Griechenland geht einen großen Schritt in Richtung digitale Verwaltung: Ab dem 3. Juni 2025 können Bürgerinnen und Bürger die neue Personal Citizen Number (PCN) beantragen, die als universelle Identifikationsnummer in allen öffentlichen Diensten dient. Die PCN ersetzt die bisher verstreuten Nummern wie die Steuer-ID (AFM), die Sozialversicherungsnummer (AMKA) und andere, die bislang je nach Behörde individuell vergeben wurden. Dies meldete Ende Mai die Plattform Biometric Update.
Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis präsentierte das System als zentralen Schlüssel für den modernen Bürgerstaat: «Die neue persönliche Nummer wird zum Schlüssel, um jede Transaktion mit dem öffentlichen Sektor zu ermöglichen.» Die Vision dahinter: eine digital vernetzte Verwaltung, die Bürgern den Zugang zu staatlichen Leistungen erleichtert und Prozesse effizienter gestaltet.
Die Personal Citizen Number besteht aus zwölf Zeichen, die eine Kombination aus drei alphanumerischen Elementen – davon zwei frei wählbar – und der persönlichen AFM enthalten. Sie wird einmalig vergeben und bleibt lebenslang gültig. Der Zugang erfolgt über die MyInfo-App im digitalen Gov.gr-Wallet, wofür ein registriertes Mobiltelefon und gültige Taxisnet-Zugangsdaten notwendig sind. Taxisnet ist das digitale System der Steuerverwaltung.
Zukünftig wird die PCN auch auf neu ausgestellten Personalausweisen abgedruckt. Wer bereits im Besitz eines aktuellen Ausweises ist, muss diesen jedoch nicht austauschen – die PCN ist jederzeit digital abrufbar. Ergänzt wird das System durch PINs, die bereits seit März auf ID-Karten eingeführt wurden. Diese sind ebenfalls einzigartig, digital gespeichert und physisch auf der Karte sichtbar – allerdings nicht mit biometrischen Daten verknüpft.
Parallel zum Erwachsenensystem hat Griechenland auch eine digitale Brieftasche für Kinder ins Leben gerufen. Der «Kids Wallet» ermöglicht Minderjährigen unter 15 Jahren, altersgerechte Online-Inhalte zu nutzen – stets unter Aufsicht und Zustimmung der Erziehungsberechtigten. Das Wallet enthält eine eigene digitale Identitätsnummer für das Kind, die bis zur vollständigen Einführung der PCN verwendet wird.
Die Einführung der PCN ist Teil der umfassenden Digitalstrategie Griechenlands («Digital Greece 2020–2025»), die unter anderem 475 Digitalprojekte auf den Weg gebracht hat – davon sind derzeit 295 in Umsetzung. Das Portal Gov.gr zählt bereits über 1700 digitale Dienstleistungen. Die technische und rechtliche Grundlage liefert das strategische Dokument «Digital Transformation Bible», das nicht nur Infrastruktur definiert, sondern auch Bürgerinnen und Bürger bei der digitalen Bildung unterstützt.
International schlägt Griechenland ebenfalls digitale Brücken. Seit Januar 2024 ist das Land Mitglied der Digital Cooperation Organization (DCO), einer globalen Initiative mit Sitz in Riad, die sich insbesondere für die Integration des Globalen Südens in die weltweite Digitalwirtschaft einsetzt. Die DCO arbeitet unter anderem an ethischen Rahmenwerken für den Einsatz künstlicher Intelligenz und digitaler Identität in Zusammenarbeit mit dem Europarat und der Afrikanischen Union.
Kommentar Transition News
Die Einführung der Personal Citizen Number markiert eine Zäsur im griechischen Verwaltungswesen – weg von bürokratischen Hürden, hin zu einem digitalen Staat, der für Transparenz, Effizienz und Bürgernähe stehen soll. Während viele europäische Länder noch über gemeinsame digitale Identitäten diskutieren, schafft Griechenland Fakten.
Ist also alles bestens? Es wäre tatsächlich ein Segen, wenn es mit diesen zahlreichen Bescheinigungen, Dokumenten und Papieren, die man sich in Hellas ständig beschaffen muss und bei denen man zu eingeschränkten Öffnungszeiten auf bestimmten Büros – meist in Athen – vorsprechen muss, ein Ende hätte. Allerdings ist für eine Digitalisierung eine persönliche Identifikationsnummer für Bürger keine zwingende Voraussetzung. In der Schweiz kann beispielsweise fast alles digital erledigt werden, aber die Systeme sind nicht verknüpft, was für den Datenschutz immense Vorteile hat.
Wenn man das (diplomatisch ausgedrückt) pragmatische Verhältnis der griechischen Politik zu den Grundrechten kennt, wird man mindestens misstrauisch. Dieses Misstrauen wird auch durch das ungewohnt forsche Tempo geschürt, das die gegenwärtige griechische Regierung dabei anschlägt.
Eine zentrale, persönliche Identifikationsnummer, die dann auch mit einer digitalen ID verknüpft wird, würde nicht nur eine verstärkte Überwachung erlauben, sondern auch, Dinge zu verknüpfen, die nichts miteinander zu tun haben.
Diese Nummer eignet sich dann auch ausgezeichnet als Repressionsinstrument, wenn Dienstleistungen des Staates im einen Bereich vom Wohlverhalten im anderen Bereich abhängig gemacht werden. Es könnte zum Beispiel das digitale Impfbüchlein mit Bankdaten verknüpft werden.
Seit der Finanzkrise läuft in Griechenland zusätzlich ein Kampf gegen das Bargeld. Die Rückzugsbeschränkungen sind zwar nicht mehr so einschneidend wie damals, aber es wird immer mehr Druck ausgeübt, bargeldlos zu zahlen. Wenn diese digitalen Spuren verknüpft werden, wird es heikel. Und wenn man weiß, dass in der Eurozone der programmierbare digitale Euro vorbereitet wird, dann sowieso.