Luft- und Lärmbelastung gelten als bedeutende Umweltfaktoren, die die Gesundheit des Menschen beeinflussen. Besonders in den letzten Jahren hat sich der Fokus auf die Auswirkungen dieser Belastungen auf die psychische Gesundheit verschärft. Eine Langzeitstudie aus Großbritannien liefert nun weitere wichtige Erkenntnisse darüber, wie frühe Exposition gegenüber Luft- und Lärmemissionen mit psychischen Störungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zusammenhängt. Die Ergebnisse legen nahe, dass besonders die Luftverschmutzung in der Schwangerschaft und Kindheit sowie Lärm in der Kindheit und Jugend das Risiko für psychische Erkrankungen deutlich erhöhen können.
Die Studie basiert auf Daten der Avon Longitudinal Study of Parents and Children, einer der größten und umfangreichsten Geburtskohortenstudien weltweit, die seit den frühen 1990er Jahren mehr als 14.000 Kinder verfolgt. Die Kohorte wurde regelmäßig untersucht, um die Auswirkungen von Umweltfaktoren, familiären Bedingungen und anderen sozialen Einflüssen auf die körperliche und psychische Gesundheit zu analysieren.
Die Forscher verwendeten hochauflösende Daten zu Luftverschmutzung (Stickstoffdioxid und Feinstaub PM2.5) sowie zu Lärmverschmutzung und verknüpften diese mit den Wohnorten der Teilnehmer von der Schwangerschaft bis zum Alter von 12 Jahren. Über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten wurden psychische Probleme wie psychotische Erfahrungen, Depressionen und Ängste bei den Teilnehmern im Alter von 13, 18 und 24 Jahren erfasst. Es wurden komplexe statistische Modelle verwendet, um die Auswirkungen der verschiedenen Belastungen zu isolieren und Störfaktoren zu kontrollieren.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine erhöhte Feinstaubbelastung (PM2.5) während der Schwangerschaft mit einem signifikant höheren Risiko für die Entwicklung von psychotischen Erfahrungen im Jugendalter und frühen Erwachsenenalter verbunden ist. Insbesondere jede Zunahme der Feinstaubkonzentration um 0,72 µg/m³ in der Schwangerschaft erhöhte die Wahrscheinlichkeit für psychotische Erlebnisse um 11%. Auch die Feinstaubbelastung während der Kindheit zeigte einen ähnlichen Effekt, wenngleich weniger stark ausgeprägt.
Darüber hinaus wurde festgestellt, dass eine höhere Feinstaubbelastung während der Schwangerschaft auch mit einem höheren Risiko für Depressionen bei den betroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen assoziiert war. Für jedes weitere Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter stieg das Risiko für eine depressive Episode um 10%.
Auch Lärmverschmutzung erwies sich als problematisch. Höhere Lärmbelastung während der Kindheit und Jugend war mit einem erhöhten Risiko für Angststörungen verbunden. Besonders auffällig war der Zusammenhang zwischen Lärm und Angst im späten Kindes- und Jugendalter: Ein Anstieg der Lärmbelastung in der Kindheit erhöhte das Risiko für Ängste im jungen Erwachsenenalter um etwa 19%, während Lärm in der Jugend das Risiko um 22% steigerte.
Die Ergebnisse dieser Kohortenstudie haben weitreichende Implikationen für die öffentliche Gesundheit und die Entwicklung von Umweltpolitik. Die Assoziationen zwischen frühkindlicher Luft- und Lärmbelastung und der späteren Entwicklung psychischer Störungen verdeutlichen die Notwendigkeit, frühzeitig präventive Maßnahmen zu ergreifen. Die Einführung von «Clean Air Zones», die den Zugang zu sauberer Luft und die Reduzierung von Lärm verbessern, könnte nicht nur zur Bekämpfung von physischen Erkrankungen beitragen, sondern auch psychische Gesundheitsprobleme verringern.
«Die frühzeitige Exposition gegenüber Luftverschmutzung und Lärm könnte ein bisher übersehener Risikofaktor für psychische Gesundheitsprobleme sein», erklärt Dr. Joanne Newbury, eine der Hauptautorinnen der Studie. «Die Ergebnisse unserer Studie legen nahe, dass wir mehr in den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Umweltbelastungen investieren sollten.»
Die vorliegende Studie liefert Belege für die schädlichen Auswirkungen von Luft- und Lärmbelastung auf die psychische Gesundheit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Besonders in den kritischen Phasen der Schwangerschaft, Kindheit und Jugend scheint die Belastung durch diese Umweltfaktoren ein erhebliches Risiko für die Entwicklung von psychischen Erkrankungen darzustellen. Es ist zu hoffen, dass diese Erkenntnisse die Grundlage für zukünftige politische und gesundheitliche Maßnahmen bilden, die dazu beitragen können, die psychische Gesundheit der kommenden Generationen zu schützen.
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse der Studie bleibt die Frage nach der genauen Kausalität offen. Weitere Forschung ist erforderlich, um die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen und mögliche Gegenmaßnahmen zu entwickeln.