Eine vor wenigen Tagen im Journal of Neuroinflammation veröffentlichte Studie hat ergeben, dass Labormäuse, die dem Herbizid Glyphosat ausgesetzt waren, eine erhebliche Entzündung des Gehirns entwickelten – ein Zustand, der mit neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer in Verbindung gebracht wird. Das berichtet das Magazin The New Lede.
Glyphosat ist wohlgemerkt nicht irgendein Herbizid, sondern das weltweit am häufigsten verwendete. Es wird von dem seit 2018 zur Bayer AG gehörenden Gentech-Multi Monsanto unter dem Namen «Roundup» vertrieben und bereits seit Mitte der 1970er Jahre zur Bekämpfung von «Unkraut» eingesetzt. The New Lede schreibt dazu:
«Es wird von Landwirten, Hausbesitzern sowie industriellen und kommunalen Anwendern schon so lange in großem Umfang eingesetzt, dass es als allgegenwärtig gilt und in Lebensmitteln, Wasser und menschlichen Urinproben gefunden wird.
In einem Bericht der [US-Seuchenbehörde] Centers for Disease Control and Prevention aus dem Jahr 2022 heißt es, dass mehr als 80 Prozent der Urinproben von Kindern und Erwachsenen in einer US-Gesundheitsstudie Glyphosat enthielten.»
Kürzlich wurden in Europa hohe Glyphosatkonzentrationen sogar in Düngemitteln entdeckt, die im ökologischen Anbau verwendet werden (Transition News berichtete). Und im Juni ist eine Studie erschienen, die ergeben hatte, dass fast 60 Prozent der untersuchten Spermaproben besorgniserregende Mengen an Glyphosat enthielten (siehe TN-Artikel).
Alzheimer wiederum zieht offenkundig immer weitere Kreise. Laut The New Lede sind allein in den USA fast sieben Millionen Menschen an Alzheimer erkrankt – «eine Zahl, die bis 2050 auf fast 13 Millionen ansteigen dürfte», so das Magazin. «Laut der Alzheimer’s Association war die Krankheit im Jahr 2021 die fünfthäufigste Todesursache bei Menschen ab 65 Jahren.»
Und offenbar kann nicht nur das Gehirn durch Glyphosat geschädigt werden. Kürzlich wurde eine Untersuchung publiziert, der zufolge «Glyphosat in signifikantem Zusammenhang mit dem Auftreten von Nierensteinen steht» (Transition News berichtete).
Was die möglichen negativen Auswirkungen des Herbizids auf das Gehirn betrifft, so erklärten die Wissenschaftler, von denen viele mit einem Forschungszentrum für neurodegenerative Erkrankungen an der Arizona State University (ASU) verbunden sind, dass die Symptome auch lange nach Beendigung der Exposition anhalten würden. The New Lede zitiert den leitenden ASU-Forscher Ramon Velazquez mit folgenden Worten:
«Diese Arbeit ist ein weiterer Schritt zum Verständnis der Auswirkungen dieses weit verbreiteten Herbizids auf das Gehirn. Es sind jedoch weitere Forschungsarbeiten erforderlich, um die Auswirkungen von Glyphosat auf das Gehirn zu bestimmen, da die meisten Amerikaner diesem Herbizid täglich ausgesetzt sind.»
Velazquez wies zudem darauf hin, dass die Arbeit angesichts der zunehmenden Häufigkeit von kognitiven «Beeinträchtigungen» in der alternden Bevölkerung besonders wichtig sei, insbesondere in ländlichen Gemeinden, in denen Glyphosat in der Landwirtschaft eingesetzt werde.
The New Lede macht des Weiteren darauf aufmerksam, dass mehrere Autoren der neuen Arbeit auch zu einem Team gehörten, das eine 2022 veröffentlichte Studie verfasst habe. Diese Arbeit kam zu folgendem Schluss:
«Insgesamt zeigen diese Ergebnisse zum ersten Mal, dass Glyphosat das Gehirn infiltriert, sowohl die Expression von [dem Tumornekrosefaktor] TNFα als auch von löslichem [Beta-Amyloid] Aβ erhöht und das Transkriptom [Gesamtheit aller in einer Zelle hergestellten RNA-Moleküle] dosisabhängig stört. Dies deutet darauf hin, dass die Exposition gegenüber diesem Herbizid schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit der allgemeinen Bevölkerung haben könnte.»
In der neuen Studie wurde den Mäusen 13 Wochen lang Glyphosat verabreicht. Darauf folgte eine sechsmonatige Erholungsphase. Für die Untersuchung wurden sowohl normale Mäuse als auch transgene Mäuse verwendet, die genetisch so verändert worden waren, dass sie Gene tragen, die sie zur Entwicklung von Alzheimer-Symptomen veranlassen.
Die Forscher stellten dabei fest, dass selbst eine niedrige Dosis, die in der Nähe des Grenzwerts zur Festlegung akzeptabler Dosen für Menschen liegt, schädliche Auswirkungen auf die Mäuse hatte. The New Lede meint weiter:
«Den Autoren zufolge zeigt ihre Mäusestudie, dass die Glyphosat-Exposition zu einem vorzeitigen Tod, einer ‹beschleunigten› alzheimer-ähnlichen Pathologie und einem ‹anschließenden angstähnlichen Verhalten› bei den transgenen Mäusen führte. Zudem sei eine Neuroinflammation, also eine Entzündung des Nervengewebes bei beiden Arten von Mäusen verursacht worden, und zwar trotz des Umstandes, dass sie sich monatelang von der Exposition gegenüber Glyphosat erholen konnten.»
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