«Flagge zeigen» verstehen viele Menschen in Kriegszeiten wörtlich, wird doch mit ihnen vielerorts mit nationalistischem Pathos für die eine oder die andere Seite Partei ergriffen. Die blau-gelbe Flagge der Ukraine etwa ist, seitdem Russland in das Land einmarschiert ist, im Westen allgegenwärtig.
Nun führt auch der Krieg zwischen Israel und der Hamas dazu, dass viele Menschen sich auf die eine oder andere Seite schlagen und es so zu einer weiteren Spaltung in den Bevölkerungen kommt. Weltweit finden Kundgebungen unter Fahnenmeeren statt, entweder mit den palästinensischen oder mit den israelischen Farben.
Seit vergangener Woche zeigt nun auch eine Zeitung im wahrsten Sinne des Wortes Flagge. Dabei handelt es sich um The Jerusalem Post, die eine israelische Flagge in ihr Logo eingefügt hat (siehe Bilder unten). Es darf jedoch bezweifelt werden, dass dies zu einer Lösung des Konflikts beitragen wird.
So wurde das Blatt 1932, also während der britischen Mandatszeit, in Palästina gegründet, und zwar als The Palestine Post. Dieser Name wurde 1950 geändert, doch die palästinensische Geschichte trägt die Zeitung in sich.
Quelle: Screenshot Wayback Machine/«Jerusalem Post», 15. Oktober 2023
Quelle: Screenshot «Jerusalem Post», 24. Oktober 2023
Hinzu kommt, dass Ost-Jerusalem nach internationalem Recht als Teil des Westjordanlandes und damit der palästinensischen Gebiete gilt. Gerade eine Jerusalem(!) Post sollte folglich das tun, was eigentlich jedem Medium eigen sein sollte, nämlich sich eine neutrale Berichterstattung «auf die Fahnen» schreiben. Und eine israelische Fahne im Logo erscheint da nicht gerade förderlich.
Viele Palästinenser bringen derweil vor, die beiden blauen Streifen auf der israelischen Flagge würden die Flüsse Nil und Euphrat darstellen. Dabei unterstellen sie Israel, es wolle letztendlich das gesamte Land dazwischen an sich reissen und ein «Grossisrael» anstreben.
Gemäss dem arabische Schriftsteller Saqr Abu Fakhr ist diese Interpretation der Flagge zwar ein unbegründetes populäres Missverständnis, was sich auch belegen liesse. Dennoch sind eben viele Palästinenser dieser Auffassung. Jetzt, wo dem Gazastreifen die Vernichtung droht, zeugt die Massnahme der Jerusalem Post nicht von ausgeprägter Sensibilität.
Das Vorgehen des Blattes ist womöglich zumindest in Teilen mit dem Wandel seiner politischen Ausrichtung geschuldet. Laut Wikipedia war The Jerusalem Post ursprünglich eine linke Zeitung, wendete sich in den späten 1980er Jahren jedoch deutlich nach rechts. Seit 2004 bekennt sich die Zeitung zwar zur politischen Mitte Israels, gilt jedoch als rechts stehend.
Die Aktion erinnert an die Ankündigung im Jahre 2017 des damaligen U.S. Präsidenten Donald Trump, dass die USA Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen würden.
Die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die meisten Länder sprechen sich hingegen dafür aus, dass Jerusalem die künftige Hauptstadt Israels und Palästinas sein sollte. Russland erkennt neben anderen Ländern bereits Ostjerusalem als Hauptstadt Palästinas und Westjerusalem als Hauptstadt Israels an.
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