Im Jahr 2021 startete die Europäische Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen das Programm Global Gateway mit dem Ziel, bis 2027 rund 300 Milliarden Euro in Infrastrukturprojekte in Entwicklungsländern zu investieren. Ein besonderer Schwerpunkt soll dabei auf Afrika liegen. Die Initiative zielt auf Schlüsselsektoren wie Digitalisierung, Klima, Energie, Verkehr, Gesundheit, Bildung und Forschung ab und soll eine Alternative zu Chinas Neuer Seidenstraße bieten. Der Kommission zufolge soll Global Gateway nachhaltige Verbindungen ohne Abhängigkeiten schaffen, indem hohe Standards für Umwelt und Arbeitnehmerrechte gefördert werden.
In einem Bericht von Oxfam, Counter Balance und Eurodad, auf den L’Indipendente aufmerksam macht, wird die Initiative jedoch kritisiert. Demnach geht ein Großteil der Gelder an multinationale Unternehmen mit Hauptsitz in Europa wie Siemens, BioNTech, Moller Group und Suez.
Nur 16 Prozent der 225 Projekte, die zwischen 2023 und 2024 ins Leben gerufen wurden, beträfen Sektoren wie Gesundheit und Bildung, die für die Verbesserung der Lebensbedingungen in ärmeren Gebieten unerlässlich sind. Die meisten Projekte würden sich auf die Bereiche Klima und Energie (49 Prozent) und Verkehr (22 Prozent) konzentrieren. Die drei Organisationen erklären in dem Bericht:
«Was als EU-Branding-Strategie begann, hat sich zu einem zentralen Ansatz für das auswärtige Handeln entwickelt, der zunehmend andere wichtige EU-Politiken beeinflusst, wie den Green Deal Industrial Plan und das Gesetz über kritische Rohstoffe. Gleichzeitig stehen die Maßnahmen der EU zur Umsetzung des Global Gateway im Widerspruch zu ihren eigenen Verpflichtungen zur Wahrung hoher Standards bei Menschen-, Sozial- und Arbeitnehmerrechten, Transparenz, Schaffung gleichberechtigter Partnerschaften anstelle von Abhängigkeiten, und eine demokratische Investitionsagenda zu offerieren.»
L’Indipendente prangert zudem den Ausschluss der begünstigten Länder vom Entscheidungsprozess des Programms an. Es sei hauptsächlich zur Befriedigung der wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen der EU entwickelt worden.