Aldi positioniert sich als Pionier der digitalen Totalkontrolle. In London hat das Unternehmen einen Laden eröffnet, der ein neues «Einkaufserlebnis» namens Shop&Go verspricht.
Für einen Besuch im Supermarkt der Zukunft muss man sich die Aldi Shop&Go-App auf sein Handy laden und dem Unternehmen alle möglichen privaten Daten preisgeben. Dazu gehört auch die Zustimmung zur Erfassung der «physischen biometrischen Daten».
So funktioniert es, wenn man in der neuen Aldi-Filiale in Greenwich einkaufen will: Der Eintritt wird nur gewährt, wenn man seinen QR-Code an das Lesegerät an der Schranke hält. Hier ein Video, um das zu veranschaulichen.
Auf seiner Website propagiert das Unternehmen die Vorteile seiner neuen Filiale:
«Unser erster Shop&Go-Markt nutzt modernste Technologie, damit Sie schneller und einfacher einkaufen können, ohne Schlange stehen zu müssen. Hier finden Sie alle Ihre Lieblingslebensmittel, Toilettenartikel und Alkoholika zu den bekannten Aldi-Preisen, ohne dass eine Kasse in Sicht ist!»
Das «kassenlose Einkaufserlebnis» ermögliche es Kunden, den Laden einfach zu verlassen, indem automatisch erkannt werde, wenn Produkte aus den Regalen genommen oder zurückgelegt werden, begeistert sich Aldi.
Dieser «fantastische» Kundenservice ist allerdings nur möglich, weil Aldi in diesen Filialen mit automatisierter Echtzeit-Kameratechnologie und biometrischer Gesichtserkennung arbeitet:
«Unsere Kameras verfolgen die Bewegungen und Produktinteraktionen der Kunden im Geschäft, um die von Ihnen (oder von Gästen, die mit Ihnen als Teil einer «Gruppe» einkaufen) während Ihres kassenfreien Ladenbesuchs ausgewählten Artikel genau zu erkennen und zu berechnen.»
So stellt das Unternehmen unter anderem sicher, dass nur über 18-Jährige Alkohol einkaufen können. Und wie wird bezahlt? Kurz nachdem man das Geschäft verlassen hat, wird das Konto über die «bevorzugte Zahlungskarte» des Kunden belastet. Die Quittungen werden nach dem Einkauf «unter der Registerkarte Quittungen» in der App abgelegt.
Wie gut die «automatische Erkennung» funktioniert, scheint noch ungewiss. Das Unternehmen verspricht, man könne innerhalb von 28 Tagen nach dem Kauf eine Erstattung über die App beantragen, sollte zu viel berechnet worden sein.
Bedeutet: Eine genaue Kontrolle der Quittungen gehört offensichtlich zum neuen, vereinfachten «Einkaufserlebnis». Sollte was schiefgehen, muss man sich über die Registerkarte mit dem Online-Kundendienst abplagen. Versprochen wird, dass Rückerstattungen «so schnell wie möglich bearbeitet und innerhalb von sieben Tagen auf dem Konto des Kunden eingehen werden».
Trotz der digitalen Superkontrolle verspricht Aldi den «Schutz der Privatsphäre».
Screenshot: Website Aldi Shop&Go
Hier eine Liste der Daten, die man seinem Supermarkt nun zur Verfügung stellen muss, will man ein paar Lebensmittel einkaufen:
- Ihren Namen
- Ihre E-Mail Adresse
- Ihre Telefonnummer
- ein Passwort
- Finanzdaten, einschliesslich Ihrer Zahlungskartendaten und Adresse
- wenn Sie Produkte mit Altersbeschränkung auswählen, einen Nachweis über Ihr Alter
- alle Rückmeldungen, Erfahrungen oder Kommentare, die Sie uns zur Verfügung stellen
Weiterhin sammelt, erfasst und verarbeitet Aldi Informationen über Sie und/oder Ihre «Gäste», die Sie bei Ihrem Supermarkt-Besuch begleiten:
- Ihre Anmeldedaten und Informationen über das Mobilfunknetz (wie z.B. Ihre Handynummer)
- Ihre physischen biometrischen Daten und Ihre Produktauswahl mithilfe unserer Kameratechnologie im Geschäft
- Ihre biometrischen Gesichtsdaten, wenn Sie sich dafür entscheiden, Ihr Alter über die App digital zu verifizieren, indem Sie die eingebaute Technologie zur Altersschätzung nutzen
- Informationen über Ihre Nutzung, einschliesslich der Produkte, die Sie in Ihren «virtuellen» Aldi Shop&Go-Warenkorb gelegt oder daraus entfernt haben, die Genauigkeit der Kamera in der Filiale und Fehler, die Zeit, die Sie mit der Aldi Shop&Go-App verbracht haben, und die Zeit zwischen dem Verlassen der Filiale und dem Erhalt Ihrer Quittung, sowie Ihren Standort in der Filiale
- Analytische Informationen über Ihre Einkäufe, einschliesslich Ihrer Einkaufshistorie, Angaben zu Ihren durchschnittlichen Ausgaben und Produktpräferenzen
Fazit: So sehen die digitalen Gefängnisse der Zukunft aus. Mauern sind nicht mehr nötig, um unsere Freiheiten zu beschneiden.
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