Während der Finanzkrise, die 2010 losging, hatte die griechische Regierung die Möglichkeit, Bargeld zu beziehen, stark limitiert. Die Geschäfte wurden verpflichtet, Bezahlterminals für Karten einzurichten. Wer noch Bares hatte – vor allem Touristen und Menschen, die ihr Erspartes rechtzeitig unter der Matratze versteckt hatten – wurde regelrecht hofiert und mit grosszügigen Rabatten angelockt, um sein Papier- und Hartgeld abzugeben. Elektronische Transaktionen waren in unbegrenzter Höhe möglich.
Dabei wurde zunächst argumentiert, man wolle verhindern, dass das Bankensystem gänzlich «ausblutet». Und dann hiess es, der Bargeldumlauf müsse eingeschränkt werden, um den «Kampf gegen die Steuerhinterziehung» effektiv führen zu können.
Bis zur griechischen Staatsschuldenkrise, auch griechische Depression genannt, war Hellas im Prinzip eine Bargeldwirtschaft. Praktisch alle täglichen Transaktionen wurden mit Cash abgewickelt. Das wurde mit der Krise anders, und jetzt hat die Regierung dem Bargeld wiederum den Kampf angesagt. Transaktionen von mehr als 500 Euro müssen obligatorisch bargeldlos abgewickelt werden.
Eigentlich wollte die Regierung ein noch tieferes Limit setzen. Dies wurde aber von der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht akzeptiert, da dies bedeutet hätte, dass die 500-Euro-Note nicht mehr gesetzliches Zahlungsmittel sein kann, was der EU-Regulierung widerspricht.
In der Schweiz, wo Bargeld – noch – in unbeschränkter Höhe verwendet werden darf, gibt es sogar noch eine 1000-Franken-Note.
Die griechische Zeitung Kathimerini meldet nun, dass die Sozialhilfe schrittweise auf Prepaid-Karten umgestellt werden solle. In einem ersten Schritt ist nur die Hälfte der Sozialhilfeempfänger betroffen, aber das Ziel ist es, die Sozialhilfe gänzlich elektronisch abzuwickeln. Wie es übrigens heisst, werde das Projekt aus dem EU-Wiederaufbaufonds bezahlt.
Vor Griechenland hatte bereits die frühere australische Regierung die Sozialhilfe auf Bezahlkarten umgestellt. Diese waren dann nur bei bestimmten Annahmestellen gültig – und Alkohol und andere als schädlich eingestufte Güter konnten damit nicht erstanden werden.
Wie eine Untersuchung aufzeigte, ging dies mit grossen Nachteilen für die Betroffenen einher und hatte keine positive Wirkung auf den Alkoholismus. Die Massnahme wurde schliesslich von der gegenwärtigen Regierung wieder abgeschafft.
Dass sich die griechische Regierung durch die negativen Erfahrungen in Australien abschrecken lässt, ist kaum zu erwarten. Nicht ausgeschlossen ist dabei, dass schon die Idee in der Schublade ist, die Karte für gewissen Warenkategorien zu sperren (zum Beispiel Alkohol und Tabakwaren) oder sie mit einer elektronischen Identitätskarte zu verbinden, damit das Einkaufsverhalten der Menschen lückenlos nachverfolgt werden kann.
In einem viel geringeren Ausmass sind derweil in Deutschland Bestrebungen im Gang, Asylbewerbern kein Bargeld mehr auszuzahlen. Stattdessen sollen ihnen die Sozialleistungen in Form einer Bezahlkarte zugänglich gemacht werden (vgl. hier und hier).
Während in Deutschland diese Initiative zur Abwehr illegaler Migration gedacht ist – es geht wohl nicht zuletzt darum, dass Asylbewerber kein Geld mehr nach Hause schicken können – geht es in Griechenland wohlgemerkt darum, alle Sozialleistungen so zu vergüten. Auch Griechinnen und Griechen, die im Land geboren sind, gearbeitet und Steuern bezahlt haben, würden, wenn sie der Fürsorge anheimfallen, die Sozialleistungen nur noch in Form einer Bezahlkarte erhalten.
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