Die in Großbritannien betriebene Dating-Plattform NikkahGram steht derzeit massiv in der Kritik. Sie richtet sich gezielt an muslimische Männer, die nach eigenen Angaben «gottesfürchtige und gehorsame» Frauen suchen – idealerweise jung, ledig und unter 35 Jahre alt. Besonders umstritten ist dabei die explizite Bewerbung von «jungfräulichen Bräuten» sowie die Offenheit, mit der die Plattform polygame Ehen unterstützt.
Auch über die Social-Media-Kanäle von NikkahGram verbreiten Betreiber und Unterstützer fragwürdige Botschaften. In veröffentlichten Videos erhalten Männer unter anderem Ratschläge zur Züchtigung ungehorsamer Ehefrauen – mit dem Hinweis, dass körperliche Strafen «schrittweise» erfolgen und «nicht sofort mit voller Härte» ausgeführt werden sollten. Solche Inhalte werden weithin als indirekte Billigung häuslicher Gewalt gewertet.
Ein prominentes Gesicht hinter der Plattform ist Asif Munaf, ein ehemaliger NHS-Arzt, der nach antisemitischen Äußerungen von der britischen Ärztekammer ausgeschlossen wurde. Heute tritt er als Coach für islamische Ehen auf und präsentiert in den Medieninhalten von NikkahGram seine Sicht auf traditionelle Ehemodelle.
Politische und gesellschaftliche Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Der konservative Politiker Robert Jenrick nannte die Plattform «abstoßend» und warf ihr vor, Gewalt innerhalb der Ehe zu legitimieren. Auch Baroness Shaista Gohir vom Muslim Women’s Network UK zeigte sich alarmiert: NikkahGram verbreite ein extrem rückschrittliches Frauenbild und richte sich gezielt an verletzliche Gemeinschaften.
Laut Angaben der Betreiber wurde die App im Jahr 2023 gegründet, um «Ehen im Sinne des Islam und der Unterwerfung unter Gott» zu fördern. Männer zahlen für die Nutzung, Frauen hingegen – sofern sie ihre Jungfräulichkeit eidesstattlich versichern – erhalten kostenfreien Zugang. Kontakte zwischen Interessenten und den Frauen erfolgen ausschließlich über einen männlichen Vormund.
Zudem warnt die Plattform offen davor, bei der Jungfräulichkeit zu lügen, da dies «ernste Konsequenzen» nach sich ziehe. In ihren Online-Beiträgen propagiert NikkahGram außerdem gezielt Frauen außerhalb westlicher Länder – sie seien «weniger feministisch geprägt» und daher besser für die Rolle als Ehefrau geeignet.
Ein weiteres umstrittenes Video, das auf dem Instagram-Kanal der Plattform verbreitet wurde, enthält pseudowissenschaftliche Behauptungen: Eine Influencer-Persönlichkeit warnt darin, dass Frauen, die keine Jungfrauen mehr seien, «Krebs verursachen könnten», da ihr Körper auf «verschiedenes männliches DNA-Material» reagiere.
In einer Stellungnahme wehrt sich NikkahGram gegen die erhobenen Vorwürfe. Man biete eine «gesetzeskonforme Plattform für einvernehmliche muslimische Partnerschaften unter Erwachsenen», die sich an islamischen Grundsätzen orientiere. Alle Inhalte würden im Einklang mit britischem Recht stehen.
Kritiker hingegen fordern eine Überprüfung durch die zuständigen Behörden und prüfen rechtliche Schritte. Sie befürchten, dass die Plattform nicht nur schädliche Geschlechterrollen zementiert, sondern auch als Einfallstor für religiös motivierten Extremismus dienen könnte.