Der deutsche Journalist Boris Reitschuster sprach Klartext, als er am 14. April 2021 in einem Interview mit dem Philosophen und Lehrer Gunnar Kaiser die dramatische Lage des kritischen Journalismus in Deutschland beschrieb. Anlass des Interviews waren die 7-tägigen Sperrungen von Reitschusters und Kaisers YouTube-Kanälen. Reitschusters Kanal wurde jeweils nach Berichterstattungen über Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen gesperrt. Er kommentiert die Geschehnisse folgendermassen:
«Es ist ein Generalangriff auf die Pressefreiheit! Ich würde sagen, wir sind in einem Informationskrieg und man versucht hier, kritische Stimmen zu zermürben, mundtot zu machen und zum Schweigen zu bringen. Und die Bundesregierung schweigt und sie ist auch diejenige, die in meinen Augen diese Atmosphäre schafft und die zumindest dafür verantwortlich ist.»
Boris Reitschuster hat schon Erfahrungen mit Repressalien gegen kritische Journalisten gemacht, denn er hatte sich einen Namen als Russland- und Putin-Kritiker eingehandelt und seine Berichterstattung führte 2007 gar zu seiner vorübergehenden Verhaftung in Russland. Während der «Pandemie» hat sich Reitschusters Bekanntheitsgrad weiter erhöht, da er an den Bundespressekonferenzen als Einzelkämpfer gegen das offizielle Corona-Narrativ antritt. Als einer unter lauter «Einpeitschern für die Regierung», wie Reitschuster die anderen anwesenden Journalisten auch schon treffend beschrieb.
Im Umgang mit kritischen Journalisten zieht Reitschuster Parallelen zwischen Russland und Deutschland, was für manche erstaunlich klingen mag. Mit Bezug auf die Literatur erinnere ihn die heutige Situation an Franz Kafka oder an Aldous Huxley, und insbesondere an die Geschichte seines Ziehvaters, dem russischen Schriftsteller, Satiriker und Dissidenten Wladimir Woinowitsch. Reitschuster sagte, er habe wirklich den Eindruck, in vielem widerfahre ihm erneut, was Woinowitsch erlebt habe.
Woinowitsch sei nie eingesperrt, doch immer als Rechter und als Faschist diffamiert worden. Es sei fast schon gespenstisch, wie viel von dem, was er aus Moskau kenne, er hier wieder erlebe. Ein ständiges, tägliches Moskau-Déjà-vu sei das. Er erklärt, dass der Staat in der Sowjetunion zwar auch zensierte, doch im heutigen Russland geschehe haargenau das Gleiche wie im Westen, wo die Zensur indirekt über private Unternehmen ausgeübt werde. Die Behörden könnten auf diese Weise ihre Hände in Unschuld waschen.
«Diese Handschrift, dass man die Abschaffung von Grundrechten, die Abschaffung von Demokratie outsourcet – dass das dann jemand anderes macht –, das ist ganz klar die postkommunistische Handschrift.»
Reitschuster findet es spannend, dass man so das Schlechteste aus beiden Systemen vereinigen würde: Auf der einen Seite das sowjetische KGB-Denken, in dem jeder Feind, jeder Gegner ein Faschist und ein Rechter sei, und auf der anderen Seite die in den USA unter Ronald Reagan begonnene und vom Soziologen Neil Postman in seinem Buch «Amusing Ourselves to Death» («Wir amüsieren uns zu Tode») eloquent beschriebene Entwicklung der völligen Verkehrung von Politik in eine Show, bei der alles inszeniert sei und es nur noch Talkshows gäbe.
Das würde nun hier zusammenwachsen mit dem alten sowjetischen System des Worte-Manipulierens. Die Parallelen seien erschreckend. Infolge seiner eigenen Erfahrungen in Moskau habe er eine hohe Sensibilität dafür und könne es kaum glauben, dass sich das hier nun ständig wiederhole.
Reitschuster unterstreicht dann nochmals den Aspekt der Diffamierung als Rechtsextremer. Das sei eine alte Methode, die der KGB damals eingeführt habe. Wenn man nicht mehr weiterkomme, dann müsse man den Gegner als Nazi diffamieren. Wenn man das gross über den Schreibtisch von Angela Merkel hängen würde, dann wäre damit das politische Credo der merkelschen Bundesrepublik zusammengefasst:
«Statt Diskussion, statt Diskurs, statt Toleranz und Offenheit wird im Namen von angeblicher Toleranz, angeblicher Offenheit, stattdessen mit dem Stigma «rechts», politische Willensbildung verhindert. Und dafür gibt man 1,15 Milliarden aus dem Staatshaushalt. Also wir bezahlen unsere eigene Stigmatisierung. Ich bin alter Sozialdemokrat, ich war Jungsozialist, es ist so absurd, es ist obszön absurd, muss man ganz ehrlich sagen.»
Wenn man die Leute aufhetze, erklärt Reitschuster weiter, würden die Kritiker für manche als Verräter erscheinen. Und in Deutschland sei die Gesellschaft faktisch im Kriegszustand, auch wenn das viele nicht erkennen würden. Er habe es in Russland erlebt, man müsse nur Vaterland mit Coronavirus ersetzen, und jeder, der sich kritisch äussere, sei Vaterlandsverräter oder jetzt Corona-Leugner.
Es sei schrecklich, dass diese Mechanismen wieder funktionieren würden, denn das gehe durch die Familien, durch Freundschaften, durch alles. Das sei nur durch massives Schüren von Angst und durch massive Mechanismen von «belagerter Festung» möglich. «Es ist sehr schlimm, wie ähnlich sich diese Mechanismen sind», sagt Reitschuster empört.
Er hält es auch für möglich, dass an Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen bestellte und bezahlte Provokateure eingesetzt würden. Er erwähnt einen Fall in Leipzig, den er selbst erlebt habe, als Fussball-Rowdies im Gänsemarsch auftauchten. Das ZDF-Team sei schon mit Kameras vor Ort gewesen, und das Ganze sei ihm inszeniert vorgekommen. Es könne auch alles Zufall gewesen sein, relativiert Reitschuster, doch es seien ganz eindeutig Leute gewesen, die sich zu 100 Prozent von den anderen Teilnehmern unterschieden hätten.
Aus Moskau kenne er diese Strategien der Provokation, um Andersdenkende zu diskeditieren. Das sei eine alte KGB-Taktik. Damit wolle er nicht sagen, dass sie bei uns derzeit auch angewendet werde, es seien einfach überraschende Parallelen zu erkennen. Es ist hinzuzufügen, dass agents provocateurs in der Tat auch im Westen mindestens seit dem frühen neunzehnten Jahrhundert eingesetzt werden. Das amerikanische FBI hatte dafür zum Beispiel bis 1971 sogar offiziell eine spezielle Abteilung, die sich COINTELPRO nannte.
Der Kriegsmechanismus führe laut Reitschuster dazu, dass man ihn nicht mehr als Journalisten sehen würde, sondern als Feind, als böse. Eine Entmenschlichung sei die Folge: es könne dann gesagt werden, man sei für Pressefreiheit, aber gegen böse Volksfeinde wie Gunnar Kaiser und Reitschuster. Das Ganze könne erdrutschartig enden, resümiert er. Deshalb sei die Angst vor kritischen Journalisten gross und müssten alternative Kanäle gesperrt werden.
Reitschuster warnt auch vor der Gefahr des Extremismus. Da es während der Merkel-Zeit einen extremen Linksrutsch gegeben habe, bestehe jetzt die Gefahr, dass das Pendel wieder nach rechts ausschlagen könnte. Es wäre deshalb wichtig, dass sich die Mitte zu Wort meldet, doch sei es schlimm, dass sich die Unternehmer und die FDP nicht trauen würden.
Die FDP hätte jetzt die Chance, eine wirklich liberale, bürgerliche Kraft zu entwickeln. Stattdessen mache deren Vorsitzender in seinen Augen immer nur Männchen und würde das Büsserhemd anziehen, das sei erschreckend. Dieses Versagen der bürgerlichen Kräfte sowie von grossen Teilen der CDU sei ganz bitter, konstatiert Reitschuster. Das seien die Ersten, die dann als nützliche Idioten aufgefressen würden.
Zum Schluss hat Reitschuster noch einige Ratschläge für die alternativen Medien. Er wiederholt die Existenz eines Informationskrieges und es sei ganz klar, wer die grossen Truppen auf seiner Seite habe. Man müsse sich deshalb auf eine Partisanentaktik konzentrieren, zum Beispiel, indem man sich die Videos gegenseitig zuspiele. Wenn die Videos auf verschiedenen Plattformen seien, dann sei eine Zensur äusserst schwierig.
Man müsse sie zudem mit ihren eigenen Mitteln schlagen. Er überlege sich zum Beispiel, YouTube als Retourkutsche eine Woche zu «striken», indem er die Leute nur noch auf eine andere Seite verweist. Wichtig sei auch, solidarisch zu sein und Videos von gesperrten Kanälen auf anderen Kanälen zu veröffentlichen. Auch die alternativen Medien müssten ihr Konkurrenzdenken überwinden, das bei einigen noch vorhanden sei. Es gehe darum, gemeinsam zu überleben.