Israel stelle irreführende Behauptungen über die Erleichterung der Hilfe für den Gazastreifen auf, insbesondere durch seine Agentur COGAT (Coordination of Government Activities in the Territories). Dies behauptet Shai Grunberg, Sprecherin der israelischen Menschenrechtsorganisation Gisha, die sich für den freien Verkehr von Palästinensern und Waren einsetzt, vor allem von und nach Gaza.
In der israelischen Zeitung Haaretz erklärt Grunberg, Israels Behauptungen wie die, es fänden «groß angelegte Bemühungen» zur Erleichterung des Hilfstransfers in Abstimmung mit internationalen Organisationen statt, seien irreführend. Nach internationalem Recht sei Israel als Kriegspartei und Besatzungsmacht nicht nur verpflichtet, Hilfsgüter nach Gaza zu lassen, sondern auch dafür zu sorgen, dass sie die bedürftige Bevölkerung erreichen. Israel komme diesen Verpflichtungen jedoch nicht nach.
Selbst nach den von COGAT veröffentlichten Zahlen sei die Menge der im Oktober eingegangenen Waren die niedrigste seit Jahresbeginn und sogar die niedrigste überhaupt. Die Taktik der COGAT sei, zu behaupten, dass der Hauptgrund für die Blockade der Lieferungen «ein Rückgang der internationalen Hilfe ist – und nicht die von der Regierung auferlegten Beschränkungen», und dass «Hunderte von Lastwagen, die mit Ausrüstung beladen sind, immer noch auf der Seite des Gazastreifens warten und nicht abgeholt werden».
Grunberg wendet ein, dass zwar tatsächlich Hunderte von Lastwagen an den Grenzübergängen warten, das liege aber daran, dass die Bedingungen vor Ort, für die Israel verantwortlich sei, die Organisationen daran hindern, die humanitäre Hilfe an die Bedürftigen weiterzuleiten. Sie erläutert:
«Die Organisationen warnen immer wieder vor den Gefahren, die ihnen durch die Kämpfe in der Region sowie durch gewaltsame Überfälle und Plünderungen der Lieferungen durch bewaffnete Männer drohen. Sie berichten, dass etwa die Hälfte ihrer Anfragen zur Koordinierung mit den israelischen Verteidigungskräften abgelehnt werden und sie die Bewohner nicht erreichen können.
Die unablässigen Militärangriffe im gesamten Gazastreifen haben zur Zerstörung der Infrastruktur geführt, die Straßen sind unpassierbar geworden, und die Armee schränkt den Verkehr auf den Zufahrtsstraßen zu den Sammelstellen für Waren auf der palästinensischen Seite der Grenzübergänge ein.»
Die Behauptung von COGAT, es gebe «ausreichende Reserven [an Hilfsgütern] im Norden» des Gazastreifens, bezeichnet die Aktivistin als schlicht haltlos. Diese stehe im Widerspruch zu Berichten von Hilfsorganisationen wie dem Famine Review Committee der Vereinten Nationen, das kürzlich vor einer sich verschlimmernden humanitären Katastrophe und der Möglichkeit des Verhungerns im nördlichen Gazastreifen warnte. Trotz wiederholter Aufforderungen des Obersten Gerichtshofs an die Regierung, Daten zur Untermauerung ihrer Behauptungen vorzulegen, sei die Regierung dieser Aufforderung nicht nachgekommen.
Laut Grunberg hat Israel zwar eingeräumt, dass eine verstärkte Hilfeleistung die Zahl der Plünderungen verringert, aber wenig Anstrengungen unternommen, um die Verteilung der Hilfe zu verbessern. Stattdessen behindere die Regierung aktiv die Arbeit von Hilfsorganisationen und erschwere den Fortgang der Hilfsmaßnahmen, wodurch sich die Krise weiter verschärfe. Sie macht klar:
«Durch Manipulation, Verdrehung der Tatsachen und Verheimlichung setzt Israel also schreckliche Pläne um, zu denen auch eine Politik des Aushungerns der Bevölkerung gehört.»
Die Menschenrechtsaktivistin kritisiert auch den Obersten Gerichtshof. Er ermögliche dieses Verhalten, indem er der Regierung weiterhin wiederholt die Möglichkeit gebe, sich der Rechenschaftspflicht zu entziehen und eine falsche Darstellung der Einhaltung des Internationalen Rechts aufrechtzuerhalten. Auf diese Weise mache sich das Gericht mitschuldig an Israels Manipulation.
Nachdem die Belagerung des nördlichen Gazastreifens verschärft wurde und die Angriffe in der Region zunahmen, beantragte Gisha Anfang Oktober zusammen mit anderen Menschenrechtsorganisationen beim Obersten Gerichtshof eine einstweilige Verfügung, die Israel verpflichtet, den uneingeschränkten Zugang zu humanitärer Hilfe zu ermöglichen, die für das Überleben der Zivilbevölkerung in dem Gebiet notwendig ist.