Die Schweiz könnte ein Vorbild für eine Friedenslösung des Ukraine-Konfliktes sein. Das schreibt der polnische Autor Michael Skorupski in einem Gastbeitrag auf der Webseite Sonar 21 des ehemaligen CIA-Analytikers Larry Johnson. Er plädiert darin für eine «Polnisch-Galizische Konföderation» (PGC) aus Polen und der Westukraine.
Skorupski sieht den Vorschlag US-amerikanischer Denkfabriken, in der Ukraine nach dem Korea-Modell eine demilitarisierte Zone zu schaffen, als chancenlos an. Diese Zone würde russischsprachige Regionen der Ukraine einschließen, was für Russland nicht akzeptabel sei.
Dagegen sei der einzig praktikable Vorschlag, der Aussicht auf Erfolg in Osteuropa hat, «die Neutralisierung des mittleren Teils durch die Schaffung eines Pufferstaats, der Westeuropa von Osteuropa trennt». Dies könne durch die polnisch-galizische Konföderation erreicht werden, der alle Beteiligten zustimmen würden, so der Autor.
Galizien ist eine mitteleuropäische Region, die lange Zeit so etwas wie ein Schmelztiegel europäische Kulturen war und nach einer wechselvollen Geschichte heute teilweise zu Polen und zur Ukraine gehört. Das Zentrum war Lemberg (Lwow), das heute als Zentrum des westukrainischen Nationalismus gilt.
Skorupski sieht den Westen Eurasiens in einer Krise und auf der Verliererseite im Ukraine-Konflikt. Doch jede Krise bedeute auch immer eine Chance, erinnert er an die Bedeutung des Wortes im Chinesischen.
«Wir sind uns alle einig, dass der westliche Teil Eurasiens vor der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg steht, aber auch vor der größten Chance, die sich ihm seither geboten hat. Was sich jetzt abspielt, wird die Zukunft Eurasiens bestimmen.»
Es bleibe zu hoffen, dass sich in Europa Politiker finden, die sich dieser Aufgabe stellen, schreibt Skorupski. Er verweist dabei auf das erfolgreiche Beispiel Schweiz, die seit mehr als fünf Jahrhunderten ohne großen Konflikt vier ethnische Gruppen vereine. Allerdings übersieht der Autor dabei die kriegerischen Konflikte, die es immer wieder in der Schweizer Geschichte gab.
Aus seiner Sicht kündet die eidgenössische Geschichte von einer guten und funktionsfähigen Regierungsführung, was ihre Langlebigkeit bezeuge. Und:
«Sie hat es vermieden, in die verheerendsten Kriege des zwanzigsten Jahrhunderts, den Ersten und Zweiten Weltkrieg, hineingezogen zu werden.»
Zur Kritik an der Schweiz, auf Kosten anderer zu großem Reichtum gekommen zu sein, meint er, dass dieser zustande kam, weil andere «unglaublich dumm» waren. Dagegen werde damit deutlich, dass gute Regierungsführung profitabel sein könne.
Skorupski bezieht in sein Szenario einer Friedenslösung für die Ukraine China beziehungsweise dessen Projekt der Neuen Seidenstraße (Belt an Road Initiative – BRI) mit ein. Diese könnten in Verbindung mit dem Schweizer Modell einer PGC zum Erfolg führen.
«Was sind die Vorteile? Enorme. Stellen Sie sich eine Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung von Shanghai bis ins Herz Europas und seine Häfen, Danzig, Stettin, Hamburg ... vor.»
Diese Konföderation könne in Zusammenarbeit mit China den «Wahnsinn des Ukraine-Krieges beenden, der von den Neocons in Washington im Februar 2014 mit der einzigen Absicht angezettelt wurde, Russland zu schwächen – ja sogar zu demontieren.» Die Neocons würden nur eine «Lose-Lose-Strategie» verfolgen, während China einen positiven Win-Win-Ansatz für alle Beteiligten biete.
Mit der dynamischen Entwicklung Eurasiens lasse sich viel Geld verdienen, verweist der Autor auf die profitablen Aussichten. Er fügt hinzu:
«Und Polen könnte auf dem Regiestuhl sitzen, direkt am Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung. Polen wird sich für eine Seite entscheiden müssen: entweder für die PGC oder für das Chaos des Hegemons.»
Das sei durch Diplomatie erreichbar, betont Skorupski, und böte große Chancen. Polen müsse dafür auf China zugehen und sich offen für die BRI zeigen, sowie bereit für die chinesischen Investitionen, die folgen würden.
Er verweist darauf, dass der US-geführte Westen «pleite» sei, was sich daran zeige, dass die Staatsverschuldung der USA bei 120 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liege. Er könne nicht mit den Möglichkeiten Chinas konkurrieren.
Würde Polen die Möglichkeiten einer Kooperation mit China nutzen, könne es «die dominierende Macht in Westeuropa» werden, schreibt der Autor. Damit könne es Deutschland übertreffen, das «sich dummerweise dem Druck der USA gebeugt und der Sabotage seiner eigenen Pipeline zugestimmt» habe. Es zahle nun den vierfachen Preis für US-Flüssiggas im Vergleich zum russischen Pipeline-Gas.
Die «Polnisch-Galizische Konföderation» würde solchen Bindungen und Zwängen nicht unterworfen sein und könne Geschäfte machen, «mit wem auch immer sie will». Der Autor schreibt auch, dass er nie gedacht habe, dass Polen mit Nazis zusammenarbeite – was derzeit durch die Unterstützung Warschaus für die «Nazi-Regierung in Kiew» geschehe. Er mahnt:
«Wacht auf! Die Banderisten, die Juden- und Polen-Vernichter, beherrschen heute die Ukraine.»
Dagegen könne ein «entnazifiziertes Galizien» zusammen mit Polen zum neuen Wachstumsmotor in Europa werden, ist er sich sicher. Skorupski verweist auf das geschichtliche Beispiel der Polnisch-Litauischen Gemeinschaft im 17. Jahrhundert, die kurzzeitig auch Moskau besetzte.
Er fordert dazu auf, sich von der im Westen vorherrschenden Neocon-Ideologie zu verabschieden. Russland sei nicht der Feind Polens, betont er und meint, dass Russland die PGC begrüßen würde.
Allerdings seien die Neocons gegen eine solche Idee, da sie ihrer Vorstellung von den USA als Hegemon und den anderen Staaten als Vasallen widerspreche. Der Autor sieht Europa gegenwärtig in dem Zusammenhang «vor einer tausendjährigen historischen Entscheidung». Und es sei nicht im Interesse Polens, weiter der westlichen Neocon-Ideologie zu folgen.