Die senegalesische Regierung, eng verbandelt mit den französischen Spitzen, hat einen Haftbefehl gegen Juan Branco erlassen. Dies teilte sie am 14. Juli mit, wie Le Monde und weitere französische Medien berichten. Dakar wirft Branco – einem bekannten Anwalt, Buchautor, Aktivisten und scharfem Kritiker der Regierung von Emmanuel Macron – «Verbrechen und Vergehen» im Zusammenhang mit den Unruhen von Anfang Juni 2023 vor.
In Senegal ist es jüngst zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Machthabern und Oppositionellen gekommen. Regimekritiker taten im vergangenen Monat ihren Unmut kund. Dies, nachdem zuvor der bekannte Oppositionspolitiker Ousmane Sonko kaltgestellt wurde.
Adji Sarr, eine ehemalige Mitarbeiterin eines Massagesalons, hatte Sonko vorgeworfen, sie vergewaltigt zu haben. Der Oppositionspolitiker wurde bezüglich dieser Vorwürfe zwar freigesprochen. Die senegalesische Justiz verurteilte ihn aber am 1. Juni 2023 zu einer zweijährigen Haftstrafe.
Grund: Wegen der «Anstiftung zur Unzucht von Jugendlichen unter 21 Jahren». Die Klägerin, Adji Sarr, soll zum Zeitpunkt der Geschehnisse 19 Jahre alt gewesen sein.
Kritiker fürchten, dass Präsident Macky Sall damit einzig seinen Konkurrenten für die Wahlen 2024 ausser Gefecht setzen wollte. Das Urteil gegen Sonko führte wiederum zu Chaos, Plünderungen und Protesten. Letztere liess Präsident Sall mit eiserner Hand niederschlagen. Oppositionellen zufolge sind dabei mehrere Dutzend Menschen ums Leben gekommen. Die Regierung spricht von 16 Toten.
Branco vertritt Sonko als Anwalt. Das senegalesische Regime bezichtigt er der «Verbrechen gegen die Menschlichkeit». Am 22. Juni hatte Branco angekündigt, dass er in Frankreich eine Klage gegen Sall und Co. eingereicht hat.
Regierung geht gegen Branco vor
Auch die französische Regierung, die Branco schon länger im Visier hat, scheint nun alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den Aktivisten in die Schranken zu weisen. Offenbar will man auch in Frankreich juristisch gegen Branco vorgehen.
Das französische Aussenministerium hat eine Strafanzeige gegen Branco eingereicht, wie es unlängst mitteilte. Die Behörde wirft Branco vor, die Identität von Beamten der französischen Botschaft in Senegal im Zusammenhang mit den Unruhen im Land enthüllt und sie damit in Gefahr gebracht zu haben.
Branco beschuldigt die französischen Beamten in Senegal, sich an den Repressionen gegen Regimekritiker beteiligt zu haben. Auf seiner Twitter-Seite schrieb er am 12. Juli: «Die Masken fallen. Frankreich erhebt Anklage gegen mich.»
Weiter Branco:
«Die Fakten, die wir aufgedeckt haben, zeigen: Französische Agenten haben sich an den (…) Repressionen beteiligt, die das Regime von Macky Sall gegen demokratische Demonstranten einsetzte. Diese forderten 60 Todesopfer sowie Tausende von Inhaftierten und Verletzten. Es handelt sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die vor dem Internationalen Strafgerichtshof und vor den französischen Gerichten verfolgt werden können. Sie sind unverjährbar. Der Quai d’Orsay hat sie nie angeprangert. Wir lassen uns nicht einschüchtern.»
Branco ist für die Pariser Eliten schon länger ein Dorn im Auge. Macron und seine Entourage fürchten den 33-jährigen Intellektuellen. Branco zählt zu den bekanntesten Aktivisten im Lande. In den vergangenen Jahren machte er sich einen Namen als Regierungskritiker und Anwalt der Gelbwestenbewegung. Branco ist zudem Autor zahlreicher Bücher.
Sein 2019 veröffentlichtes Pamphlet «Crépuscule», das die Verbandelung zwischen den französischen Oligarchen, den grossen Medien und Macron dechiffriert, ist innert kürzester Zeit hunderttausende Male von seiner Website geladen worden.
Branco, der an den besten Schulen des Landes studierte, war in der Vergangenheit vorübergehend auch als Anwalt für Julian Assange tätig. Bis vor wenigen Jahren zählte der Anwalt und Aktivist selbst zu den französischen Eliten. 2012 war er strategischer Assistent von Aussenminister Laurent Fabius.
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