Das Katharinenkloster am Fuße des Sinai, ein Symbol byzantinischer Kontinuität und UNESCO-Weltkulturerbe, ist derzeit Gegenstand eines komplexen politischen Tauziehens zwischen Kairo und Athen. Hintergrund ist ein kürzlich ergangener Gerichtsbeschluss in Ägypten, der die Eigentumsrechte des griechisch-orthodoxen Klosters infrage stellt und womöglich eine staatliche Übernahme von Ländereien einleiten könnte. Dies berichteten die Medien letzte Woche.
Diese Entwicklung sorgt nicht nur für Unruhe innerhalb der orthodoxen Kirche, sondern hat auch die griechische Diplomatie alarmiert. Außenminister Jorgos Gerapetritis reiste am vergangenen Mittwoch nach Kairo, um die Angelegenheit mit seinem Amtskollegen Badr Abdelatty zu erörtern – ein Zeichen dafür, wie ernst man das Thema auf Regierungsebene nimmt.
Die ägyptische Seite betont in öffentlichen Stellungnahmen, der religiöse Charakter des Klosters solle nicht angetastet werden. Doch in Athen überwiegt das Misstrauen – insbesondere, weil eine zuvor gemeinsam unterzeichnete bilaterale Vereinbarung über den Schutz kirchlicher Besitztümer offenbar von ägyptischer Seite nicht vollständig umgesetzt wurde. Das Justizministerium in Kairo soll den Vertrag bislang nicht gegengezeichnet haben, berichten Medien.
Auch die politische Opposition in Griechenland schaltet sich aktiv ein. PASOK-Chef Nikos Androulakis plant noch in dieser Woche eine Reise nach Ägypten. Er wird dort unter anderem den orthodoxen Patriarchen von Alexandria, Theodoros II., treffen. Weitere Stationen seiner Reise sind die griechischen Schulen, das Kavafis-Museum und Begegnungen mit der griechischen Gemeinde – stets mit dem Katharinenkloster als zentralem Thema.
Sokratis Famellos von SYRIZA fordert derweil eine überparteiliche Delegation des griechischen Parlaments nach Ägypten. In einem Schreiben an Parlamentspräsident Nikitas Kaklamanis sprach er von «besorgniserregenden Entwicklungen» und rief zu parteiübergreifendem Handeln auf. Kritik kam auch vom Vorsitzenden der rechtspopulistischen Partei «Griechische Lösung», Kyriakos Velopoulos, der der Regierung Untätigkeit vorwirft und gar das Szenario beschwor, dass das Kloster «in die Hände fanatischer Islamisten» fallen könnte.
Für viele Griechen ist das Katharinenkloster nicht nur ein religiöses Denkmal, sondern ein lebendiges Symbol des griechisch-orthodoxen Glaubens. Der ehemalige SYRIZA-Vorsitzende Stefanos Kasselakis, inzwischen Parteichef der «Demokratischen Bewegung», besuchte das Kloster persönlich und erinnerte daran, dass selbst der Prophet Mohammed Schutzbriefe für den Ort ausgestellt haben soll. Er forderte die Regierung auf, deutlich zu erklären, wie sie die künftige Unversehrtheit des Klosters sichern will.
Zudem machte Kasselakis auf einen Bericht der italienischen Zeitung Corriere della Sera aufmerksam, demzufolge Griechenland aus Rücksicht auf ein Energieabkommen mit Ägypten möglicherweise zu nachgiebig auf die Statusfrage des Klosters reagiert habe. Kasselakis wandte sich darüber hinaus mit einem Appell an Papst Leo XIV., sich für den Erhalt des Klosters einzusetzen – als Stätte christlicher Identität und globalem Kulturerbe.
Während sich die öffentliche Debatte in Griechenland zuspitzt, mahnen außenpolitische Beobachter zu Augenmaß. Die Beziehungen zwischen Athen und Kairo gelten als strategisch bedeutend – nicht zuletzt wegen gemeinsamer Interessen im Mittelmeerraum, in Energiefragen und der EU-Nachbarschaftspolitik. Eine Eskalation um das Katharinenkloster könnte empfindliche Spannungen hervorrufen, die weit über religiöse Fragen hinausreichen.
So steht die griechische Regierung vor einem Balanceakt: das Kulturerbe schützen, ohne die fragile diplomatische Partnerschaft mit Ägypten zu gefährden. Der Ausgang dieser politischen Gratwanderung wird nicht nur das Schicksal eines Klosters beeinflussen – sondern auch ein Stück weit die zukünftige Ausrichtung griechisch-ägyptischer Beziehungen.
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