Die Gender-Ideologie hat offiziell auch die Schulen des beschaulichen Schweizer Kantons Tessin erreicht. Letzte Woche stellte des Departements für Bildung, Kultur und Sport (DECS) der «Schweizer Sonnenstube» die Agenda 2023-2024 für Fünftklässler und Mittelschüler vor. Darin enthalten sind Illustrationen und Texte zum Thema «Genderidentität».
Auf einem Bild wird ein Mädchen dargestellt, an dem Etiketten mit Piktogrammen von Frauen und Männern hängen. Darunter steht:
«Niemand scheint mich zu verstehen. Ich zuerst. Manchmal fühle ich mich wie ein Mädchen, manchmal scheine ich mich als Junge zu erkennen. Das ist keine oberflächliche oder momentane Sache. Es ist hingegen etwas, das mich zutiefst beunruhigt und über das ich mir ständig Fragen stelle. Gleichzeitig ist es etwas, das ich als Teil von mir empfinde und das zu mir gehört.»
Quelle: Screenshot Ticinonews
In der Illustration daneben schneidet ein anderes Mädchen eine Etikette mit dem Piktogramm einer Frau ab, die am ersten Mädchen hängt. Das zweite Mädchen erklärt:
«Sieh dir dieses Mädchen an, wie fluide sie ist. Ich verurteile niemanden wegen seiner sexuellen Orientierung oder seiner Geschlechtsidentität. Ich finde, dass jeder das Recht hat, zu versuchen, die Person zu sein, die er fühlt. Es ist für niemanden einfach, warum also nicht einander helfen? Ich frage sie jetzt, ob sie ausgehen möchte.»
Die Agenda stiess auf politischer Ebene auf heftige Kritik, wie Ticinonline berichtet. Lorenzo Quadri von der rechtsgerichteten Partei Lega dei Ticinesi ist der Ansicht, dass «die rote Schule» wieder «zuschlägt». Er erkennt in der neuen DECS-Agenda «Gender-Propaganda». Quadri weiter:
«Der Versuch des Kantons, Kinder von der Primarschule an mit der ‹Regenbogen›-Ideologie einer Gehirnwäsche zu unterziehen, ist inakzeptabel.»
Der Politiker schloss mit einem Appell an die Abgeordneten des Grossen Rates, zu intervenieren. So reichte die Partei il Centro (die Mitte) eine Anfrage ein, worin eine Untersuchung dieser illustrationen und Texte gefordert wird. Die Parteivorsitzenden Maurizio Agustoni und Maddalena Ermotti-Lepori kritisieren in der Anfrage, dass die Schulagenda in nur wenigen Zeilen eine Vielzahl von Themen vorschlägt, ohne sie in einen Kontext zu stellen oder die notwendigen Warnungen zu geben. Sie erläutern beispielsweise:
«Die Begriffe Genderidentität und sexuelle Orientierung werden im selben Satz erwähnt, als wären sie zwei sich überschneidende oder miteinander verbundene Aspekte. In Wirklichkeit hat die Genderinkongruenz (ein äusserst seltener Zustand) nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun: Eine homosexuelle Frau zweifelt zum Beispiel nicht daran, dass sie eine Frau ist.»
Die beiden Abgeordneten fragen sich auch, weshalb «Fluidität ein hervorzuhebendes Merkmal sein sollte». Sie fragen daher die Regierung, ob bei der Erstellung dieser beiden Seiten «Personen mit Kenntnissen über Sexualität eingesetzt wurden und ob geprüft wurde, ob die Empfänger der Agenda alle in der Lage sind, die betreffenden Seiten zu verarbeiten und zu verstehen».
Ferner möchten Agustoni und Ermotti-Lepori wissen, ob es bei Fragen zum Thema seitens der Kinder Hinweise oder Leitlinien für die zu gebenden Antworten gibt. Sie wollen zudem in Erfahrung bringen, ob die Familien der Fünftklässler einbezogen werden, sollten Lehrer planen, diese Themen im Unterricht zu behandeln.
Auch die neue Bewegung HelvEthica Ticino, die an den kantonalen Wahlen Anfang April zwei Sitze im Grossen Rat gewinnen konnte, kritisierte die Agenda in einer Stellungnahme. HelvEthica sei zwar gegen jede Form von Diskriminierung, aber:
«Wir distanzieren uns entschieden von der Verbreitung der Genderideologie in der Schule, da wir der Meinung sind, dass sie bei Kindern, die im heiklen Übergang zum Jugend- und Erwachsenenalter bereits grosse physische und psychische Veränderungen erleben, grosse Verwirrung stiftet.»
Die Bewegung beanstandete ebenfalls, dass in der Agenda Begriffe vermischt werden. So sei Genderidentität nicht mit Homosexualität zu verwechseln. Nach der Gender-Ideologie sei die Genderidentität eine Art «geschlechtliche Seele», die mit dem sogenannten «bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht» übereinstimmen kann oder auch nicht. HelvEthica weiter:
«Nach dieser Ideologie bezeichnen die Begriffe Mann und Frau nicht mehr das biologisch definierte männliche und weibliche Geschlecht der menschlichen Spezies. Nun stellt zwar niemand die biologische Tatsache bei Säugetieren in Frage, aber wer weiss, warum dies bei Menschen geschieht. (…) Unter dem Vorwand der Inklusion, des Kampfes gegen Mobbing und Diskriminierung und des Schutzes von Minderheiten wird den Kindern die Ideologie vermittelt, dass männlich oder weiblich ein inneres Gefühl oder eine Wahrnehmung ist. (…) Gemeinsam mit vielen besorgten Eltern fordern wir die Schulbehörden auf, die Verteilung dieser Agenden zu unterlassen. Wir fordern auch eine offene öffentliche Debatte über ein Thema, das sehr unangenehme Folgen für die Kinder haben könnte.»
HelvEthica weist darauf hin, dass im vergangenen Mai Fortbildungen für Lehrkräfte aller Stufen zum Thema «Wie man die Gleichstellung der Geschlechter fördern kann» gehalten wurden, die von Sexuelle Gesundheit Schweiz gefördert würden. Die Bewegung habe eine solche Agenda somit erwartet.
Die Junge SVP ((Schweizer Volkspartei) wendete sich ebenfalls gegen die neue Agenda und schrieb einen offenen Brief an die Tessiner Gemeindebehörden. Darin fordert sie diese auf, die Verteilung der Agenda in allen Schulen des Kantons zu stoppen. Nach Ansicht der Partei enthält die Agenda «klare Propaganda-Inhalte». Sie stelle komplexe und artikulierte Themen ohne angemessene Prüfung dar.
Die Unione Democratica Federale (UDF) Ticino hat ausserdem eine Petition gegen die Entscheidung der DECS lanciert, die umstrittene Agenda bereits in der fünften Klasse zu verteilen. In einer Pressemitteilung heisst es:
«Ein paar Worte sind nicht das Werkzeug, mit dem wir unsere Kinder über Fragen der Sexualität aufklären können. Die Absicht von DECS, die LGBT-Agenda zu propagieren und die Frühsexualisierung der Kindheit zu fördern, ist klar. (…) Wir werden auch Interpellationen vorschlagen und an die kommunale Ebene weiterleiten lassen, damit die Gemeinden die Verteilung der Agenda in der fünften Klasse blockieren.»
Das DECS verteidigte unterdessen die Agenda. Dessen Direktorin Marina Carobbio teilte mit:
«Die Geschlechtsidentität ist ein Thema, mit dem sich die Schulen auseinandersetzen müssen. Die diesjährige Schulagenda hat den Blick, also andere Urteile und den Kampf gegen Diskriminierung zum Thema.»
Inzwischen haben einige Gemeinden mitgeteilt, dass sie die Agenda den Fünftklässlern nicht verteilen werden.
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