Eltern setzen ihre Kinder möglicherweise unwissentlich giftigen Chemikalien in Matratzen aus, die mit Gefahren wie Entwicklungsstörungen, Krebs und neurologischen Schäden in Verbindung gebracht werden. Neue Studien der Universität Toronto zeigen, dass Kindermatratzen alarmierende Mengen an hormonschädigenden Flammschutzmitteln, Phthalaten und UV-Filtern enthalten (hier und hier). Eine der Studien wurde in Zusammenarbeit mit dem Green Science Policy Institute in Kalifornien durchgeführt.
Diese Chemikalien reichern sich in der Luft des Schlafzimmers an und werden eingeatmet oder über die Haut aufgenommen. Da Säuglinge bis zu 17 Stunden und Kleinkinder bis zu 14 Stunden pro Tag im Bett verbringen, warnen die Forscher, dass eine längere Belastung lebenslange Folgen haben könnte. Kinder sind zudem aufgrund ihrer höheren Atemfrequenz, ihrer dünneren Haut und ihres unreifen Entgiftungssystems besonders gefährdet. Ihr häufiges Hand-zu-Mund-Verhalten erhöht außerdem die Aufnahme von chemikalienbelastetem Staub.
Die Wissenschaftler seien «sehr überrascht» über den Gehalt an Chemikalien gewesen, erklärte Miriam Diamond, Mitautorin der Studie und Umweltchemikerin an der Universität von Toronto, gegenüber dem Guardian. Drei Prozent des Gewichts einer Matratze hätten Flammschutzmittel ausgemacht. Diamond ergänzte:
«Wir waren wirklich schockiert, was in den Matratzen enthalten war. Die Kinder bekommen eine ziemliche Dosis von diesem Zeug ab.»
Mitautorin Arlene Blum, Geschäftsführerin des Green Science Policy Institute, sagte in einer Medienmitteilung:
«Flammschutzmittel sind seit langem bekannt dafür, dass sie die kognitiven Funktionen und die Lernfähigkeit unserer Kinder beeinträchtigen. Es ist besorgniserregend, dass diese Chemikalien immer noch in Kindermatratzen zu finden sind, obwohl wir wissen, dass sie keinen erwiesenen Nutzen für die Brandsicherheit haben und nicht erforderlich sind, um die Entflammbarkeitsnormen zu erfüllen.»
Phthalate, die zum Weichmachen von Kunststoffen verwendet werden, wurden sogar in Matratzenbezügen aus Nicht-Kunststoff nachgewiesen. Einige Werte überstiegen den Autoren zufolge die US-Grenzwerte für Kinderspielzeug. Für Matratzen gebe es dort keine solchen Schwellenwerte. Flammschutzmittel wie TCEP, das in Kanada verboten ist, wurden in US-Matratzen gefunden, darunter auch in einer, die als sicherheitsgerecht gekennzeichnet war. In der EU und in der Schweiz gelten ähnliche Vorschriften wie in Kanada.
Phthalate und Flammschutzmittel gehören zu einer Klasse von Chemikalien, deren Verbindungen mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen wie Krebs, Fortpflanzungsschäden, Missbildungen der Geschlechtsorgane, neurologischen Schäden, hormonellen Störungen und früher Pubertät in Verbindung gebracht werden. Die Exposition gegenüber einigen Arten von Flammschutzmitteln steht in engem Zusammenhang mit einem niedrigeren IQ bei Kindern.
Der American Chemistry Council verteidigte Natural News zufolge die Verwendung dieser Stoffe mit dem Hinweis, dass sie einer «strengen Prüfung» unterzogen werden. Kritiker würden jedoch argumentieren, dass die Regulierungsbehörden die kumulative Exposition nicht berücksichtigen.
Auch wenn es fast unmöglich ist, diese Chemikalien ganz zu vermeiden, empfehlen Experten laut dem Portal praktische Schritte zur Minimierung der Exposition:
- Wählen Sie zertifizierte Matratzen aus Bio-Wolle, -Baumwolle oder -Latex.
- Vermeiden Sie wasserdichte Bezüge und Polyurethanschaum, die häufig Phthalate enthalten.
- Waschen Sie das Bettzeug häufig, um chemische Ablagerungen zu vermeiden.
- Entscheiden Sie sich für neutral gefärbtes Bettzeug, da helle Farbstoffe oft UV-Filter enthalten.
Dem muss allerdings hinzufügt werden, dass dunkle Farbstoffe oft mehr Chemikalien enthalten, um tiefe Farben wie Schwarz oder Marineblau zu fixieren und zu stabilisieren.