Seit dem 26. Mai 2025 sind in sechs Schweizer Bahnhöfen auffällige Plakate mit einer klaren Botschaft zu sehen: «Die Schweiz muss die Neutralität bewahren. Keine Zusammenarbeit mit der NATO!» Hinter dieser Aktion steht der Historiker Daniele Ganser, der sich seit Jahren kritisch mit geopolitischen Machtverhältnissen und Militärinterventionen auseinandersetzt. Wie die Schweizer Plattform Globalbridge.ch berichtete, ist die Kampagne Teil seines Engagements für die sogenannte Neutralitätsinitiative, über die voraussichtlich 2026 abgestimmt wird.
Die Initiative fordert eine verbindliche Verankerung der Neutralität in der Bundesverfassung. Künftig soll die Schweiz sich nicht mehr an Sanktionen gegen kriegführende Staaten beteiligen und auch keinen militärischen Bündnissen wie der NATO beitreten dürfen. Ein Anliegen, das Ganser besonders nach der politischen Wende in Ländern wie Schweden und Finnland für dringlich hält – beide Staaten sind mittlerweile Mitglieder des von den USA geführten NATO, die nun 32 Länder umfasst.
Ganser, Autor des Buches «Imperium USA», kritisiert sowohl die völkerrechtswidrigen Kriege der USA – etwa gegen Serbien, den Irak oder Libyen – als auch den russischen Angriff auf die Ukraine. Für ihn steht fest: Der Weg zu mehr Sicherheit führt nicht über militärische Allianzen, sondern über strikte Neutralität und Diplomatie. In dieser Rolle sieht er die Schweiz historisch verwurzelt und weltweit anerkannt – als Vermittlerin in Konflikten, als Gastgeberin von Friedensgesprächen, als Heimat des Roten Kreuzes.
Doch diese Rolle sieht er zunehmend gefährdet. Die pauschale Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland im Februar 2022 durch den Bundesrat wertet er als Bruch mit der Neutralitätstradition. Auch kritisiert er Veranstaltungen wie die geplante Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock, bei der Russland gar nicht eingeladen wurde. Solche Initiativen seien teuer, symbolisch aufgeladen – aber ohne echte Vermittlungsfunktion.
Für Ganser ist klar: Nur eine glaubwürdige Neutralität schafft die Grundlage für wirksame Friedensdiplomatie. Und diese Glaubwürdigkeit stehe auf dem Spiel, wenn sich die Schweiz weiter der NATO annähert oder sich außenpolitisch einseitig positioniert.
In einer Welt, in der Konflikte zunehmen und geopolitische Spannungen wachsen, könnte die Schweiz eine entscheidende Rolle als neutrale Vermittlerin spielen – so der Appell von Daniele Ganser. Seine Warnung vor einem Verlust der Neutralität ist mehr als eine nostalgische Erinnerung an vergangene Zeiten; sie ist eine politische Mahnung, den friedenspolitischen Kurs der Schweiz nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Die Diskussion um die Neutralitätsinitiative dürfte damit an Fahrt gewinnen.
Weitere Informationen zur Schweizer Neutralität finden Sie hier.
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