David Betz, Professor für «Krieg in der modernen Welt» am King’s College London und einer der weltweit führenden Sicherheits‑ und Konfliktforscher, warnt davor, dass viele europäische Länder am Rande eines Bürgerkriegs stehen und möglicherweise bereits den Punkt erreicht haben, an dem es kein Zurück mehr gibt. Auf das Interview macht Modernity News aufmerksam.
Im Gespräch mit dem Dokumentarfilmer Andrew Gold erklärt Betz: Seinen Untersuchungen zufolge bestehe eine statistisch signifikante Chance, dass innerhalb der kommenden fünf Jahre ein Bürgerkrieg in einem großen europäischen Land ausbrechen werde. Dabei bestehe die Möglichkeit, dass ein Konflikt – zum Beispiel in Frankreich, Deutschland, Italien, Portugal oder Schweden – auf die Nachbarländer übergreift.
Betz zufolge stellen insbesondere kulturelle Spannungen infolge der unkontrollierten Massenmigration eine tiefe und destabilisierende Unterströmung in den westlichen Gesellschaften dar. Er fokussiert zwar auf Großbritannien, doch er macht klar, dass diese Probleme auch andere westliche Länder betreffen.
Betz macht eine wachsende Kluft zwischen den Werten einheimischer Bevölkerungsgruppen und den von politischen, medialen und akademischen Eliten vertretenen Werten aus. Viele Bürger hätten das Gefühl, dass ihre kulturelle Identität, ihr nationales Erbe und ihre sozialen Normen durch den raschen demografischen Wandel, die von oben verordnete multikulturelle Politik und die Erosion gemeinsamer Werte untergraben werden.
Laut dem Professor bedeutet der Verlust einer gemeinsamen nationalen Identität, dass es nur noch wenig gibt, was die verschiedenen Gemeinschaften miteinander verbindet. Seiner Ansicht nach wird die Gesellschaft in Fraktionen zersplittert, wenn es ihr an einem verbindenden Sinn oder einem kulturellen Narrativ fehlt. Diese Zersplitterung mache die Gesellschaft anfälliger für Konflikte, vor allem, wenn externe Schocks wie Wirtschaftskrisen oder Infrastrukturausfälle auftreten. Betz stellt fest:
«Die nationalen Regierungen im gesamten Westen werden von Menschen bevölkert, die grundsätzlich postnational eingestellt sind. Sie sind so erzogen, dass sie dem Nationalismus sehr (...) misstrauisch gegenüberstehen, da sie ihn nicht nur als überholt, sondern auch als moralisch fragwürdig ansehen. Sie denken nicht in nationale Interessen und ich glaube, sie sind nicht in der Lage, in nationalen Interessen zu denken. Und so haben wir eine ironische und letztendlich ziemlich tragische Situation, in der wir diese Dinge haben, die sich Nationalstaaten nennen, die weiterhin existieren, aber von Leuten geführt werden, die keine große Affinität zu den Nationen haben, die sie repräsentieren.»
Gemäss Betz ist es wahrscheinlich zu spät, um zu verhindern, dass die Dinge in Europa «sehr viel schlimmer» werden. Die Regierungen würden nur in der Lage sein, sich besser auf das Unvermeidliche vorzubereiten. Betz rät:
«Ich würde wahrscheinlich große Städte meiden. Ich würde vorschlagen, dass Sie Ihre Exposition gegenüber Großstädten reduzieren, wenn Sie dazu in der Lage sind.»
Dem Wissenschaftler zufolge beinhaltet «fast jeder plausible Weg von hier aus (...) irgendeine Art von Gewalt.» Alles, was die Regierungen zum jetzigen Zeitpunkt zu tun versuchen, könne ein Problem lösen, «wird aber ein anderes Problem verschlimmern, so dass es wieder zu Gewalt kommt». Der Professor weiter:
«Meiner Meinung nach geht es wirklich um die Abmilderung der Kosten und nicht darum, das Ergebnis zu verhindern, so leid es mir tut (...) Ich habe noch keinen glaubwürdigen politischen Weg nach vorn gehört, und ich sehe keine einzige politische Figur, die in der Rolle des nationalen Retters glaubwürdig ist oder auch nur dazu neigt.»
Die Situation sei schlecht, aber es werde «noch viel schlimmer werden», ergänzte Betz. Er prophezeit:
«Hoffentlich wird es danach besser, aber man muss erst durch die Phase des sehr viel Schlimmeren gehen, bevor man dort ankommt.»
Er verstehe, dass er sehr Unangenehmes sage, aber: «Liebe Eliten, die Konsequenzen eures Handelns sind da». Der Wissenschaftler schätzt, dass ein Bürgerkrieg im Vereinigten Königreich mit seinen 70 Millionen Einwohnern Zehntausende von Menschenleben fordern könnte.
Betz hatte Modernity News zufolge bereits früher festgestellt, dass die instabilsten Gesellschaften die «mäßig homogenen» sind. Alte Mehrheitsgruppen, die sich in ihrem Status bedroht fühlen oder kurz davor stehen, vollständig ersetzt zu werden, würden eher darum kämpfen, ihre Vorherrschaft zu behalten.
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