Die griechische Europaparlamentarierin Anna-Michelle Asimakopoulou gab bekannt, mit der zuständigen Behörde für den Schutz personenbezogener Daten zu kooperieren. Hintergrund ist eine Massen-E-Mail, die offenbar aus ihrem Büro an Auslandsgriechen versendet wurde und Bezug auf bevorstehende Briefwahlen nahm. Über 100 Empfänger reichten daraufhin Beschwerden bei der Datenschutzbehörde ein.
Einige von ihnen hatten extra für die Wahl neue E-Mail-Adressen eingerichtet, da die Angabe einer solchen für die erste Briefwahl, die Griechenland durchführt, Pflicht war. Der Verdacht liegt mehr als nahe, dass die Adressen für die Massen-E-Mail aus dem Innenministerium stammen und von Asimakopoulou und ihrem Büro unerlaubt genutzt wurden. Das deutet auf ein mögliches Datenleck hin.
Am Dienstag traf sich Sokratis Famellos, Fraktionsvorsitzender der (noch) grössten Oppositionspartei SYRIZA, mit dem Vorsitzenden der Datenschutzbehörde Konstantinos Menoudakos, um seine Besorgnis über die Sicherheit persönlicher Daten und deren illegale Nutzung zum Ausdruck zu bringen. Dabei stellte er auch das Datenbankmanagement des Innenministeriums und generell des Staates in Frage, bezeichnete den Vorfall als «schwerwiegendes politisches Problem» und forderte die Regierung auf, politische Verantwortung zu übernehmen.
Regierungssprecher Pavlos Marinakis wies darauf hin, dass die E-Mail-Adressen nicht aus dem Innenministerium stammen würden und betonte, dass die Regierung den Datenschutz mit einem Gesetz gestärkt habe. Asimakopoulou selbst behauptet, die Adressen über fünf Jahre gesammelt zu haben.
Der Chef der Datenschutzbehörde informierte Ende Februar über 1’250 Beschwerden im Jahr 2022, wobei 876 bearbeitet wurden und Strafgelder in Höhe von 30 Millionen Euro verhängt wurden.
Eine laufende Abhöraffäre mit dem Einsatz von Predator-Software wird ebenfalls untersucht. Dabei geht es um den Verdacht, dass die Regierung systematisch Politiker (auch der eigenen Partei) und sonstige wichtige Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Kirche und Medien abhört, um sie dann in der Hand zu haben und auf Linie zu bringen. Allerdings scheint es bei dieser Untersuchung nicht zu eilen.
Kommentar von Transition News Redakteur Daniel Funk:
Noch in den 60er Jahren stimmten in Griechenland selbst die Bäume ab, um das gewünschte Wahlergebnis zu erzielen (wie später der damalige Ministerpräsident Karamanlis zugab).
Das kommt heute nicht mehr vor. Aber gerade die jetzige Regierung scheint Dinge wie Datenschutz, Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit eher als lästiges Übel denn als erstrebenswerte Errungenschaft zu sehen.
Es mag sein, dass das Büro von Asimakopoulou über Jahre einen Mailverteiler von Bürgern erstellt hat, an dem es nichts auszusetzen gibt. Aber es ist kaum denkbar, dass die Adressen, die gemäss Angaben der Beschwerdenführer für den Zweck der Briefwahl erstellt wurden und auch im Verteiler der EU-Parlamentarierin enthalten waren, nicht aus dem Innenministerium stammen. Und das wäre ein schwerer Verstoss gegen griechische und EU-Datenschutzrichtlinien.
Ich kannte einen Journalisten, der während der Obristendiktatur Korrespondent des Spiegels in Athen war. Er wurde abgehört, verhaftet, ins Gefängnis geworfen und dort gefoltert. Später hat er bei jedem Telefongespräch nach dem verdächtigen Knacken gesucht, das abgehörte Gespräche damals charakterisierte. Dem griechischen Staat hat er nie mehr getraut. Der Mann hatte Recht.