amalgam ersetzen werden, sind teurer. «Folge des Verbots also: Beim Zahnarzt kommen höhere Kosten auf uns zu», so die Bild. Das Amalgam-Verbot werde Patienten mit Mehrkosten von 70 bis 150 Euro je Füllung belasten, abhängig von Material, Grösse und Zeitaufwand.
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