Man hört oft, dass der Umgang mit einer Krise wie dem Coronavirus von gesellschaftlichen Entscheidungen abhängt – eine Wahl zwischen der Rettung von Leben und dem Wohlergehen der Wirtschaft. Gesundheits- und Wirtschaftsdaten zeigen jedoch, dass die Realität viel komplexer ist. Einige Länder haben es geschafft, beides unter einen Hut zu bringen. Andere, wie Frankreich, haben trotz harter Massnahmen sowohl eine hohe Sterblichkeitsrate als auch einen erheblichen wirtschaftlichen Rückschlag zu verzeichnen.
Angelsächsische Länder tendieren dazu, ihre Wirtschaft zu priorisieren und sich weniger um Gesundheitsfragen zu kümmern. Länder mit einem starken Wohlfahrtsstaat tendieren zum Gegenteil, indem sie der Rettung von Menschenleben Vorrang einräumen und sich weniger Sorgen über wirtschaftliche Folgen machen. Nach dieser Logik hätte Frankreich «die richtige Wahl» getroffen, indem es «Leben» gegenüber «Profit» den Vorrang gegeben hätte.
Die Daten zeigen jedoch nicht, dass wir uns zwischen Leben und Profit entscheiden müssen. Eine solche Konzeption von Krisenmanagement hilft nicht, gesellschaftliche Fragen zu beantworten. Beispielsweise zeigen Österreich, Deutschland, Dänemark oder Norwegen, dass es möglich ist, Gewinne und Leben zu retten. Sie schließen sich nicht gegenseitig aus.
Die Grafik zeigt, dass Länder mit geringer Mortalität (obere Hälfte) auch weniger Verluste beim Bruttoinlandprodukt (rechte Hälfte) hinnehmen mussten. Die Daten sind allerdings sehr vorläufig.