Die Veröffentlichung der Protokolle des Corona-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts (RKI) sorgten und sorgen in Deutschland für Aufsehen. Nicht so in der Schweiz: Trotz der Brisanz dieses Themas entschied das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), überhaupt nicht darüber zu berichten – eine Entscheidung, die nun von der Ombudsstelle deutlich kritisiert wird.
Mehrere Zuschauer und Medienkonsumenten reichten aufgrund der Nicht-Berichterstattung Beanstandungen bei der Ombudsstelle ein, in denen sie sich über das Schweigen von SRF zu diesem Thema beschwerten. Die Beschwerdeführer argumentierten, dass es unverständlich sei, warum SRF nicht über die Veröffentlichung der Protokolle berichtete, zumal diese potenziell kritische Einblicke in die Pandemiebekämpfung in Deutschland und deren Einfluss auf die Schweiz hätten geben können.
Die SRF-Redaktion verteidigte sich und betonte ihre Programmautonomie. Die Entscheidung, ob über ein Thema berichtet werde, hänge von Kriterien wie Relevanz und Publikumsinteresse ab. Die RKI-Protokolle seien zwar in der Redaktion diskutiert worden, man sei jedoch zum Schluss gekommen, dass diese keine neuen Erkenntnisse lieferten und daher nicht berichtenswert seien. Außerdem hätten die Entscheidungen des RKI-Krisenstabs keinen direkten Einfluss auf die Pandemiemassnahmen in der Schweiz gehabt, so die Redaktion weiter.
Die Ombudsstelle teilte diese Einschätzung jedoch nicht. In ihrem Schlussbericht erklärte sie, dass es nicht nachvollziehbar sei, warum SRF das Thema ignorierte. Gerade weil die Schweiz während der Pandemie mehrfach auf die Einschätzungen des RKI zurückgegriffen habe, sei eine Berichterstattung im Schweizer Kontext relevant gewesen.
Die Ombudsstelle betonte, dass SRF die Pflicht habe, eine «politisch-weltanschauliche Vielfalt» in seinen redaktionellen Inhalten abzubilden und relevante Themen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten. Die große mediale Resonanz, die die Veröffentlichung der RKI-Protokolle in Deutschland auslöste, unterstreiche die Brisanz des Themas – auch für die Schweiz.
Abschließend stellte die Ombudsstelle fest, dass die SRF mit der Nicht-Berichterstattung eine Unausgewogenheit in der Berichterstattung geschaffen habe. Die Beanstandungen gegen SRF wurden deshalb gutgeheißen.
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