Christian Vogler vom Augustiner-Keller in München ist nicht nur stadtbekannt, sondern auch gewieft: Kurz vor dem Lockdown Anfang März hatte er sein bekanntes Bierlokal gegen eine drohende Betriebsschliessung versichert und verlangte anschliessend einen Ausgleich von seiner Versicherung für die entgangenen Einnahmen.
Ebenso wie Vogler baten auch andere Münchner Wirte ihre Versicherungen zur Kasse, da ihre Lokale «durch behördliche Anordnung geschlossen wurden», so der Passus in den Policen. Aber die Versicherungen stellten sich quer. «Corona sei in den Versicherungsbedingungen nicht aufgeführt, ausserdem habe nicht die zuständige Behörde, also das Gesundheitsamt, die Schliessung verfügt, sondern die Staatsregierung; die Versicherung gelte zudem nur für den Fall, dass in dem konkreten Betrieb eine Erkrankung auftrete, nicht bei einer präventiven, flächendeckenden Schliessung», erläutert die Süddeutsche Zeitung die gängigen Begründungen, um nicht zahlen zu müssen.
Doch die auf Versicherungsrecht spezialisierte 12. Zivilkammer des Bayerischen Landgerichts sieht das anders. Die Liste der in den Versicherungsbedingungen erfassten Krankheiten sei zwar unvollständig – sie schliesst Covid-19 nicht ein –, dem Versicherungsnehmer sei es aber nicht zuzumuten, von sich aus ständig die Versicherungsbedingungen mit den im Infektionsschutzgesetz aufgelisteten neuen Krankheiten und Erregern abzugleichen. Ergo müsse die Versicherung zahlen. Im Falle des Wirtes Vogler sind das 1‘014‘000 Euro.
Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig und eine Berufung zum Oberlandesgericht zulässig. Und doch sehen weitere Wirte hoffnungsvoll in die Zukunft, denn das Urteil gilt als richtungsweisend. Allein am Landgericht München I sind 86 weitere Klagen anhängig.