Seit über drei Jahren tobt der Krieg zwischen Russland und der Ukraine – mit verheerenden Folgen für Menschenleben, Infrastruktur und das europäische Sicherheitsgefüge. Dennoch scheint ein Ende des Konflikts in weiter Ferne. Auch unter US-Präsident Donald Trump, der einst versprach, binnen 24 Stunden Frieden zu schaffen, bleiben diplomatische Durchbrüche aus.
Stattdessen wächst die Ernüchterung in Washington. Vizepräsident J.D. Vance sprach unlängst von einem «großen Graben» zwischen den Kriegsparteien. Russland fordere «zu viel», sagte er. Doch trifft das wirklich zu? Das fragt jedenfalls ganz offen die US-amerikanische Publikation The American Conservative in einem Beitrag vom Donnerstag dieser Woche.
Ein Blick auf die Entwicklung der Kriegsziele beider Seiten zeige ein dynamisches Eskalationsmuster: Hatte Moskau zu Beginn der Invasion 2022 vor allem ein neutrales, nicht-NATO-gebundenes Nachbarland im Sinn gehabt, fordere der Kreml inzwischen territoriale Zugeständnisse – insbesondere die Anerkennung russischer Kontrolle über die Krim und Teile des Donbass. Auch in Kiew sei die Kompromissbereitschaft gesunken. Präsident Wolodymyr Selenskyj fordere die vollständige Rückgabe sämtlicher von Russland besetzter Gebiete. Viele Militärexperten hielten diese Ziele allerdings für militärisch kaum erreichbar.
Die Unnachgiebigkeit beider Seiten lasse sich historisch erklären: Kriege verhärten Positionen. Wer in blutigen Auseinandersetzungen hohe Verluste hinnehmen musste, tut sich schwer mit Kompromissen, die als Niederlage ausgelegt werden könnten. Ein Frieden, so fürchten viele in Kiew wie in Moskau, könnte ihre politische Zukunft kosten – gerade, wenn zuvor die Möglichkeit zu einer gütlicheren Lösung bestanden hätte.
In den USA wiederum sei die Bereitschaft gering, sich stärker einzumischen. Ein direkter militärischer Eingriff gegen eine Atommacht wie Russland bleibe selbst unter den härtesten Falken ein Tabu. Wirtschaftssanktionen zeigten begrenzte Wirkung – und würden internationale Friktionen riskieren, insbesondere mit Indien und China, die sich Washingtons Druck kaum beugen dürften. Die Aussicht auf einen eskalierenden Wirtschaftskrieg schrecke viele in der US-Administration ab.
Doch was wäre die Alternative? Eine vollständige Rücknahme der US-Unterstützung würde die Ukraine empfindlich schwächen – und Europa mit den Folgen konfrontieren. In den USA dagegen mehren sich Stimmen, die einen strategischen Rückzug fordern. «Amerikas Aufgabe ist es, seine eigenen Interessen zu wahren, nicht den Krieg anderer zu finanzieren», heißt es aus dem Umfeld von Präsident Trump.
Zugleich mehren sich in Europa Stimmen, die auf eine diplomatische Lösung drängen – selbst, wenn diese territoriale Zugeständnisse an Russland beinhaltet. Der britische Russland-Experte Mark Galeotti etwa erklärte, ein solcher «fauler Friede» sei zwar «ungerecht», aber womöglich alternativlos, um die Ukraine als funktionierenden Staat zu retten.
So stelle sich am Ende weniger die Frage, ob Russland zu viel verlangt – sondern ob der Westen bereit ist, realpolitisch zu handeln. Putins Forderungen mögen aus westlicher Sicht überzogen erscheinen – so das Magazin-, doch sie entsprächen seiner eigenen sicherheitspolitischen Logik. Solange Washington und seine Verbündeten nicht bereit seien, eigene Interessen über moralische Maximalforderungen zu stellen, werde der Krieg andauern – mit unabsehbaren Folgen für die Ukraine, Europa und die internationale Ordnung.